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Blasenentzündung: Urin bekämpft Kolibakterien

Antibiotikaresistenzen sind auf dem Vormarsch. Auch bei Harnwegsinfektionen wirken sie nicht mehr so zuverlässig wie früher. Ein körpereigener Wirkstoff im Urin könnte helfen.
Darmbakterium Escherichia coli

Fast jede zweite Frau leidet mindestens einmal in ihrem Leben unter einer Blasenentzündung. Verursacher ist meistens eine bestimmte Gruppe von E.-coli-Bakterien, die sich normalerweise in unserem Magen-Darm-Trakt aufhalten. Dort sind sie ausgesprochen friedlich und erweisen sich bei der Verdauung sogar als nützliche Helfer. Gelangen sie jedoch in Harnleiter oder -blase, werden sie schnell lästig. Die Bakterien besitzen auf ihrer Zellmembran hunderte winziger haarähnlicher Strukturen, die so genannten Typ-I-Pili, die in ihrer Funktion kleinen Armen ähneln. Diese versuchen mit allen Mitteln, die Zellen der Harnblasenwand zu fassen zu bekommen. Einmal angedockt kann die Invasion der Bakterien in die Zellen und damit die eigentliche Infektion beginnen.

Wissenschaftler haben in diesem Mechanismus schon lange den Schlüssel erkannt, um Blaseninfektionen zukünftig effektiver behandeln zu können. So genannte Pilizide sollen die Bildung von Haftärmchen stören und dazu führen, dass E. coli keinen Halt an der Blasenwand findet und einfach mit dem Urin ausgeschwemmt wird. Die Entwicklung von Piliziden steckt allerdings noch in den Kinderschuhen. Doch nun entdeckte eine Forschergruppe um Scott Hultgren von der Washington University School of Medicine in St. Louis in ihrer Studie einen unerwarteten Helfer, der die Wende bringen könnte.

Die Forscher stellten fest, dass die Mehrzahl der Kolibakterien, die unter Laborbedingungen in menschlichem Urin gewachsen waren, keine Haftärmchen ausgebildet hatte. Sie fanden schließlich heraus, dass es im Urin offenbar natürliche Wirkstoffe gibt, die in der Lage sind, eine bestimmte Gruppe bakterieneigener Gene auszuschalten, die für die Ausbildung der Ärmchen zuständig sind. Bei Versuchen mit Mäusen machten die Wirkstoffe auch mit den bereits ausgebildeten Typ-I-Pili kurzen Prozess: Sie schädigte die Haftärmchen so, dass sie nicht mehr an menschliche Zellen binden konnten. In der Folge schalteten die Bakterien die zuständigen Gene einfach selbst ab. Waren die E. coli allerdings schon an die Zellen der Blasenwand gebunden, konnten auch die Wirkstoffe im Urin nichts mehr gegen sie ausrichten. Im nächsten Schritt wollen die Forscher die entscheidenden Stoffe im Urin identifizieren, um daraus ein Medikament zu entwickeln. Weitere Forschung wird zukünftig vielleicht auch die Frage beantworten, warum so viele Menschen trotz der anscheinend so effizienten Wirkstoffe im Urin dennoch regelmäßig unter Blasenentzündungen leiden. Bis auf Weiteres bietet sich nur die offensichtlichste Erklärung an, die auf alle ausgeklügelten Abwehrmechanismen unseres Körpers zutrifft: Sie sind individuell unterschiedlich stark ausgeprägt, und Faktoren wie Stress können sie vorübergehend schwächen.

Bisher werden Patienten bei Blasenentzündung standardmäßig mit Antibiotika behandelt. Immer mehr Kolibakterien erweisen sich jedoch als resistent. Ein neues Medikament, das auf dem körpereigenen Abwehrmechanismus beruht, käme deshalb wie gerufen.

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