Verwandter der Orang-Utans: Uralte Proteine lösen Rätsel um Riesenaffen
Schätzungsweise drei Meter groß und 500 Kilogramm schwer konnte Gigantopithecus blacki werden. Wie am Artnamen erkennbar, handelte es sich bei dem Tier, das noch vor 300 000 Jahren in Südostasien lebte, wohl um einen wahrhaft gigantischen Affen. Sein Aussehen ist jedoch weitgehend unbekannt, da nur Fossilien von Zähnen und Kieferknochen erhalten sind. Das bereitete Paläoanthropologen bisher Schwierigkeiten, G. blacki im Stammbusch der Menschenaffen zu platzieren. Jetzt ist es Forschern des Instituts für Evolutionäre Biologie in Barcelona und der Universität Kopenhagen gelungen, mit Hilfe der recht jungen Methode der Paläoproteomik G. blacki als entfernten Verwandten der heutigen Orang-Utans zu identifizieren. Mit ihrer Analyse liefern sie auch den molekularen Nachweis der bislang ältesten bekannten Proteine aus subtropischen Gefilden.
Studienleiter Frido Welker und sein Team haben die Proteine aus dem Schmelz eines 1,9 Millionen Jahre alten Backenzahns von G. blacki gewonnen. Das zirka zwei Zentimeter dicke Fossil war bei Grabungen in der Chuifeng-Höhle im Süden Chinas ans Licht gekommen. Wie die Wissenschaftler in »Nature« berichten, identifizierten sie ein Proteom, das aus insgesamt 409 Peptiden besteht und sich mit 6 bekannten Proteinen in Übereinstimmung bringen lässt. Da sie im Fall eines Proteins, des Amelogenins, nur die »weibliche Variante« entdeckt haben, vermuten Welker und seine Kollegen, dass der Backenzahn einst zu einem weiblichen Riesenaffen gehörte.
Die Paläoanthropologen verglichen das rekonstruierte Proteom von G. blacki mit den publizierten Daten von noch lebenden Menschenaffen. Ihr Ergebnis: Der einstige Riesenaffe ist ein entfernter Verwandter heutiger Orang-Utans (Gattung Pongo). Die Arten der Gattungen Gigantopithecus und Pongo gehen laut Welker und seinem Team auf einen gemeinsamen Vorfahren zurück, der im Miozän vor mehr als zehn oder zwölf Millionen Jahre lebte.
Die revolutionäre Methode der Paläoproteomik
Das Paläoproteom von G. blacki liefert nach Aussage der Forscher die bislang ältesten molekularen Daten, die in einer subtropischen Region wie Südostasien erhalten geblieben sind. Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass sich alte Proteine nicht nur aus Zähnen, sondern auch aus anderen fossilen Skelettteilen extrahieren lassen. Mit der Methode der Paläoproteomik können grundsätzlich sehr viel ältere Fossilien erfolgreich beprobt werden, als es zum Beispiel die Paläogenetik ermöglicht. DNA überdauert die Jahrtausende wesentlich schlechter. Die älteste bekannte Zellkern-DNA stammt zurzeit von einem 430 000 Jahre alten Homo heidelbergensis aus Spanien.
Die ausgestorbene Hominiden-Art G. blacki entdeckte der deutsch-niederländische Paläoanthropologe Gustav Heinrich Ralph von Koenigswald – zufällig. Er hatte in einer Apotheke in Hongkong fossile Zähne erstanden. Von Koenigswald bestimmte einen der Zähne als Überbleibsel einer bis dahin unbekannten Affenart, die er G. blacki taufte. Von dem Hominiden sind seither vor allem Überreste aus Südchina und Vietnam bekannt.
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