News: Ursuppe mit Variationen
In den letzten Jahren haben Astronomen mehr als 300 Exoplaneten entdeckt. Besonders interessant sind "Super-Erden", die fast vollständig aus festen Materialien wie Gesteinen und Metallen bestehen. Kann es auf diesen Planeten Leben geben? Zu dieser Frage liefern Messungen mit dem Weltraumteleskop Spitzer jetzt interessante neue Informationen.
Die bisher entdeckten Super-Erden umkreisen vergleichsweise kühle Sterne, die im Universum deutlich häufiger sind als heißere Sterne wie unsere Sonne. Doch in den Staubscheiben um kühlere Sterne, so die Spitzer-Messungen, fehlt die Blausäure – ein Molekül, das in bestimmten Szenarien zur Entstehung des Lebens auf der Erde eine wichtige Rolle spielt. Wenn in Sternensystemen mit kühlem Zentralstern überhaupt Leben ensteht, dann aus einer Ursuppe, die anders zusammengesetzt ist, als es auf unserem Heimatplaneten der Fall war.
Nach heutigem Wissen begann das Leben auf der Erde in einer mit einfachen Molekülen gefüllten Ursuppe. Aber gab es eine ähnlich zusammengesetzte Ursuppe auch auf Planeten, die um andere Sterne kreisen? Eine Studie, die am 10. April in der Fachzeitschrift Astrophysical Journal erscheint, legt nahe, dass dies zumindest bei kühleren Sternen nicht der Fall ist – wenn es auf deren Planeten eine Ursuppe gab oder gibt, dann mit anderen Zutaten.
Sterne bilden sich durch den Kollaps von Gas- und Staubwolken. Um den jungen Stern herum entsteht eine protoplanetare Scheibe aus Staub und Gestein, die zunehmend verklumpt und aus der sich letztendlich die den Stern umkreisenden Planeten bilden. Die chemische Zusammensetzung der Scheibe bestimmt die Zusammensetzung der Planeten – und durch ein Bombardement von Gesteinsbrocken, die auf den in Entstehung befindlichen Planeten regnen, sollte zudem direkt Scheibenmaterial auf der Planetenoberfläche landen. Daher erlaubt der Nachweis bestimmter Molekülsorten im Gas der protoplanetaren Scheibe in begrenztem Maße Rückschlüsse auf die auf der jungen Planetenoberfläche vorhandenen chemischen Verbindungen – und damit auf die Zutaten einer möglichen Ursuppe.
Der Staub protoplanetarer Scheiben ferner Sterne lässt sich seit den 1990er Jahren direkt nachweisen. Deutlich schwieriger ist es, anhand von Spektrallinien – für chemische Elemente oder Verbindungen charakteristische Frequenzen, bei denen besonders viel Licht ausgesendet oder absorbiert wird – auch in den Scheiben enthaltene Gase nachzuweisen. Besonders interessant sind dabei Beobachtungen im infraroten Wellenlängenbereich des elektromagnetischen Spektrums, denn in diesen Bereich fallen die allermeisten Spektrallinien, anhand derer sich Moleküle identifizieren lassen.
Allerdings sind die Spektrallinien des Gases vor dem Hintergrund des von der Staubscheibe ausgesandten Lichts nur schwer auszumachen. Von der Erde aus sind solche Beobachtungen aufgrund der störenden Atmosphäre sehr schwierig. Mit dem Weltraumteleskop Spitzer dagegen läßt sich Infrarotstrahlung hinreiched ungestört und mit der nötigen Empfindlichkeit nachweisen. Der Nachweis von Molekülen – also chemischen Verbindungen mehrerer Atome – in den Scheiben um braune Zwerge gelang erstmals mit der hier beschriebenen Studie.
Die Forschergruppe richtete ihr Augenmerk zum einen auf 44 gelbe, sonnenähnliche Sterne, zum anderen auf 17 rötlich leuchtende, kühlere Sterne, bei denen es sich entweder um so genannte M-Zwerge oder so genannte braune Zwerge handelt. Die beobachteten Sterne sind zwischen einer Million und drei Millionen Jahre alt (zum Vergleich: unsere Sonne ist rund 4 Milliarden Jahre alt). Sie sind von protoplanetaren Scheiben umgeben, und ihre Planeten sind noch in Entstehung begriffen. Die Forscher bestimmten anhand der Stärke der Spektrallinien jeweils die Häufigkeit von Blausäuremolekülen (genauer, die relative Häufigkeit von Blausäure und des sehr häufigen Moleküls Acetylen).
Das Ergebnis war überraschend. Bei keinem der kühleren Sterne – sowohl der M-Zwerge wie der braunen Zwerge – ließ sich in der protoplanetaren Scheibe Blausäure nachweisen. Dass es sich dabei nicht um Fehlmessungen handelt, zeigt das Vorhandensein des Vergleichsmoleküls Acetylen, das sich bei den kühleren Sternen einwandfrei nachweisen ließ. Bei den gelben, sonnenähnlichen Sternen trat Blausäure zumindest in 30 Prozent der Fälle auf. Ilaria Pascucci vermutet einen systematischen Zusammenhang: "Vielleicht führt das sehr viel stärkere UV-Licht der sonnenähnlichen Sterne dazu, dass mehr Blausäure produziert wird."
Markus Pössel
Nach heutigem Wissen begann das Leben auf der Erde in einer mit einfachen Molekülen gefüllten Ursuppe. Aber gab es eine ähnlich zusammengesetzte Ursuppe auch auf Planeten, die um andere Sterne kreisen? Eine Studie, die am 10. April in der Fachzeitschrift Astrophysical Journal erscheint, legt nahe, dass dies zumindest bei kühleren Sternen nicht der Fall ist – wenn es auf deren Planeten eine Ursuppe gab oder gibt, dann mit anderen Zutaten.
Eine Forschergruppe um Ilaria Pascucci (Johns Hopkins-Universität), zu der auch Thomas Henning und Jeroen Bouwman vom Max-Planck-Institut für Astronomie in Heidelberg zählen, nutzte das Spitzer-Teleskop der NASA – ein für Infrarotstrahlung ausgelegtes Weltraumteleskop, das der Erde auf ihrer Umlaufbahn um die Sonne nachfolgt – um in der direkten Umgebung von 61 jungen Sternen nach den charakteristischen Spuren von Blausäure zu suchen. Solche Spuren sind in bezug auf die Entstehung von Leben besonders interessant, da Blausäure Wasserstoff, Kohlenstoff und Stickstoff enthält, und in einer Reihe von Szenarien zur Entstehung des Lebens als wichtige Vorläuferchemikalie auftritt, etwa zur Bildung von Adenin, einer der vier organischen Basen, mit denen in DNA-Molekülen das Erbgut kodiert ist.
Sterne bilden sich durch den Kollaps von Gas- und Staubwolken. Um den jungen Stern herum entsteht eine protoplanetare Scheibe aus Staub und Gestein, die zunehmend verklumpt und aus der sich letztendlich die den Stern umkreisenden Planeten bilden. Die chemische Zusammensetzung der Scheibe bestimmt die Zusammensetzung der Planeten – und durch ein Bombardement von Gesteinsbrocken, die auf den in Entstehung befindlichen Planeten regnen, sollte zudem direkt Scheibenmaterial auf der Planetenoberfläche landen. Daher erlaubt der Nachweis bestimmter Molekülsorten im Gas der protoplanetaren Scheibe in begrenztem Maße Rückschlüsse auf die auf der jungen Planetenoberfläche vorhandenen chemischen Verbindungen – und damit auf die Zutaten einer möglichen Ursuppe.
Der Staub protoplanetarer Scheiben ferner Sterne lässt sich seit den 1990er Jahren direkt nachweisen. Deutlich schwieriger ist es, anhand von Spektrallinien – für chemische Elemente oder Verbindungen charakteristische Frequenzen, bei denen besonders viel Licht ausgesendet oder absorbiert wird – auch in den Scheiben enthaltene Gase nachzuweisen. Besonders interessant sind dabei Beobachtungen im infraroten Wellenlängenbereich des elektromagnetischen Spektrums, denn in diesen Bereich fallen die allermeisten Spektrallinien, anhand derer sich Moleküle identifizieren lassen.
Allerdings sind die Spektrallinien des Gases vor dem Hintergrund des von der Staubscheibe ausgesandten Lichts nur schwer auszumachen. Von der Erde aus sind solche Beobachtungen aufgrund der störenden Atmosphäre sehr schwierig. Mit dem Weltraumteleskop Spitzer dagegen läßt sich Infrarotstrahlung hinreiched ungestört und mit der nötigen Empfindlichkeit nachweisen. Der Nachweis von Molekülen – also chemischen Verbindungen mehrerer Atome – in den Scheiben um braune Zwerge gelang erstmals mit der hier beschriebenen Studie.
Die Forschergruppe richtete ihr Augenmerk zum einen auf 44 gelbe, sonnenähnliche Sterne, zum anderen auf 17 rötlich leuchtende, kühlere Sterne, bei denen es sich entweder um so genannte M-Zwerge oder so genannte braune Zwerge handelt. Die beobachteten Sterne sind zwischen einer Million und drei Millionen Jahre alt (zum Vergleich: unsere Sonne ist rund 4 Milliarden Jahre alt). Sie sind von protoplanetaren Scheiben umgeben, und ihre Planeten sind noch in Entstehung begriffen. Die Forscher bestimmten anhand der Stärke der Spektrallinien jeweils die Häufigkeit von Blausäuremolekülen (genauer, die relative Häufigkeit von Blausäure und des sehr häufigen Moleküls Acetylen).
Das Ergebnis war überraschend. Bei keinem der kühleren Sterne – sowohl der M-Zwerge wie der braunen Zwerge – ließ sich in der protoplanetaren Scheibe Blausäure nachweisen. Dass es sich dabei nicht um Fehlmessungen handelt, zeigt das Vorhandensein des Vergleichsmoleküls Acetylen, das sich bei den kühleren Sternen einwandfrei nachweisen ließ. Bei den gelben, sonnenähnlichen Sternen trat Blausäure zumindest in 30 Prozent der Fälle auf. Ilaria Pascucci vermutet einen systematischen Zusammenhang: "Vielleicht führt das sehr viel stärkere UV-Licht der sonnenähnlichen Sterne dazu, dass mehr Blausäure produziert wird."
Aus Sicht der Suche nach Leben auf fernen Planeten geben die neuen Ergebnisse zu denken. Große, erdähnliche Planeten – Super-Erden – sind bislang nur um vergleichsweise kühle Sterne entdeckt worden. Ob auf diesen Planeten Leben möglich ist, ist unklar – insbesondere finden auf einer Reihe von M-Zwergen häufig magnetische Energieausbrüche statt, die sternnahe Planeten mit lebensfeindlicher Strahlung überschütten würden. Die Spitzer-Studie, an der auch Forscher des Space Telescope Science Institute, der Pennsylvania State University und der University of Arizona, jeweils USA, sowie des SRON Netherlands Institute for Space Research und des Arcetri Astrophysical Observatory (Italien) beteiligt waren, weist auf ein weiteres Problem hin. In den Worten von Thomas Henning: "Unsere Studie wirft die Frage auf, ob auf den Planeten kalter Sterne überhaupt die richtigen Zutaten für die Entwicklung von Leben vorhanden sind. Wenn sich dort Leben bildet, dann aus einer Ursuppe mit anderen Zutaten, als es hier auf der Erde der Fall war." Falls die geänderten Zutaten die Enwicklung von Leben unmöglich machen, ist Leben in unserer näheren Umgebung eher die Ausnahme als die Regel: rund zwei Drittel der Sterne in unserer kosmischen Nachbarschaft sind kühle Sterne der hier untersuchten Typen.
Markus Pössel
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