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Astronomie: US-Forscher sagen Donut-Planeten voraus

Bei der Kollision zweier Himmelskörper könnte vorübergebend eine rotierende Gaswolke entstehen, deren Form dem beliebten amerikanischen Krapfen ähnelt. Wo im All es solche Objekte gibt, ist aber noch offen.
Donut mit Augen

Bei der Entstehung von Planetensystemen können Himmelskörper vorübergehend die Form eines Donuts annehmen. Das folgern zwei US-Forscher aus Computersimulationen zur Kollision großer Gesteinsbrocken. Bei besonders heftigen Zusammenstößen verschmelzen diese miteinander, wobei die äußeren Gesteinsschichten verdampfen. Die Trümmerwolke kann dabei in unterschiedlichen Formen durchs All wirbeln. Manche dieser Formen sind torusförmig – und erinnern damit an das beliebte amerikanische Gebäck, berichten Simon Lock und Sarah Stewart im Fachmagazin "Journal of Geophysical Research".

Die Arbeit könnte dabei helfen, die Entstehung von Gesteinsplaneten und ihren Monden besser zu verstehen. Bisher können Wissenschaftler diesen Prozess nur ungefähr rekonstruieren: In unserem Sonnensystem gab die Sonne vor ungefähr 4,5 Milliarden Jahren ihre ersten Lichtstrahlen ab, die nach und nach die umliegende Gas- und Staubscheibe zusammendrückten. In den darauffolgenden zehn Millionen Jahren wuchsen die Staubpartikel in der Scheibe zu immer größeren Klumpen an, aus denen letztlich etwa marsgroße Himmelskörper wurden. Größere Gesteinsplaneten wie die Erde entstanden schließlich durch Kollisionen dieser Objekte.

Eine detailgetreue Simulation der gewaltigen Crashs ist aber sehr aufwändig. Sie wird auch dadurch erschwert, dass kurze Zeitskalen eine große Rolle spielen. So kann es zwar Millionen von Jahren dauern, bis sich nach einer Kollision ein neuer Planet formt. Aber der Kern dieses Körpers bildet sich bereits 100 Jahre nach dem Zusammenstoß, vermuten Wissenschaftler. Was genau in diesem Zeitraum passiert, wurde bisher aber kaum erforscht.

Die Forscher tauften die Struktur "Synestia"

Hier setzten Lock und Stewart an und entwarfen eine neuartige Computersimulation. Zur Überraschung der Planetenforscher ergab diese, dass die äußeren Schichten neu entstandener Gestirne nach großen Kollisionen meist vollständig pulverisiert werden. Die Wissenschaftler stießen auch auf die donutförmige Dampfwolke, die durch einen kontinuierlichen Übergangsbereich mit einem festen Kern des Planeten verbunden war. Lock und seine Kollegin tauften diese und verwandte Strukturen "Synestia". Der Name besteht aus der griechischen Silbe "Syn", die für "verbunden" steht, und "Hestia", der Göttin des Herdfeuers.

Eine Synestia entspricht einem wirbelnden Feuerball: Durch den versetzten Zusammenstoß zweier Planeten rotieren diese sehr schnell um ihren gemeinsamen Schwerpunkt und sind durch den Aufprall stark erhitzt. Die schnelle Rotation verformt den ehemals runden Planeten zu einer Oblate. Mit steigender Temperatur verdampfen die äußeren Schichten und dehnen sich weiter aus, wodurch die Zentrifugalkraft am Äquator immer weiter zunimmt, bis sie schließlich die Gravitationskraft übersteigt. Das gesamte Objekt rotiert dann nicht mehr mit konstanter Winkelgeschwindigkeit und ist somit kein starrer Körper: Es entsteht ein gasförmiger Wulst, der mit geringerer Winkelgeschwindigkeit um den festen und flüssigen Kern des Planeten kreist. Das Innere der Synestia und ihr äußerer Ring sind – anders als beispielsweise beim Ringplaneten Saturn – keine unabhängigen Objekte: Ein kontinuierlich verlaufender Zwischenbereich verbindet sie miteinander.

Die Forscher vermuten, dass fast alle erdähnlichen Planeten nach Kollisionen für einige Zeit eine Synestia bildeten. Sie existiert allerdings nur für etwa 100 Jahre. Währenddessen kühlt die Wolke immer weiter ab, so dass sich der äußere Ring auflöst und ein gewöhnlicher Planet mit eventuellen Satelliten entsteht. Der äußere Rand der Synestia kann sich über die so genannte Roche-Grenze hinaus ausdehnen. Sie gibt an, wie weit sich ein Objekt einem Himmelskörper nähern kann, bevor er durch die Gezeitenkräfte auseinandergerissen wird. Außerhalb dieser Grenze können sich Satelliten formen. Somit könnte die neu entdeckte Planetenstruktur helfen, die Entstehung des Erdmondes zu erklären.

Die Arbeit könnte aber auch für die Suche nach Exoplaneten relevant sein. Im Prinzip müssten manche dieser Welten im Orbit ferner Sterne gerade ihre 100-jährige Synestia-Phase durchmachen. Die Chancen, sie aufzuspüren, stehen allerdings schlecht: Unter der Annahme, dass Exoplaneten ähnlich wie die Erde mehrere Milliarden Jahre existieren, müssten Astronomen rein statistisch Millionen Exoplaneten beobachten, um darunter eine Synestia zu entdecken. Bisher sind aber nur 3500 Exoplaneten bekannt – dass es sich bei einer der nächsten Entdeckungen um einen Donut handelt, ist also sehr unwahrscheinlich.

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