Dampfen: E-Zigaretten sind mögliche Einstiegsdrogen
Eine dreimal höhere Wahrscheinlichkeit, im Erwachsenenalter täglich herkömmliche Zigaretten zu rauchen, haben Jugendliche in den USA, die E-Zigaretten benutzten, im Vergleich zu jenen, welche diese nie ausprobierten. Das legt eine Studie nahe, für die ein Team tausende Menschen vier Jahre lang begleitet hat. Allerdings sind die Verhältnisse in den USA nur schwer auf die Situation in Deutschland übertragbar.
Die unter dem Namen PATH Study bekannte Studie ist dennoch aufschlussreich, weil die Verantwortlichen insgesamt sehr viele Menschen zu ihren Rauchgewohnheiten befragt haben. 15 826 Jugendliche und junge Erwachsene. Die jüngsten Studienteilnehmer waren zu Beginn der Studie zwölf Jahre alt, die ältesten 24 Jahre. 2013/2014 gaben sie darüber Auskunft, ob und wenn ja welche Tabakprodukte sie schon einmal ausprobiert hatten. Vier Jahre später wurden sie erneut befragt.
Dabei sei herausgekommen, schreibt das Wissenschaftlerteam um John Pierce von der University of California in San Diego im Fachmagazin »Pediatrics«: Bei Studienteilnehmern, die mehr als fünf verschiedene Tabakprodukte ausprobiert hatten, erhöhte sich das Risiko, später zu gewohnheitsmäßigen Rauchern zu werden, nochmals um 15 Prozentpunkte. Rund ein Drittel der Befragten zählte zu diesem Personenkreis; sie experimentierten beispielsweise mit E-Zigaretten, Wasserpfeife, Kautabak, Zigarren und ähnlichen Produkten.
In ihrem Beitrag legen die Studienautoren nahe, dass insbesondere die niederschwelligen – weil weniger gesundheitsschädlichen – E-Zigaretten eine Art Einstiegsdroge für die Nikotinsucht sind. Sie prognostizieren, dass in den nächsten Jahren die Zahl der gewohnheitsmäßigen Zigarettenraucher unter den jungen Erwachsenen steigen wird, eben weil viele als Jugendliche das Rauchen mit E-Zigaretten kennen gelernt hätten. Das Dampfen hat in den Vereinigten Staaten zuletzt stark an Beliebtheit gewonnen.
Kein ursächlicher Zusammenhang nachgewiesen
Reiner Hanewinkel vom gemeinnützigen Institut für Therapie- und Gesundheitsforschung in Kiel hält diese Annahme des Teams um Pierce für »plausibel«: E-Zigaretten würden ebenfalls Nikotin enthalten, das schnell zu Abhängigkeit führen könne, der Vorgang des Rauchens sei bei der E-Zigarette und ihrem klassischen Pendant nahezu identisch, und diese würden außerdem noch über identische Verkaufsstätten vertrieben. Um Kinder und Jugendliche zu schützen, sollte »sämtliche Werbung für E-Zigaretten, aber auch für Tabakerhitzer so schnell wie möglich eingestellt werden«, sagt er dem Science Media Center (SMC).
Ob der ursächliche Zusammenhang zwischen einem frühen E-Zigarettenkonsum und späterem klassischen Rauchen aber tatsächlich besteht, ist offen. Er geht jedenfalls statistisch gesehen nicht aus der aktuellen Studie von Pierce und Kollegen hervor. Alternativ könnte man annehmen, dass nicht das frühe Dampfen einen jungen Erwachsenen zum Raucher machen, sondern bestimmte Persönlichkeitseigenschaften oder das soziale Umfeld. All dies erhöhe dann nicht nur das Risiko für späteres Zigarettenrauchen, sondern gleichzeitig die Wahrscheinlichkeit, dass jemand im jungen Alter mit E-Zigaretten oder Tabak experimentiert.
Dass die Autoren und Autorinnen kaum versucht hätten, statistisch solche Störfaktoren zu kontrollieren, sei »erstaunlich«, sagt etwa Ute Mons von der Uniklinik Köln dem SMC. Das gehöre bei solchen Studien eigentlich zum Standard.
Wie ihr Kollege Daniel Kotz, Experte für Suchtforschung und klinische Epidemiologie am Universitätsklinikum Düsseldorf, hält sie die Ergebnisse der aktuellen Untersuchung in diesem Punkt für wenig aussagekräftig. Beide Fachleute verweisen darauf, dass anderen Studien zufolge die Zahl der jugendlichen Tabakraucher rückläufig ist, selbst dort, wo der Anteil der Dampfer wächst.
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