Astrochemie: Rätselhaft häufiges Stickstoffisotop auf Erde und Kometen
Stickstoff stellt Astronomen und Chemiker vor ein bisher ungelöstets astrochemisches Rätsel: Hier auf der Erde ist das Verhältnis vom schweren zu leichten Isotopen des Elements – also von den Atomen 14N zu 15N, das ein Neutron mehr im Kern aufweist – deutlich unterschiedlich. So finden sich etwa im Sonnenwind, interstellarem Staub oder der Jupiteratmosphäre – ja eigentlich fast überall im Universum, wo man danach gesucht hat –, deutlich geringere Anteile am schweren Isotop 15N als auf der Erde. Sorgt also irgend ein irdische Prozess dafür, dass sich das schwere Isotop hier anreichert? Rätselhafter noch macht das ganze ein Ausreißer: Außer auf der Erde findet sich die irdische Isotopenverteilung offensichtlich auch noch in Kometen, wie Proben des Kometenkerns von Wild-2 belegen, welche die Stardust-Sonde gesammelt hat. Brachten Kometen ihre ganz eigene Stickstoff-Isotopensignatur vielleicht auf die Erde?
Wohl nicht, meinen Forscher der University of California in San Diego mit einer neuen Hypothese, die nun alle Beobachtungen unter einen Hut bringen soll: Sie vermuten eher eine chemische Reaktion, die die Stickstoffisotopenverteilung schon im gemeinsamen Baumaterial von Kometen und Planeten verzerrt hat. Auslöser war dabei, so zeigen Experimente im Labor, hochenergetische Strahlung: Sie zerlegt Stickstoffmoleküle in zwei Stickstoffatome, wobei aber ein Molekül aus schweren Isotopen schneller zerfällt. Zudem verbinden sich die dabei frei werdenden 15N rascher mit Wasserstoff. So entstehen dann Ammoniak oder Amino-Verbindungen mit dem schweren Isotop und reichern sich an Staub an. Dieser strahlungsbedingte Prozess läuft zwar bis heute ab, sorgte aber vor allem im Material der protoplanetaren Scheibe schon früh im entstehenden Sonnensystem für die Anreicherung schwerer Isotope – die mit dem Baumaterial dann in Meteoriten, Kometen und Gesteinsplaneten gerieten. Objekte ohne solches Material – wie die Jupiterhülle etwa oder instellarer Staub, der nicht aus protoplanetarem, jüngst von einem entstehenden Stern bestrahlten Material stammt – zeigen dagegen das typische Stickstoffverhältnis mit geringerem Anteil schwerer Isotope.
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