Bluthochdruck: Unterernährung als Risikofaktor
Eine aktuelle Studie von Tanaka et al. zeigt, dass eine Zusammenhang zwischen nachteiligen Resultaten beim Geriatric Nutritional Risk Index (GNRI) und Patienten mit Bluthochdruck besteht. Für diese retrospektive Kohortenstudie wurden Daten der Fukushima-Kohortenstudie verwendet. Diese war eine prospektive Untersuchung der Krankheitsfolgen (Nierenerkrankung im Endstadium, kardiovaskuläre Ereignisse und Tod) von ambulanten Patienten, die von Fachärzten für Nephrologie oder Diabetologie am Fukushima Medical University Hospital betreut wurden. In dieser Studie wurde der durch den GNRI erfasste Ernährungszustand mit dem Zustand der Niere, Todesfällen aller Art und kardiovaskulären Ereignissen bei Patienten mit Bluthochdruck in Verbindung gebracht.
Die vorliegende Studie zeigt, dass der Ernährungszustand einen Einfluss hat auf die Gesamtsterblichkeit, kardiovaskuläre Ereignisse und den Zustand der Niere bei den untersuchten Japanern mit Bluthochdruck, die eine Standardversorgung erhielten.
Langfristiger Bluthochdruck führt zu verschiedenen Organschäden. Unter den durch Bluthochdruck verursachten Organstörungen ist die Hypertensive Nephropathie eine der häufigsten Ursachen für chronische Nierenerkrankungen (CKD). Sowohl CKD als auch Bluthochdruck sind mit einzigartigen pathophysiologischen Mechanismen verbunden, die zum Fortschreiten der koronaren Herzkrankheit (KHK) beitragen, einschließlich endothelialer Dysfunktion, Gefäßverkalkung und chronischer Entzündung.
Es hat sich gezeigt, dass der Ernährungszustand den Ausgang verschiedenerKrankheiten beeinflusst. Insbesondere Unterernährung ist ein wichtiger Einflussfaktor für Gebrechlichkeit und Sarkopenie, die sich in den letzten Jahren zu einem großen klinischen Problem entwickelt haben. Unterernährung wurde daher mit einer schlechten Prognose für Patienten mit chronischen Krankheiten wie Herz- und Nierenversagen in Verbindung gebracht. Es wurde festgestellt, dass die mit dem GNRI erfasste Mangelernährung ein negativer Prognosefaktor für Patienten mit akutem Myokardinfarkt und stabiler Angina pectoris war, die sich zudem einer perkutanen Koronarintervention unterzogen, und dass Mangelernährung die Verkalkung von Koronararterienläsionen beeinflussen könnte. Die Ergebnisse dieser Studie unterstützen auch frühere Berichte, wonach eine Gruppe mit niedrigem GNRI ein höheres Risiko in der Gesamtmortalität und für kardiovaskuläre Ereignisse hatte. Darüber hinaus wiesen Tanaka et al. nach, dass ein niedriger GNRI auch mit nierenbezogenen Ereignissen assoziiert war. Diese wurden mit einer Kombination aus einem 50-prozentigen Rückgang der geschätzten glomerulären Filtrationsrate (eGFR) gegenüber dem Ausgangswert und einer ESKD, die eine Nierenersatztherapie erfordert, definiert. Interessanterweise war der Risikofaktor eines niedriges GNRI unabhängig vom eGFR und von Proteinurie war, die allgemein bekannte prognostische Faktoren für die Nierenfunktion sind. Darüber hinaus war der GNRI auch in Subgruppenanalysen, die Alter, Geschlecht, Diabetes, Blutdruck und eGFR berücksichtigten, ein Prognoseindikator für einen schlechten Verlauf bei Nierenereignissen.
Obwohl die Studienpopulation aus Patienten mit Standard-Hypertoniebehandlung zusammengestellt wurde, war die medikamentöse Behandlung der Hypertonie nicht standardisiert. Außerdem wurden Patienten, die Natrium-Glukose-Cotransporter 2 (SGLT2)-Inhibitoren einnahmen, die als CKD-Behandlung mit nierenschützenden Eigenschaften gelten, nicht berücksichtigt, da die Datenstichprobe veraltet war. Weitere prospektive Studien auf der Grundlage einer abgestimmten Analyse des Patientenhintergrunds unter Verwendung von Propensity-Matching-Scores und des aktuellen Behandlungshintergrunds von Patienten mit CKD sind wünschenswert.
Kürzlich wurde das Konzept des Malnutritions-Inflammations-Arteriosklerose (MIA)-Syndroms vor allem für Patienten mit Nierenerkrankungen im Endstadium vorgeschlagen. Diese drei Komponenten des MIA-Syndroms – Mangelernährung, Entzündung und Arteriosklerose – interagieren miteinander und verstärken sich gegenseitig, sodass ein Teufelskreis entsteht. Dieses Syndrom wird mit einem deutlich erhöhten Sterberisiko bei CKD-Patienten in Verbindung gebracht, wobei das Risiko steigt, je mehr der genannten Komponenten vorhanden sind. Tanaka et al. erörterten auch, dass Bluthochdruck und Unterernährung eng mit Entzündungen verbunden sind. Mangelernährung führt zu chronischen Entzündungen, die wiederum Arteriosklerose, einschließlich intravaskulärer Störungen und Verkalkung, fördern. Daher wird davon ausgegangen, dass Unterernährung zu einer weiteren Beschleunigung der Arteriosklerose führen kann, was wiederum die Verschlechterung der Nierenfunktion bei Bluthochdruckpatienten beschleunigt. In dieser Studie wurden der GNRI und der Blutdruck jedoch nur zu Beginn der Studie gemessen, sodass der Zusammenhang mit dem Ernährungszustand und der Entwicklung des Blutdrucks bis zum Auftreten des Nierenereignisses unbekannt ist. Da es sich hierbei um Bereiche handelt, die sich gegenseitig beeinflussen, ist das Fortschreiten von Unterernährung und Bluthochdruck ein Bereich von großem Interesse, sodass wir uns auf weitere prospektive Beobachtungsstudien freuen.
In dieser Studie wurde der GNRI zur Beurteilung des Ernährungszustands verwendet. Der GNRI ist ein nützlicher prognostischer Indikator, mit dem sich der Ernährungszustand älterer Menschen leicht beurteilen lässt. Der Body-Mass-Index (BMI) und das Serumalbumin sind wichtige Indikatoren für die Bewertung des Risikos und der Prognose von Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Der BMI wird jedoch von mehreren Faktoren beeinflusst, die nichts mit der Ernährung zu tun haben, zum Beispiel von dem Flüssigkeitsstatus, der Nierenfunktionsstörung und Entzündungen. Auch das Serumalbumin wird durch Entzündungen sowie Leber- und Nierenfunktionen beeinflusst. Der GNRI wird in letzter Zeit häufig für einfache Screenings des Ernährungszustands verwendet und kann nützlich sein, um die Unzulänglichkeiten einzelner Indikatoren, wie der Konzentration von Serumalbumin und dem BMI, zu überwinden.
Obwohl der GNRI anhand von Körpergewicht, Größe und Serumalbumin berechnet wurde, könnte eine Hypoalbuminämie erhebliche Auswirkungen auf den GNRI haben. Tanaka et al. zeigten, dass der GNRI ein prognostischer Faktor für schlecht verlaufende Nierenereignisse und die Gesamtmortalität war; unabhängig von Proteinurie, die zu Hypoalbuminämie führen kann. Die Ergebnisse dieser Subanalyse wurden als nützliche Daten betrachtet, die die Schwächen des GNRI ausgleichen könnten.
Auf der anderen Seite wurden in der klinischen Praxis und in Studien mehrere Ernährungsscores verwendet, darunter das Nutritional Risk Screening, die Mini Nutritional Assessment Short-Form-Skala und der Maastricht-Index, wie die Autoren auch in der Einschränkung angeben. Der GNRI wird häufig als Ernährungsindikator für ältere Menschen verwendet und es gibt immer noch wenige Daten, die sich auf junge Menschen beziehen. In Zukunft wird es wichtig sein, zu überprüfen, ob ein Ernährungszustand, der anhand mehrerer anderer Parameter bewertet wird, ähnliche Ergebnisse wie diese Studie, die den GNRI heranzog, liefern kann.
Darüber hinaus lag das Durchschnittsalter der Probanden bei 64 Jahren. Der Anteil älterer Menschen, wie er der Realität in Japan heute entspräche, war in dieser Studie gering. Es ist zu erwarten, dass je älter die Menschen sind, ihr BMI sinkt und die Anzahl von Patienten mit einem schlechten Ernährungszustand steigt. Daher wäre es gut, weitere geschichtete Untersuchungen durchzuführen, um festzustellen, ob der Ernährungszustands und der GNRI einen stärkeren Einfluss auf Nierenereignisse bei älteren Patienten mit Bluthochdruck haben, unabhängig vom BMI und anderen Faktoren.
Die vorliegende Studie deutet darauf hin, dass ein niedriger GNRI ein unabhängiger Risikofaktor für nierenbedingte Ereignisse sowie für die Gesamtmortalität und kardiovaskuläre Ereignisse bei Patienten mit einer Standardbehandlung für Bluthochdruck ist. Diese Ergebnisse sind wichtig für die Überlegung, wie der Ernährungszustand von Bluthochdruckpatienten verbessert werden kann, um negative nieren- und kardiovaskuläre Ereignisse zu verhindern. Allerdings ist der Ernährungszustand ebenso wie der Blutdruck ein ständig schwankender Parameter, der in weiteren prospektiven Studien validiert werden muss.
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