Proxima Centauri: Unser Nachbarstern würde Außerirdische grillen
Aus Sicht von Astronomen wird es immer unwahrscheinlicher, dass auf Proxima b, dem der Erde nächstgelegenen Exoplaneten, Leben existiert. Dabei wirkt die 4,2 Lichtjahre entfernte Welt auf den ersten Blick geradezu einladend: Der Planet ist womöglich kaum größer als unsere Heimat und umkreist seinen Mutterstern Proxima Centauri in einem Abstand, der moderate Temperaturen und damit flüssiges Wasser zulässt. Als entsprechend große Sensation wurde der Planet bei seiner Entdeckung im Jahr 2016 gefeiert.
Schon damals bemängelten Skeptiker, dass der Nachbarstern der Sonne zu einer völlig anderen Sternklasse gehört. Proxima Centauri ist ein Roter Zwergstern und damit einerseits deutlich kühler und kleiner als die Feuerkugel vor unserer Haustür. Andererseits neigen Rote Zwerge zu enorm starken Strahlungsausbrüchen. In den Weiten des Alls gibt es durchaus Exemplare dieses Typs, die über lange Zeiträume halbwegs gleichmäßig strahlen, weshalb sich Optimisten weiterhin für außerirdisches Leben auf Proxima b starkmachten.
Immer mehr gewaltige Strahlungsausbrüche
Nun jedoch wird deutlich, dass der Mutterstern des erdnächsten Exoplaneten noch viel launischer ist als gedacht. Anscheinend handelt es sich bei Proxima Centauri ihm um einen echten Feuerteufel, der seine Umgebung alle paar Monate mit sterilisierender Strahlung überzieht. Für dieses Szenario sprechen jedenfalls mehrere enorm starke Strahlungsausbrüche, die Astronomen 2016 und 2017 beobachtet haben: Bereits im Februar meldete ein Forscherteam um Meredith MacGregor von der Carnegie Institution for Science, dass das Submillimeter-Observatorium ALMA am 24. März 2017 ein solches Ereignis beobachtet habe. Damals spuckte der Zwerg binnen zehn Sekunden 1000-mal mehr kurzwellige Mikrowellenstrahlen aus als gewöhnlich – zu etwas Vergleichbarem ist unsere Sonne nicht fähig.
Und nun berichten Forscher um Ward S. Howard von der University of North Carolina von einer noch viel gewaltigeren Eruption, welche die Wissenschaftler mit Hilfe des Evryscope-Teleskops bereits im März 2016 beobachtet hatten: Für kurze Zeit vergrößerte sich Proxima Centauris Helligkeit bei für das menschliche Auge sichtbaren Wellenlängen um das 68-Fache. Damit sei dieser »Superflare« zehnmal stärker als alle bisher beobachteten Ausbrüche von Proxima Centauri, berichtet das Team um Howard in einem noch nicht von unabhängigen Gutachtern geprüften Online-Aufsatz.
Demnach war der Ausbruch so gewaltig, dass man Proxima Centauri für etwa eine Minute sogar mit bloßem Auge sehen konnte – normalerweise ist der Stern viel zu blass dafür. Insgesamt haben die Evryscope-Astronomen in den vergangenen zwei Jahren 23 größere Eruptionen unseres Nachbarsterns beobachtet. Eine erdähnliche Atmosphäre werde durch die dabei freigesetzte Strahlung vermutlich in kurzer Zeit vernichtet, berichten die Wissenschaftler: Binnen fünf Jahren gingen 90 Prozent des Ozons verloren, nach einigen hunderttausend Jahren sei die gesamte Lufthülle verschwunden.
Selbst strahlungsresistente Bakterien würden gegrillt
Und ohne diesen Schutzschild aus Gasmolekülen reiche bereits ein Superausbruch wie der vom März 2016, um selbst resistente Mikroben zu grillen: Das freigesetzte UV-Licht überschritt die Strahlungstoleranz widerstandsfähiger Bakterien um das 100-Fache, haben die Wissenschaftler berechnet.
So müssen Exobiologen immer stärker ihre Fantasie bemühen, wenn sie an Leben auf Proxima b glauben wollen. Man könne sich durchaus eine weit ausgedehnte Atmosphäre vorstellen, die ein solches Bombardement überstehen würde, sagte etwa Caleb Scharf von der Columbia University dem »New Scientist«. Auch könne eine riesiger Ozean Lebewesen möglicherweise vor der tödlichen Strahlung schützen. Plausibler ist wohl, dass Proxima b einfach das ist, was Skeptiker von Anfang an vermuteten: Eine leblose Steinkugel, deren Oberfläche alle paar Monate von ihrem Stern verbrutzelt wird.
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