Die Umgebung der Sonne: Planet oder Brauner Zwerg?
Mit dem Infrarot-Weltraumteleskop WISE, dem Wide-Field Infrared Survey Explorer, stieß der Astronom Kevin L. Luhman auf den Himmelskörper WISE 0855-0714. Er beobachtete ihn später auch mit dem Infrarotsatelliten Spitzer. WISE 0855-0714 ist nur rund 7,2 Lichtjahre von uns entfernt und damit der viertnächste Himmelskörper jenseits unseres Sonnensystems. Näher sind uns nur die drei Sterne von Alpha Centauri, Barnards Pfeilstern und ein ebenfalls mit dem Satelliten WISE entdecktes Paar aus Braunen Zwergen mit der Bezeichnung WISE 1049-5319. Es wurde übrigens im Jahr 2013 vom selben Astronomen, Kevin Luhman von der Pennsylvania State University, aufgespürt.
Unklar ist derzeit, welche Art von Himmelskörper WISE 0855-0714 eigentlich darstellt. Mit einer Masse zwischen drei und zehn Jupitermassen liegt er weit unterhalb jener Grenze von rund 75 Jupitermassen, ab welcher der Wasserstoff in seinem Inneren unter Energieabgabe zu Helium verschmelzen und er als Stern leuchten würde. Somit gehört er zu den Braunen Zwergen, deren Masse nicht ausreicht, die Kernfusion im Inneren zu zünden. Wegen seiner geringen Masse ließe er sich allerdings auch als freifliegender Planet ohne Mutterstern bezeichnen. Sein Entdecker sieht ihn jedoch als massearmen Braunen Zwerg an.
Aufgefallen war WISE 0855-0714 auf den Bildern von WISE, der im Jahre 2010 den gesamten Himmel zwei Mal in vier unterschiedlichen infraroten Spektralbereichen durchmusterte. Auf den Bildern, die im Abstand von einem halben Jahr entstanden, hatte er sich gegenüber weit entfernten Sternen im Hintergrund deutlich verschoben. Er bewegt sich mit einer Geschwindigkeit von 8,1 Bogensekunden pro Jahr über den Himmel. WISE 0855-0714 ist damit der stellare Himmelskörper mit der drittschnellsten Eigenbewegung am Firmament.
Mit dem Infrarotteleskop Spitzer und dem erdgebundenen Großteleskop Gemini South in Chile konnte Luhman weitere Details über WISE 0855-0714 in Erfahrung bringen. Es zeigte sich anhand der Spektren, dass der Braune Zwerg eine Oberflächentemperatur von nur –48 bis –13 Grad Celsius aufweist und damit der derzeit kühlste bekannte Braune Zwerg ist. Die bislang bekannten kühlsten Braunen Zwerge weisen etwa Zimmertemperatur auf. Aus den Infrarotspektren leitete Luhman auch eine Masse ab. Sie liegt zwischen drei und zehn Jupitermassen. Das Alter des Braunen Zwergs beträgt laut den Untersuchungen zwischen einer und zehn Milliarden Jahren.
Möglicherweise stellen WISE 0855-0714 und 1049-5319 nur die Spitze des Eisbergs dar und es gibt noch zahlreiche weitere leuchtschwache Objekte im unmittelbaren Umfeld unserer Sonne. Sie zu finden ist eine der vielen Aufgaben des Astrometriesatelliten Gaia, der im Sommer dieses Jahres seinen Betrieb aufnehmen soll und derzeit schon die Testphase durchläuft. Nach Abschluss seiner Messungen werden wir unsere kosmische Nachbarschaft noch sehr viel genauer als derzeit kennen.
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