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Weltraumforschung: Vagabundierende Satelliten bestätigen Einstein

Malheur als Chance: Dank dem Fehlstart zweier »Galileo«-Satelliten konnten Wissenschaftler nun eine bizarre Vorhersage von Einsteins Relativitätstheorie testen.
Galileo-Satellit

Die Mission gilt eigentlich als Fehlschlag: Im August 2014 setzte eine russische Rakete zwei Galileo-Navigationssatelliten 26 900 Kilometer über der Erde aus. Wie sich schnell herausstellte, hatte man den Zielorbit damit leider um 3000 Kilometer verfehlt. Statt im Kreis bewegen sich die Satelliten seitdem auf einer leicht eiförmigen Bahn um die Erde.

Ihrer eigentlichen Aufgabe, zusammen mit 25 anderen Satelliten ein europäisches Navigationsnetz aufzuspannen, können sie nach dem missglückten Start nicht mehr recht nachkommen. Physiker um Sven Herrmann von der Universität Bremen haben aber einen anderen Verwendungszweck für die Pechvögel gefunden: Mit den Satelliten lasse sich vorzüglich Einsteins allgemeine Relativitätstheorie testen, berichtet das Team im Fachmagazin »Physical Review Letters«.

Große Massen bremsen die Zeit

Laut Einstein vergeht die Zeit etwas langsamer, wenn man sich in der Nähe einer großen Masse befindet, Experten sprechen von gravitativer Zeitdilatation. Auf der Erde ist der Effekt winzig, aber prinzipiell messbar: Im Vergleich zu Uhren auf der Oberfläche gehen Zeitmesser an Bord von GPS-Satelliten täglich um 45 millionstel Sekunden vor, was die Uhren jedoch kompensieren.

In der Realität fällt der Unterschied zwischen Orbit und Erde etwas geringer aus, weil noch ein entgegengesetzter Effekt hinzukommt: Für schnell bewegte Objekte wie Satelliten vergeht die Zeit langsamer – eine andere Vorhersage von Einsteins spezieller Relativitätstheorie.

Für die gravitative Zeitdilatation gibt es bislang nur wenige Tests im Erdorbit. Der präziseste stammt aus dem Jahr 1976: Da packten zwei Forscher eine Atomuhr auf eine Rakete und schossen sie in eine Höhe von 10 000 Kilometern. In der Uhr werkelte ein so genannter Wasserstoff-Maser, ähnlich einem Laser gibt er maßgeschneiderte Strahlung ab. Solche Geräte basieren darauf, dass Atome in einem Gas wie ein Metronom zwischen zwei Energiezuständen hin- und herhüpfen.

Der Vergleich mit einer Uhr auf der Erdoberfläche bestätigte damals die Vorhersage der Relativitätstheorie mit einer Messungenauigkeit von 0,007 Prozent. Das Team um Herrmann hat nun mit Hilfe der vagabundierenden Galileo-Satelliten einen viermal so präzisen Wert ermittelt. Die modernen Navigationssatelliten tragen gleich vier Maser an Bord, mit denen sich die Zeit sehr genau erfassen lässt.

Da sich ihr Abstand von der Erde auf der Ellipsenbahn ständig ändert, ließ sich so der schwankende Einfluss der gravitationsbedingten Zeitdehnung exakt verfolgen. Zwischen dem höchsten und niedrigsten Punkt der Flugbahn ergab sich ein Unterschied von 0,37 millionstel Sekunden pro Tag, berichten die Forscher. Für ihre Studie haben sie Messdaten aus drei Jahren ausgewertet.

Das Ergebnis stimmt erneut hervorragend mit der Prognose der allgemeinen Relativitätstheorie überein. Für Physiker ist das auch eine Enttäuschung. Sie suchen seit Langem nach einer Situation, in der das Jahrhundertwerk eine falsche Vorhersage liefert. Solch eine Abweichung könnte letztlich dabei helfen, ein noch umfassenderes Weltmodell als das von Einstein zu bauen. Das ist nötig, um das Innere von Schwarzen Löchern oder den Urknall zu verstehen: Hier liefert die Relativitätstheorie keine sinnvollen Ergebnisse mehr.

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