Zoologie: Variabler Kilometerzähler
Die tänzerische Wegbeschreibung der Bienen zu lohnenden Futterplätzen hat mit nüchternem Kilometerzählen wenig gemein - sie schildern offenbar die wechselnden Reiseeindrücke, um ihren Stockgenossinnen die Orientierung zu geben. Langweiligen Seeüberquerungen widmen sie daher auch weniger Zeit als spannenden Überlandstrecken.
Rechts herum, links herum und dazwischen eifriges Wackeln mit dem Hintern – wohl kaum ein Tanz wurde bisher mit so viel Akribie untersucht wie der Schwänzeltanz der Bienen, mit dem die Tiere ihren Stockgenossinnen den Weg zu einer ergiebigen Futterquelle beschreiben. Und doch gibt er immer noch zahlreiche Rätsel auf. Denn die ursprüngliche Vermutung, dass die Nektarsammler die Entfernung zur süßen Belohnung schlicht am eigenen Energieverbrauch für die Strecke dorthin ausdrücken, hat sich nicht bestätigt.
So langsam kommen Forscher nun auch der Feinregelung des Odometers auf die Spur. So wissen sie inzwischen, dass die Nektarsammler nur ihren Grün-Rezeptor der Augen für die Entfernungsmessung verwenden, und dass Kontraste des Untergrundes eine entscheidende Rolle spielen. Doch wie robust reagiert der Wegmesser nun wirklich auf Umgebungseinflüsse?
Jürgen Tautz von der Universität Würzburg und seine Kollegen schickten ihre summenden Sechsbeiner nun aufs Wasser. Immer weiter entfernten sie eine Futterstation vom Bienenstock, setzten sie schließlich in ein Boot, das sie in regelmäßigen Schritten im See verankerten, bis es schließlich eine Insel erreichte. So gewöhnten sie die Kundschafter langsam aber sicher an die Strecke.
Bei dieser ganzen Prozedur hatten die Wissenschaftler noch zwei weitere Hintergedanken im Sinn: Wie gut würden die Bienen mit größeren Flugstrecken über Wasser zurecht kommen? Und würden sie ihre Stockgenossinnen erfolgreich zu einer Nahrungsquelle mitten auf einem See lotsen können?
Die erste Frage war schnell beantwortet: Wasserflüge – kein Problem. Die Forscher konnten Beobachtungen aus anderen Studien nicht bestätigen, wonach die kleinen Insekten über solchen Flächen an Höhe verlieren und letztendlich unfreiwillig baden gehen. Und auch die Antwort auf die zweite Frage fiel überraschend deutlich aus: Nein. Verlockender Nektar mitten auf dem See – davon konnten die trainierten Kundschafter, die jedes Versetzen der süßen Belohnung detailgenau und engagiert im Stock meldeten, ihre Artgenossinnen nicht überzeugen: So lange sich die Futterquelle auf dem Boot befand, versorgten sich die Sammlerinnen woanders.
Interessant wurde es jedoch, als sich das Boot langsam der Insel näherte: Denn nun waren die Bienen wieder zahlreich vor Ort und suchten schon vor der Ankunft eifrig die Ufergestade ab – als würden sie es erwarten. Vielleicht spielt hier tatsächlich die Erfahrung der Tiere eine Rolle: Futter mitten auf dem Wasser dürfte für sie einfach so unwahrscheinlich sein, dass sich ein Flug, selbst nur zur Überprüfung, nicht lohnt.
Doch die Forscher um Tautz nahmen vor allem die Tanzeinlagen der Kundschafter noch genauer unter die Lupe. Und dabei stellten sie fest, dass sich zwar tatsächlich mit zunehmender Entfernung der Futterquelle die Schwänzeleinlage verlängerte – aber nicht etwa kontinuierlich wie die Distanz, sondern abhängig vom Untergrund: Über Land wuchs die Dauer stärker an als über Wasser.
Bestätigt wurden die Ergebnisse durch ein weiteres Experiment, bei dem die Bienen diesselbe endgültige Entfernung bis zur Futterquelle zurücklegen mussten, nun aber keine Wasserflächen auf der Strecke hatten. Hier wuchs die Dauer des Schwänzelns viel gleichmäßiger – bis zum letzten Abschnitt: einem 200 Meter langen Fahrradweg, der nun ebenfalls nur wenig Abwechslung im Anblick bot.
Und was sorgte nun für die gebremste Tanzlust in diesen beiden Fällen? Wasser wirkt zwar eintönig, bekommt durch Wellen aber durchaus eine vielfältige Textur, die für Bienenaugen eine Rolle spielen könnte – tut sie aber offensichtlich nicht. Die Forscher schließen daher auf mangelnden Kontrast. So zeigten Bildanalysen der "langweiligen" und nur knapp wiedergegebenen Strecken, dass der Wert dort teilweise deutlich unter zwanzig Prozent lag – ein Wert, der bereits in anderen Studien als Schwelle für das Odometer aufgedeckt wurde.
Der optische Kilometerzähler der fleißigen Insekten ist also äußeren Einflüssen gegenüber relativ unempfindlich, wenn sie sich innerhalb bestimmter Grenzen bewegen. Daraus folgt aber auch, dass Entfernungsangaben im Schwänzeltanz recht ungenau werden können – allein schon Sonne oder Wolken lassen das Bild unter sich ganz anders erscheinen. Wieso finden die Sammler die süße Quelle dennoch? Vielleicht, so schließen die Wissenschaftler, kommt hier einmal mehr die Erfahrung ins Spiel – und die wegweisende Unterstützung der Kundschafter dann direkt vor Ort.
Neuere Untersuchungen, in denen Wissenschaftler die braun-gelben Brummer durch schwarz-weiß gemusterte Röhren schickten, brachten eine andere Messtechnik des "Odometers" ins Gespräch: den optischen Fluss. Er beschreibt die Abfolge von Bildern, die vor den Augen vorbeizieht, wenn sich jemand bewegt. Ist die Umgebung sehr abwechslungsreich, entsteht auch ein hoher optischer Fluss – und der äußert sich wiederum in einem ausdauernderen Tanz der Bienen. Zogen sie hingegen in ihrer Röhre über Längsstreifen dahin, signalisierten sie mit ihrem Schwänzeln eine wesentlich kürzere Distanz.
So langsam kommen Forscher nun auch der Feinregelung des Odometers auf die Spur. So wissen sie inzwischen, dass die Nektarsammler nur ihren Grün-Rezeptor der Augen für die Entfernungsmessung verwenden, und dass Kontraste des Untergrundes eine entscheidende Rolle spielen. Doch wie robust reagiert der Wegmesser nun wirklich auf Umgebungseinflüsse?
Jürgen Tautz von der Universität Würzburg und seine Kollegen schickten ihre summenden Sechsbeiner nun aufs Wasser. Immer weiter entfernten sie eine Futterstation vom Bienenstock, setzten sie schließlich in ein Boot, das sie in regelmäßigen Schritten im See verankerten, bis es schließlich eine Insel erreichte. So gewöhnten sie die Kundschafter langsam aber sicher an die Strecke.
Bei dieser ganzen Prozedur hatten die Wissenschaftler noch zwei weitere Hintergedanken im Sinn: Wie gut würden die Bienen mit größeren Flugstrecken über Wasser zurecht kommen? Und würden sie ihre Stockgenossinnen erfolgreich zu einer Nahrungsquelle mitten auf einem See lotsen können?
Die erste Frage war schnell beantwortet: Wasserflüge – kein Problem. Die Forscher konnten Beobachtungen aus anderen Studien nicht bestätigen, wonach die kleinen Insekten über solchen Flächen an Höhe verlieren und letztendlich unfreiwillig baden gehen. Und auch die Antwort auf die zweite Frage fiel überraschend deutlich aus: Nein. Verlockender Nektar mitten auf dem See – davon konnten die trainierten Kundschafter, die jedes Versetzen der süßen Belohnung detailgenau und engagiert im Stock meldeten, ihre Artgenossinnen nicht überzeugen: So lange sich die Futterquelle auf dem Boot befand, versorgten sich die Sammlerinnen woanders.
Interessant wurde es jedoch, als sich das Boot langsam der Insel näherte: Denn nun waren die Bienen wieder zahlreich vor Ort und suchten schon vor der Ankunft eifrig die Ufergestade ab – als würden sie es erwarten. Vielleicht spielt hier tatsächlich die Erfahrung der Tiere eine Rolle: Futter mitten auf dem Wasser dürfte für sie einfach so unwahrscheinlich sein, dass sich ein Flug, selbst nur zur Überprüfung, nicht lohnt.
Doch die Forscher um Tautz nahmen vor allem die Tanzeinlagen der Kundschafter noch genauer unter die Lupe. Und dabei stellten sie fest, dass sich zwar tatsächlich mit zunehmender Entfernung der Futterquelle die Schwänzeleinlage verlängerte – aber nicht etwa kontinuierlich wie die Distanz, sondern abhängig vom Untergrund: Über Land wuchs die Dauer stärker an als über Wasser.
Bestätigt wurden die Ergebnisse durch ein weiteres Experiment, bei dem die Bienen diesselbe endgültige Entfernung bis zur Futterquelle zurücklegen mussten, nun aber keine Wasserflächen auf der Strecke hatten. Hier wuchs die Dauer des Schwänzelns viel gleichmäßiger – bis zum letzten Abschnitt: einem 200 Meter langen Fahrradweg, der nun ebenfalls nur wenig Abwechslung im Anblick bot.
Und was sorgte nun für die gebremste Tanzlust in diesen beiden Fällen? Wasser wirkt zwar eintönig, bekommt durch Wellen aber durchaus eine vielfältige Textur, die für Bienenaugen eine Rolle spielen könnte – tut sie aber offensichtlich nicht. Die Forscher schließen daher auf mangelnden Kontrast. So zeigten Bildanalysen der "langweiligen" und nur knapp wiedergegebenen Strecken, dass der Wert dort teilweise deutlich unter zwanzig Prozent lag – ein Wert, der bereits in anderen Studien als Schwelle für das Odometer aufgedeckt wurde.
Der optische Kilometerzähler der fleißigen Insekten ist also äußeren Einflüssen gegenüber relativ unempfindlich, wenn sie sich innerhalb bestimmter Grenzen bewegen. Daraus folgt aber auch, dass Entfernungsangaben im Schwänzeltanz recht ungenau werden können – allein schon Sonne oder Wolken lassen das Bild unter sich ganz anders erscheinen. Wieso finden die Sammler die süße Quelle dennoch? Vielleicht, so schließen die Wissenschaftler, kommt hier einmal mehr die Erfahrung ins Spiel – und die wegweisende Unterstützung der Kundschafter dann direkt vor Ort.
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