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Unterschätzter Geruchssinn: Störche finden frisch gemähte Wiesen mit Hilfe ihrer Nase

Immer der Nase nach? Das galt bislang nur für manche Geier und Seevögel. Nun zeigt sich: Wenn der Bauer mäht, riecht ein Storch das noch über Kilometer hinweg.
Störche bei der Nahrungssuche auf einem frisch gemähten Feld

Manche Vögel sind berühmt für ihre ultrascharfen Augen, andere für ein besonders sensibles Gehör. Doch der Geruchssinn gehörte bislang nicht zu den Sinnen, die im Reich der Vögel eine große Rolle zu spielen schienen. Doch womöglich haben Fachleute nur noch nicht genau genug hingeschaut. So zeigt sich jetzt in einer aktuellen Studie, dass Störche eine hervorragende Nase haben. Sie hilft ihnen dabei, eine frisch gemähte Wiese noch aus Kilometern Entfernung ausfindig zu machen.

Durch den Mähvorgang werden Insekten und Kleintiere aufgescheucht, weshalb man derzeit vielerorts beobachten kann, wie hungrige Weißstörche hinter den Traktoren herstaksen. Martin Wikelski vom Max-Planck-Institut für Verhaltensbiologie in Radolfzell und sein Team haben Störche dabei beobachtet, wie sie auf die frisch gemähten Wiesen aufmerksam werden. Die Ergebnisse schildern sie im Fachmagazin »Scientific Reports«.

Sie betrachteten dazu die Flugwege von Tieren, die mit GPS-Sendern ausgestattet waren, außerdem stiegen sie selbst mit einem Flugzeug auf und kreisten über ihrem Beobachtungsgebiet am Bodensee bei Konstanz. Den Weg zur Wiese fanden dabei immer nur jene Störche, die sich windabwärts aufhielten. Zudem hoben sie frühestens dann ab, wenn die Duftmoleküle aus dem Gras bei ihnen angelangt waren. »Es gab Störche, die von der anderen Seite des Bodensees über 25 Kilometer zu den gemähten Wiesen geflogen sind«, sagt Wikelski. Wehte der Wind die Duftmoleküle jedoch von einem Storch weg, flog er auch nicht zur Wiese.

Bislang hätten die meisten Fachleute wahrscheinlich darauf getippt, dass Störche eher dem Anblick oder Geräusch eines mähenden Traktors folgen würden oder dass sie auf Raubvögel aufmerksam würden, die ebenfalls auf frisch gemähten Wiesen ihrer Beute nachstellen. Um letzte Zweifel an der Rolle des Geruchssinns auszuräumen, versprühten Wikelski und Team darum den typischen Grasgeruch auf nicht gemähten Wiesen oder brachten frisches Gras darauf aus. Auch hier stellten sich alsbald wieder Störche ein, die nun ganz sicher nicht ihren Augen oder Ohren gefolgt sein konnten.

»Man hat einfach angenommen, dass Vögel nicht gut riechen können, weil sie ja keine richtigen Nasen haben«, sagt Wikelski in einer Pressemitteilung zur Studie. »Dabei haben sie einen sehr großen Riechkolben im Gehirn mit vielen Rezeptormolekülen für Duftstoffe.« Vögel besäßen also die besten Voraussetzungen für eine feine Nase. Doch bislang wussten Fachleute nur von manchen Neuweltgeiern und Seevögeln, dass sie sich mit Hilfe des Geruchs orientieren. Erstere können noch aus großer Entfernung verwesende Tiere ausfindig machen, letztere erschnuppern das Molekül Dimethylsulfid, den typischen Meeresgeruch, um Gebiete mit reichem Nahrungsangebot zu finden.

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