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News: Unvollendete Zellteilung

Das lange gültige Dogma nicht mehr teilungsfähiger Nervenzellen ist seit kurzem hinfällig. Doch scheint dies nicht immer von Vorteil zu sein. Im Gehirn von Alzheimer-Patienten etwa gerät die Zellteilung einiger Nervenzellen außer Kontrolle, ähnlich wie bei Tumorzellen. Doch statt die Verdopplung vollständig zu durchlaufen, stoppen die Zellen mitten im Zyklus und bleiben mit der doppelten Anzahl an Chromosomen zurück. Dies könnte die Ursache des großen Zellsterbens mit all seinen verwirrenden Folgen sein.
Soll eine Zellteilung erfolgreich sein, muss die Zelle alle Stadien der Reihe nach, und vor allem bis zum Ende, durchlaufen. Zuerst wird die Erbinformation verdoppelt, dann die Chromosomen säuberlich in der Zellmitte angeordnet und abschließend auf die beiden entstehenden Tochterzellen gerecht aufgeteilt. Doch Fehler passieren. Und enden meistens tödlich. So auch bei Alzheimer-Patienten, deren Krankheitsbild sich durch zunehmende Verwirrung, den Verlust kognitiver und intellektueller Fähigkeiten bis hin zu vollständiger Pflegebedürftigkeit auszeichnet. Die von Alois Alzheimer 1906 zum ersten Mal beschriebene "eigenartige Krankheit der Hirnrinde" betrifft allein in Deutschland momentan etwa 800 000 Menschen.

Ablagerungen im Gehirn von Betroffenen sind kennzeichnend für die Krankheit, doch bisher rätselten Forscher über deren Ursache. Ein Team von Neurologen um Karl Herrup von der School of Medicine der Case Western Reserve University nimmt nun eine unvollständige Teilung der Nervenzellen in die Verantwortung. Während normale Zellen vor der Verdopplung Kopien ihrer Chromosomen anfertigen und sie gerecht auf ihre Nachkommen aufteilen, scheinen die Zellen im Gehirn Erkrankter den Zyklus nicht vollständig zu durchlaufen. Auch sie treten in den Prozess der Zellteilung ein, vermehren ihre Chromosomen, doch bilden nie neue Zellen, denen sie die Extrakopien weitergeben könnten. "Es ist fast, als ob die Alzheimer-Krankheit eine neue Form von Krebs wäre", beurteilt Herrup seine erstaunlichen Beobachtungen. Denn eigentlich ist eine außer Kontrolle geratene Teilung für Krebszellen charakteristisch.

Eigentlich kann es für die verwirrten Nervenzellen nur einen Grund geben, ihr Programm nicht bis zum Ende abzuspielen: Die Balance zwischen Zellkern und den umgebenden Zellstrukturen muss aus dem Gleichgewicht geraten sein. Was die Balance stört, wissen die Forscher bislang noch nicht. Doch eine Hypothese haben sie schon parat. So könnten die Ablagerungen, die das Markenzeichen der Alzheimer-Krankheit sind, Ursache für einen Entzündungsprozess im Gehirn sein und dieser wiederum könnte die Zellteilung durch spezifische Proteine stimulieren. Doch leider nur zur Hälfte, bis die Zellen mit der doppelten Fracht an Chromosomen verbleiben und schließlich dem Untergang geweiht sind. Die erfolglosen Anstrengungen, sich zu teilen, scheinen die Hauptursache für die neuronale Degeneration und die Demenz bei der Krankheit zu sein. Ein aus diesen Ergebnissen folgender therapeutischer Ansatz könnte verhindern, dass aus dem Entzündungsprozess freigesetzte Signale die Zellen erreichen oder der zellulären Antwort vorbeugen.

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