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News: Unter die Haut gegangen

Als natürliche Sonnencreme fängt eine Lage von pigmentbildenden Zellen die gefährliche UV-Strahlung ab, der unsere Haut permanent ausgesetzt ist. Doch dies ist nur die eine Seite der Medaille, denn mithilfe eines Schutzmechanismus setzten sich die so genannten Melanocyten vielleicht nicht nur gegen ihren eigenen Untergang zur Wehr.
Tagtäglich ist unser Körper dem "Beschuss" mit ultravioletten Sonnenstrahlen ausgeliefert – allerdings nicht völlig schutzlos: Spezialisierte Hautzellen, die Melanocyten, bilden eine wirkungsvolle Abwehrfront, indem die von ihnen produzieren Pigmente die weiter unten liegenden Schichten abschirmen und vor verheerenden Schäden bewahren. Nur allzu leicht können jene selbstlosen Beschützer jedoch in die Gefahr geraten, selber an der hohen Strahlendosis zugrunde zu gehen.

Gewöhnlich zieht ein Organismus die Notbremse, wenn das Erbgut eines Bausteins irreparabel verändert vorliegt und schickt die betroffene Zelle in den Selbstmord. Dieser als Apoptose bezeichnete natürliche Prozess schaltet sich zum Allgemeinwohl ein, um ein Mitglied mit einer fehlerhaften Ausstattung zu eliminieren und seine weitere unkontrollierte Teilung zu verhindern. Auch die Melanocyten müssten zwangsläufig einen derartigen Opfergang antreten, wenn sie im Laufe der Evolution nicht mindestens einen Mechanismus eingebaut hätten, um einer drohenden Selbstvernichtung zu entgehen.

Im Brennpunkt der Untersuchungen von Gael McGill und seinen Kollegen des Dana Faber Cancer Institutes stand nun ein verdächtiger Hauptakteur in dem Apoptose-blockierenden Vorgang: Das in Melanocyten anwesende Gen MITF spielt wahrscheinlich nicht nur für die ordnungsgemäße Entwicklung und das Überleben seiner Träger eine entscheidende Rolle, sondern mischt vermutlich auch bei der Pigmentherstellung nicht unwesentlich mit. Um seine Funktionsweise näher zu beleuchten, bedienten sich die Wissenschaftler der so genannten Mikroarrays.

Diese "DNA-Chips" gaben ihnen Auskunft darüber, welche Erbanlagen das aktive MITF gezielt einschaltet: Sowohl in gesunden als auch in entgleisten Melanocyten, die an bösartigem Hautkrebs – dem malignen Melanom – erkrankt waren, verband sich das von MITF codierte Protein mit dem Gen BCL2. Gleichzeitig kurbelte es die Produktion des Zelltod-unterbindenden BCL2-Eiweißmoleküls an – und startete dadurch das Überlebensprogramm der Zelle.

Anschließend schleuste das Forscherteam einen genetisch veränderten Virus in normale und entartete Melanocyten ein, um die Aktivität von MITF zu unterbinden. Infolge dieser Behandlung starben die Zellen ab. In einem weiteren Versuch gelang es den Wissenschaftlern auf künstlichem Wege, die Aktivität von BCL2 in MITF-gehemmten Melanomzellen hochzuschrauben – und ermöglichten somit deren Weiterbestehen. In diesem Fall bezwangen die lebensbejahenden Eigenschaften des BCL2-Gens offensichtlich die Apoptose-Signale.

Anscheinend reguliert MITF nicht nur die Pigmentbildung, sondern stellt in Wechselwirkung mit BCL2 auch das Überleben der Zelle sicher. Eine solche Verbindung erweist sich für die normale Funktion der pigmentbildenden Melanocyten wahrscheinlich als vorteilhaft, wie David Fisher aus dem Forscherteam betont. Doch möglicherweise hat dieser Mechanismus eine unerwünschte Kehrseite: In entarteten Zellen könnte er ungeahnte Überlebenskräfte freisetzen und somit eine erfolgreiche Krebstherapie vereitelt.

Die Ergebnisse könnten somit eine Erklärung liefern, warum sich das maligne Melanom besonders resistent gegenüber der Behandlung mit Chemotherapeutika und Bestrahlung erweist. Obwohl dieses Leiden nur etwa vier Prozent aller Hautkrebserkrankungen ausmacht, verursacht es über 79 Prozent aller Todesfälle von Hautkrebspatienten. Die Blockierung von MITF bietet eine theoretische neue Zielscheibe im Kampf gegen jene Tumore, doch eine solche Strategie bleibt in diesem Forschungsstadium vorerst spekulativ, merken die Forscher kritisch an.

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