News: Unwetter
Thomas Loster: Beides. Grundsätzlich kennen wir eine Wetterlage, wie sie im Moment herrscht, recht gut. Zurzeit liegt ein intensives Tiefdruckgebiet über den Ostalpen, das uns die reichhaltigen Niederschläge beschert. Eine ähnliche Wetterlage hatten wir auch vor fünf Jahren bei dem Oder-Hochwasser, da regnete es in den tschechischen Bergen viel. Neu sind allerdings dieses Jahr die Extremwerte, wie zum Beispiel die Spitzenniederschläge, die wir jetzt messen konnten. Und diese Extremwerte sind tatsächlich als Indizien, wenn Sie wollen, als erste Vorboten für eine Klimaveränderung zu sehen.
Der Ausstoß von Kohlendioxid sollte zu einer weltweiten Erwärmung der Atmosphäre führen. Der diesjährige Sommer scheint jedoch nicht besonders heiß, sondern besonders feucht zu werden. Welcher Zusammenhang besteht zwischen Niederschlag und Treibhausgasen?
Loster: Das passt gut zusammen. Durch die Erwärmung der Atmosphäre erwärmen sich auch die Ozeane. Und dadurch kommt es zu einer stärkeren Verdunstung, die Luft enthält mehr Wasserdampf, wird also feuchter, und es regnet mehr. Das sind ganz normale physikalische Begebenheiten.
Manche Wissenschaftler vermuten, dass ein neuer El Niño im Pazifik für unser schlechtes Wetter verantwortlich ist. Ist das möglich?
Loster: Nein. Die momentane Situation des El Niño ist eher als neutral oder noch als schwach zu bezeichnen, der ENSO-Zyklus sozusagen auf "Normalflamme". Die Auswirkungen des El Niño sind auch nicht so groß, dass sie einen entscheidenden Einfluss auf das Wetter in Europa haben könnten, und wenn, dann wäre frühestens im nächsten Frühjahr mit einem El Niño zu rechnen. Unser Wetter hängt viel stärker mit dem Azorenhoch und dem Islandtief zusammen. Der El Niño wird in letzter Zeit häufig für jedes mögliche Wettergeschehen verantwortlich gemacht, ohne dass es dafür eine Grundlage gibt.
Lässt sich das Klima der Erde noch retten, oder müssen wir uns in Zukunft auf immer häufiger auftretende katastrophale Wetterlagen einstellen?
Loster: Ja, es lässt sich durchaus noch etwas tun. Wenn wir sofort massive Maßnahmen ergreifen, dann wird sich die Atmosphäre zwar in den nächsten zehn Jahren noch weiter erwärmen, da die klimarelevanten Gase noch lange in der Atmosphäre bleiben. Wir rechnen dann mit einem Temperaturanstieg von etwa 1,5 Grad. Diesen Temperaturanstieg könnten die Ökosysteme der Erde jedoch gerade noch verkraften. Solche Erwärmungen kennen wir auch aus der Klimageschichte. Tun wir allerdings nichts – wir nennen das das business-as-usual-Szenario –, dann wird die Temperatur auf der Erde bis zum Ende des Jahrhunderts um bis zu sechs Grad ansteigen. Und das würde einen massiven Eingriff für die Ökosysteme bedeuten, und es ist die Frage, ob sie diese Änderung verkraften könnten.
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