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News: Urzeitliche Bohrlöcher

Bakterien auf Nahrungssuche können ganz schön ätzend sein: Sie hinterlassen im Gestein mikroskopische Spuren in Form winziger Gänge. Und das offensichtlich nicht erst seit gestern.
Mikrogänge
Mag sie auch auf den ersten Blick an bequeme gestapelte Sandsäcke erinnern, ein weiches Ruhebett bietet Kissenlava nicht. Diese Gesteine entstehen am Meeresboden, wenn dünnflüssige Lava die Oberfläche durchbricht und durch den Kontakt mit dem kalten Meerwasser zu den typischen schlauchförmigen Gebilden erstarrt.

Bakterien aber suchen keine daunenweiche Lagerstatt, für sie bieten die Steinglaskissen vor allem eins: Nahrung. Um an die begehrten Substanzen zu kommen, rücken die Mikroorganismen dem harten Untergrund mit ätzenden Mitteln zu Leibe. So haben sie im Laufe der Zeiten in den oberen Schichten der ozeanischen Kruste charakteristische, Mikrometer dünne Kanälchen hinterlassen, in denen sich weitere chemische Fingerzeige auf den biologischen Ursprung finden.

Dass sie aber in den beinahe 3,5 Milliarden Jahre alten Gesteinen des Barberton Greenstone Belt in Südafrika auf exakt solche Spuren stoßen werden, haben Harald Furnes von der Universität Bergen und seine Kollegen wahrscheinlich nicht erwartet. Diese Gesteinsabfolge umfasst mehrere Kilometer mächtige Kissenlaven und Lavadecken mit dazwischenliegenden Hornsteinschichten und wird überdeckt von Hornsteinen, gebänderten Eisensteinen und Schiefern. Datiert wird die Abfolge auf 3,48 bis 3,22 Milliarden Jahre.

Ein Glücksfund, denn Lebensspuren aus jener Zeit sind extrem selten und häufig sehr umstritten. Schließlich ist von den eigentlichen Verursachern nichts mehr übrig. Doch als Furnes und seine Mitarbeiter mithilfe von Röntgenstrahlen einzelne Elemente an den Wänden der winzigen Gänge kartierten, stießen sie auf dieselben chemischen Fingerzeige, die auch in jüngeren solcher Kanälchen den biologischen Ursprung verraten.

So fanden die Forscher in den Röhren Kohlenstoff, der aber offenbar nicht als Karbonat an Eisen, Magnesium oder Kalzium gebunden ist. Denn deren Spuren ließen sich zwar auch finden – doch just nie an entsprechender Stelle. Außerdem entdeckten die Wissenschaftler nur relativ geringe Mengen des Kohlenstoffisotops 13C, wie es für Nebenprodukte bei der Oxidation von gelösten organischen Substanzen durch Bakterien in Porenwasser typisch ist. Für die Wissenschaftler ist damit klar: Der aufgespürte Kohlenstoff muss auf biologischem Wege entstanden sein – die ätzenden Ernährungsgewohnheiten gehören also zu den ganz alten Sitten.

Der Fundort als solcher ist dabei gar nicht einmal ungewöhnlich. Denn gerade an der Basis des Stammbaums stehen viele wärmeliebende Mikroorganismen, für die vulkanische Umgebungen wie beispielsweise Hydrothermalquellen als erste "Brutstätten" gedient haben könnten. So sind auch aus 3,24 Milliarden Jahre alten Sulfidablagerungen, die sich wohl in selber Weise bildeten wie die heutigen Schwarzen Raucher, fadenartige Mikrofossilien bekannt. Vielleicht finden sich also in solchen Ablagerungen wie dem südafrikanischen Barberton Greenstone Belt noch weitere aufschlussreiche Spuren – bisher wurde dort kaum danach gesucht. Und womöglich zeigt sich dann einmal mehr, dass sich damals offenbar nicht nur die Wohnorte bewährt haben, sondern auch die Ernährungsgewohnheiten.

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