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News: Urhai mit Biß

Pucapampella ist der Name eines Verwandten heutiger Haie, der zwar vor 400 Millionen Jahren lebte, heute aber immer noch Biß hat: Er wirft ein völlig neues Licht auf die evolutionären Ursprünge des Kiefers. Anders als bisher angenommen verfügte der Hai, ein Knorpelfisch, wahrscheinlich doch über einen fortschrittlicheren Kiefer als der Knochenfisch. Damit wurde eines der zahlreichen Glieder gefunden, die bisher in der Evolution von kieferlosen Wirbeltieren zum Menschen fehlten.
Der Wirbeltier-Paläontolge John Maisey, Leiter des Department of Vertebrate Paleontology am American Museum of Natural History, stellte am 4. April 1999 bei einer Konferenz im Natural History Museum in London die erste genaue Untersuchung eines Fossils vor, die der bisherigen Vorstellung von der Entwicklung des Kiefers widerspricht. Die Fischreste wurden in Bolivien und Südafrika gefunden – Regionen, die zur damaligen Zeit näher beieinander lagen und von einem für heutige Haie eher untypischen kalten und flachen Ozean bedeckt waren. Bei den Pucapampellas handelt es sich um die frühesten Haie, die bisher im Detail untersucht wurden.

Die Bildung eines Kieferknochens ist eines der wichtigsten Neuerungen, die sich die Evolution bei den ersten Wirbeltieren hat einfallen lassen. Dies geschah vor dem Erdzeitalter Devon, also vor über 400 Millionen Jahren. Leider sind die Fossilien aus jener Zeit überaus spärlich, weshalb man bisher für genaue Studien auf die Überreste des Hais Cladoselache angewiesen war, der vor 370 Millionen Jahren lebte. Seit über einem Jahrhundert sind gute Fossilien dieses Tieres zum Studium verfügbar, so daß er unsere Vorstellung von der Kieferentwicklung prägte. Maiseys Pucapampella ist gut 30 Millionen Jahre älter und legt nahe, daß unsere Vorstellung bisher falsch war.

Der neue Fossilienfund widerspricht der Auffassung, der zufolge Knorpelfische (also Haie und ihre Verwandten) aufgrund der Eigenschaft ihrer Kiefer ursprünglich sind. Vielmehr weist er auf eine fortgeschrittene Spezialisierung innerhalb der Evolution des Hais hin. Pucapampella war einer der ersten Knorpelfische. Die detaillierte Analyse ergab nun, daß sein Oberkiefer am Hirnschädel auf eine Art und Weise angebracht war, die für einen Knorpelfisch völlig untypisch ist und eher an Knochenfische denken läßt. Bisher ging man jedoch davon aus, daß der Knochenfisch über eine fortgeschrittenere Kieferstruktur als der Hai verfügt. Pucapampella legt indes nahe, daß genau das Gegenteil der Fall ist: Die Tatsache, daß bei einem Urhai wie dem Pucapampella der Kiefer wie bei einem Knochenfisch befestigt war, läßt vermuten, daß die heutigen Haikiefer in Wahrheit moderner sind als die Kiefer der Knochenfische.

Maiseys Entdeckung vergrößert aber nicht nur unser Wissen über die Evolution der Fische; sie läßt die Wissenschaftler auch unsere eigenen Ursprünge besser verstehen. Wie Maisey bemerkte, stammen viele Eigenschaften der menschlichen Anatomie – wie beispielsweise der Kiefer – ursprünglich von unseren "fischigen" Vorfahren, obgleich wir das vielleicht nicht so gerne zugeben wollen. "Die Psychologie der Evolution ist sehr interessant", sagte er. "Es macht den Leuten nichts aus, wenn man sie Primaten oder Säugetiere nennt, ein Fisch wollen sie aber dann doch nicht sein." Die weiteren Untersuchungen fossiler Fische kann die Wirbeltier-Paläontologen unter Umständen veranlassen, die frühen Kapitel unserer Evolutionsgeschichte völlig neu zu schreiben.

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