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Forensik: Unterschätzter Leichenfraß durch Insekten-Vegetarier

Mit zunehmender Verwesung wird es immer schwerer, Informationen über die Umstände des Todes zu gewinnen. Da hilft es, alle Details des Prozesses zu kennen.

Forensik-Experten aus den USA machen sich Sorgen über einen bei Kriminalfällen womöglich gelegentlich übersehenen Fakt: Ab und an fressen an lange unentdeckt gebliebenen Leichen auch solche Insekten, von denen man das bisher nicht erwartet hat. Das könnte dazu führen, post mortem beigebrachte Fraßspuren mit Anzeichen auf Gewaltanwendung oder mit Folterspuren zu verwechseln, berichtet ein gemischtes Team von Gerichtsmedizinern und Insektenkundlern im Fachmagazin "Journal of Medical Entomology".

Die Wissenschaftler hatten zunächst nur anekdotische Hinweise auf ungewöhnliche Veränderungen erhalten, als sie den natürlichen Verfall von menschlichen Körpern auf einer Body Farm im texanischen San Marcos studierten. Eine systematische Untersuchung zeigte schließlich aber, dass ein unerwartet breites Spektrum von unterschiedlichen Insekten und andere Gliedertiere regelmäßig auf toten Körpern zu finden ist und sich dort sättigt. So fanden die Forensiker etwa Grashüpfer der Art Pediodectes haldemani sowie die Assel Armadillidium cf. vulgare, die beide auch Spuren an den toten Körpern hinterlassen. Beide Arten waren der Nekrophagie bis dato unverdächtig.

Die hinterlassenen Bisse könnten bei flüchtiger Betrachtung durchaus als Hinweise auf körperliche Attacken oder Misshandlungen des Verstorbenen, Spuren von Vernachlässigung durch Pflegepersonal, Injektionswunden oder gar Folter fehlinterpretiert werden. Primäre Fraßspuren würden überdies von anderen Tieren weiter verändert, etwa von der Roten Feuerameise Solenopsis invicta Buren, ermittelten die Forscher durch die weitere Beobachtung des Geschehens. Sie regen an, ähnliche Untersuchungen unbedingt zu forcieren und die dabei gewonnenen Erkenntnisse stärker als bisher an Gerichtsmediziner weiterzugeben.

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