Venenleiden: Was hilft gegen Krampfadern?
Knotig und dunkel schlängeln sich Krampfadern sichtbar unter der Haut. Bei jeder fünften Frau und jedem sechsten Mann sind sie besonders ausgeprägt. Die oftmals als unschön empfundenen Adern sind aber nicht allein von kosmetischer Relevanz. Die venösen Gefäße können mit der Zeit größer werden und Beschwerden verursachen. Wenn die Beine dick und schwer werden und die Haut sich verändert, ist der Arztbesuch dringend empfohlen.
Doch warum entstehen Krampfadern überhaupt? Was können Mediziner dagegen tun? Und warum macht Hitze die Beschwerden schlimmer? Hier erfahren Sie das Wesentliche über Erkrankung, Diagnose und Therapiemöglichkeiten:
Was sind Krampfadern?
Von Krampfadern spricht man, wenn Venen an der Hautoberfläche aussacken und dabei Knäuel bilden. Unter Fachleuten ist die Krankheit als Varikosis bekannt, die geweiteten Gefäße heißen Varizen. Häufig haben betroffene Menschen eine genetisch veranlagte Neigung dazu.
In den Gefäßen gibt es Venenklappen. Diese sollen als Sperre funktionieren und Blut nur in eine Richtung fließen lassen. Mit den Jahren jedoch werden die Klappen bei den meisten Menschen durchlässiger, bei entsprechender Veranlagung besonders stark. Dadurch versackt das Blut und staut sich vor allem in den Beinvenen. Die Wände der hautnahen Venen sind auf Dauer aber nicht auf größere Blutmengen ausgelegt. Ihre Wandspannung lässt nach, die Gefäße werden weit und beulen aus. Die Folge: Sie sind unter der Haut sichtbar.
Staut sich das Blut lange in den Beinvenen, werden Proteine und Wasser aus dem Gefäßinneren ins umliegende Bindegewebe gedrückt. Das Bein lagert Flüssigkeit ein und schwillt an. Die Wassereinlagerungen im Bein wiederum erhöhen den Druck auf die gesunden Gefäße, die das Bein mit Sauerstoffen und Nährstoffen versorgen. Mit der Zeit gehen die gesunden Venen deshalb kaputt; Haut und Gewebe fehlt es an Sauerstoff.
»Je mehr Schwangerschaften, desto schwerer ist das Venenleiden«Markus Stücker, geschäftsführender Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Phlebologie
Manchmal liegt die Ursache für das Venenleiden tiefer: Ist eine tief liegende Beinvene verengt oder verstopft, muss das Blut über Umwege aus den Beinen in Richtung Herz und Lunge fließen. Dabei gelangt es verstärkt in die oberflächlichen Venen, die sich durch die Mehrbelastung stark weiten.
Doch nicht nur die Gene bedingen, ob sich Krampfadern bilden. Vor allem Frauen haben ein größeres Risiko, Mütter ein noch höheres als andere Frauen, erklärt Venenarzt Markus Stücker, geschäftsführender Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Phlebologie. »Je mehr Schwangerschaften, desto schwerer ist das Venenleiden«, sagt Stücker. Ebenso treten Varizen vermehrt bei Frauen in den Wechseljahren oder bei Einnahme der Antibabypille auf, und auch die Lebensumstände sind relevant: »Je mehr man sitzt und steht, je weniger man sich bewegt und je schlechter die Beinmuskulatur trainiert ist, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass man typische Beschwerden in den Beinen bekommt«, erklärt der Arzt.
Arterie oder Vene?
Blutgefäße, die sauerstoffreiches Blut vom Herzen in alle Bereiche des Körpers transportieren, heißen Arterien. Als Venen bezeichnet man Gefäße, die sauerstoffarmes, verbrauchtes Blut wieder Richtung Herz und Lunge bringen. Eine Ausnahme bildet der Lungenkreislauf, denn hier ist es umgekehrt: Die Lungenarterie, die vom Herzen wegführt, ist sauerstoffarm, die Lungenvene bringt frischen Sauerstoff aus der Lunge mit. In Arterien herrscht ein größerer Druck als in Venen.
Größere Venen, zum Beispiel jene in den Beinen, sind mit Klappen ausgestattet, die verhindern, dass das Blut wieder zurückfließt. Die größte Arterie ist die Aorta, die vom Herzen in den Bauchraum führt. Die größte Vene des Körpers heißt Vena cava.
Jede Zelle wird mit Blut versorgt, indem sich das Blutgefäßsystem über feine »Arteriolen« und »Venolen« zu winzigen Kapillaren verzweigt, die den Übergang zwischen Venen und Arterien bilden. Insgesamt hat das Netz aus Blutgefäßen im ganzen Körper eines Menschen eine Länge von fast 100 000 Kilometern.
Wie unterscheiden sich Krampfadern und Besenreiser?
Besenreiser sind Aussackungen der kleinsten oberflächlichen Beinvenen und damit eine Unterform von Krampfadern. Der Name ist auf die Optik zurückzuführen: Besenreiser erinnern an fein verästelte Zweige. Ohne Begleitsymptome sind sie harmlos und höchstens aus ästhetischen Gründen störend. In Deutschland haben rund 60 Prozent aller Erwachsenen Besenreiser – Männer und Frauen gleichermaßen. Da die kleinen Venen mit steigendem Alter immer zerbrechlicher werden, treten Besenreiser bei älteren Menschen gehäuft auf.
Wann ist der Arztbesuch empfohlen?
Wenn die Beine sich schwer anfühlen, die Haut spannt und die Beinmuskeln nachts vermehrt krampfen, sollte man einen Arzt oder eine Ärztin für Venenheilkunde aufsuchen. Die Symptome werden typischerweise besser, wenn das Bein hochgelegt wird.
»Oft bleiben die Krampfadern über 10, 20 Jahre harmlos. Das hängt ein bisschen davon ab, wie dick sie eigentlich sind«Markus Stücker, Venenspezialist
»Ganz dünne Krampfadern sind häufig relativ ungefährlich, insbesondere, wenn die Stammvenen noch in Ordnung oder nur geringgradig beschädigt sind«, sagt Stücker. »Dann machen einzelne Krampfadern oft nichts aus.« Eine Therapie sei nötig, wenn entweder schon Beschwerden bestehen oder in nächster Zeit zu erwarten sind.
Ob das der Fall ist, verraten unter anderem die Gefäßdurchmesser verschiedener Venen. Die unterscheiden sich von Mensch zu Mensch und innerhalb des Gefäßsystems stark: Während man bei einem Millimeter Durchmesser der feinen Hautvenen von Besenreisern spricht, sind sechs bis sieben Millimeter für die Kniekehlenvene völlig normal. Die große Rosenvene, die längste Vene des Beins, sollte ab fünf Millimetern oder mehr behandelt werden. »Oft bleiben die Krampfadern über 10, 20 Jahre harmlos. Das hängt ein bisschen davon ab, wie dick sie eigentlich sind.«
Gefährliche Komplikationen
Krampfadern erhöhen das Risiko für Gefäßverstopfungen im Bein, den tiefen Venenthrombosen, um etwa das Fünffache. Ein Teil des Gerinnsels kann sich herauslösen, bis in die Lungengefäße wandern und eines von ihnen verschließen. Ist ein großes Lungengefäß betroffen, kann der als Lungenembolie bezeichnete Gefäßverschluss mitunter tödlich enden.
Sind Haut und Gefäßwand nach langjähriger Erkrankung deutlich geschwächt oder werden Krampfadern verletzt, können sie platzen. Da der Druck in der kranken Vene deutlich erhöht ist, blutet das Gefäß stark und muss umgehend ärztlich versorgt werden. Ein Druckverband stoppt die akute Blutung. Anschließend sollte die Krampfader verödet werden.
Chronische Hautkomplikationen scheinen dagegen erst einmal weniger dramatisch. Sie sind jedoch ein Anzeichen dafür, dass die Haut an einigen Stellen nicht mehr vernünftig mit Sauerstoff versorgt wird. Zunächst verfärben Eisenablagerungen die Haut bräunlich. Staut sich das Blut in den Beinen länger, reagiert die Haut mit juckenden Stauungsekzemen. Die schwerwiegendste Komplikation ist das offene Bein. Zumeist am Unterschenkel bildet sich ein nässendes Geschwür, das nur sehr langsam oder gar nicht mehr von allein abheilt. Weil die chronische Wunde eine Eintrittspforte für Bakterien darstellt, muss sie konsequent behandelt werden. Gegebenenfalls ist eine Hauttransplantation notwendig.
Wie gut sind Krampfadern zu behandeln?
Es gibt verschiedene Möglichkeiten. Die nichtoperativen Maßnahmen umfassen vor allem Therapiemethoden, die das Bein komprimieren, um den Blutfluss zu erleichtern. Dazu gehören das Tragen von Kompressionsstrümpfen, Venensport und die Lymphdrainage. Auch Venenmedikamente wie Rosskastanienextrakt können die Symptome lindern, indem sie die Gefäßwände der Venen weniger durchlässig machen.
Ärztliche Eingriffe zielen einerseits darauf ab, die Varizen zu beseitigen, indem das kranke Gefäß in einer Operation vollständig entfernt wird. Andererseits können Mediziner das Gefäß verschließen, ohne es herauszunehmen. Der Arzt kann ein Venengift in das kranke Gefäß spritzen, um es zu veröden. Oder er führt einen Schlauch, einen so genannten Katheter, in die Krampfader und schädigt die Varize von innen heraus mit Radiowellen oder einem Laser. Die kaputte Vene wird vom Körper anschließend mit Bindegewebe verschlossen.
Die Therapie legen Spezialisten mit den Patienten individuell fest. Welche Methode die beste für die Betroffenen ist, hängt unter anderem davon ab, wie dick die Varize ist. »Bei sehr dicken Venen ist häufig eine klassische Operation mit einem Leistenschnitt am sinnvollsten«, sagt Stücker. »Weniger ausgeprägte Befunde kann man ganz gut in örtlicher Betäubung mit einem Laser- oder Radiofrequenzkatheter behandeln.« Bei voroperierten Venenpatienten sei eine Operation mit zusätzlicher Verödung sinnvoll.
Auch, wie die Patientin zu einer Operation steht oder wie sie beruflich und privat eingebunden ist, ist zu berücksichtigen. Zwar würden invasive Methoden wie Katheterverfahren, Operationen und Verödungen die Lebensqualität stärker verbessern als eine reine Kompressionstherapie, sagt Stücker. Gerade für ältere Menschen, die keine Operation wünschen oder einen solchen Eingriff körperlich nicht aushalten, sind Kompressionsstrümpfe aber oft die beste Option.
Warum kommen die Krampfadern manchmal wieder?
Ab und an bildet sich erneut eine Varize. Ungefähr 10 bis 20 Prozent der Patienten bekommen innerhalb von fünf Jahren nach erfolgreicher Behandlung ein solches Rezidiv. Das könnte daran liegen, dass sich gesunde Venen im operierten Bereich in kranke Venen umwandeln, sagt Stücker. Mitunter gehe auch ein gelasertes Gefäß wieder auf. Zudem kann die Krankheit nach erfolgreicher Therapie an anderer Stelle fortschreiten. »Da kann es durchaus sein, dass Sie die Krampfader am rechten Bein wegoperieren lassen und ein Jahr später am linken Bein Krampfadern haben«, erklärt Stücker.
Chirurgische Eingriffe sind Laserbehandlungen deshalb aber nicht eindeutig überlegen. »Vor allem die modernen Lasertechniken haben – wenn überhaupt – nur eine gering höhere Rezidivrate«, sagt der Venenarzt.
Wie kann man Krampfadern vorbeugen?
Zwar ist gegen die eigene Veranlagung kaum etwas zu machen, aber Betroffene können beeinflussen, wie schnell die Krankheit fortschreitet. Regelmäßiges Muskeltraining kann beispielsweise helfen und Beschwerden lindern. Starke Beinmuskeln pumpen das Blut effektiv aus den krankhaften Venen heraus, so dass es nicht versacken kann.
Außerdem sollten Betroffene versuchen, starkes Übergewicht zu reduzieren. Ausgeprägtes Bauchfett drückt im Sitzen und Liegen die Becken- und Leistenvenen ab. »Dabei kommt es zu messbaren Einengungen der Venen und dann zu Hautkomplikationen bis hin zu offenen Beinen – allein durch den Druck des Bauchs«, erzählt Venenspezialist Stücker.
Regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen wie die Darmkrebsvorsorge oder den Kontrollbesuch beim Zahnarzt gibt es für Venenleiden nicht. Patientinnen und Patienten sollten für die Erkrankung sensibel sein, sagt Stücker. Jeder könne die eigenen Beine begutachten und neu aufgetretene Krampfadern beobachten. »Wenn so gar nichts am Bein zu sehen ist und keine Schwellung und kein Schweregefühl vorhanden sind, ist die Wahrscheinlichkeit extrem hoch, dass das Bein gesund ist. Da ist dann keine weitere Untersuchung erforderlich.«
Warum sind die Sommermonate besonders belastend?
Bei Hitze weiten sich die Blutgefäße von Armen und Beinen, so dass mehr Blut durch sie hindurchfließen kann. An der Hautoberfläche kühlt das warme Blut etwas ab, bevor es wieder zurück zur Körpermitte fließt. Die größeren Blutmengen in den Beinen stellen eine Belastung für die Venen dar; ihre Wände sind gedehnter und die Venenklappen schließen schlechter. Auch Menschen ohne Venenprobleme berichten dann, dass ihre Füße und Knöchel im Lauf eines heißen Tages leicht anschwellen. Bestehende Venenleiden verschlimmern sich: Die Beine lagern noch mehr Wasser ein, die Haut spannt stärker, das Gehen fällt schwerer.
Besonders in der Wärme verschaffen kalte Güsse Erleichterung. Wer kann, sollte im Alltag mehr laufen und liegen als sitzen und stehen. Und Menschen mit Kompressionsstrümpfen können diese befeuchten; die Verdunstungskälte lindert Beschwerden ebenfalls.
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