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Veränderliche Sterne: Das Blinzeln im Orion-Trapez

Vielen mag der Anblick des Sternentrapezes im Orionnebel vertraut sein. Doch bei einigen seiner Sterne schwanken die Helligkeiten. Sinken sie auf ihre minimalen Werte, staunt man ungläubig über den veränderten Anblick des Trapezes, denn dies kommt selten vor.
Der Trapez-Sternhaufen im Zentrum des Orionnebels
Es lohnt sich, mit einem Fernglas oder Teleskop im Sternbild Orion auf Entdeckungsreise zu gehen. Inmitten des berühmten Orionnebels Messier 42 befindet sich ein kompaktes Sternenquartett, das Orion-Trapez. Das Foto nahm der Amateurastronom Klaus Wenzel mit einer Digitalkamera an einem Newton-Teleskop mit 20 Zentimeter Öffnung auf.

Ein Höhepunkt jeder winterlichen Sternführung ist der Anblick des Orionnebels im Fernrohr. Die Erläuterungen des Sternführers, dass diese Himmelsregion eine Kinderstube junger Sterne sei, fördern das Bewundern. Die Staunenden erkennen dann auch mit bloßen Augen unterhalb der Gürtelsterne des Orions das unscharfe Leuchten des Nebels (siehe »Geheimnisse des Himmelsjägers«). Offenbar war dies vor der Erfindung des Fernrohrs nicht selbstverständlich, denn erst danach wurden der diffuse Lichtschein und die in ihm verborgenen Sterne von Beobachtern beschrieben.

Geheimnisse des Himmelsjägers | Die abwechslungsreiche Region südlich der Gürtelsterne des Orions wird von dem berühmten Orionnebel Messier 42 (M 42) und seinem nordöstlichen Nachbarn Messier 43 dominiert. Zudem gibt es hier mehrere offene Sternhaufen wie NGC 1980 und NGC 1981, deren junge Mitglieder aus den dort vorhandenen Gas- und Staubwolken entstanden. Eine besonders kompakte Ansammlung leuchtkräftiger Sterne verbirgt sich innerhalb der hellen Zentralregion des Orionnebels: das Trapez, das auch als Theta 1 Orionis (Θ¹ Ori) bezeichnet wird. Zur Aufnahme dieses Bildes nutzte Klaus Eltschka eine Canon EOS M5 an einem Teleskop vom Typ William Optics RedCat 51.

Der italienische Astronom Galileo Galilei (1564 – 1642) erwähnte den Nebel nicht; jedoch verzeichnete er in seinem Notizbuch von 1617 die hellen Sterne innerhalb des Orionnebels: Drei Sterne hat er darin dokumentiert; einen vierten hat er nicht gesehen. Im Jahr 1659 zeichnete der niederländische Physiker und Astronom Christiaan Huygens (1629 – 1695) die Figur mit einem vierten Stern und nannte sie Trapezium.

Die Entdeckung des Orionnebels wird heute dem französischen Gelehrten Nicolas-Claude Fabri de Peiresc zugeschrieben, der ihn im November 1610 beobachtete (siehe SuW 11/2010, S. 32). Die unter Amateurastronomen meist gebräuchliche Bezeichnung Messier 42 geht auf den französischen Forscher Charles Messier (1730 – 1817) zurück, der im 18. Jahrhundert einen Katalog von hellen, nebelhaften Objekten schuf, weil er sich für Kometen interessierte und Verwechslungen mit neu entdeckten Schweifsternen ausschließen wollte.

Kompaktes Sternenquartett

Das in den zentralen Bereich des Orionnebels eingebettete Trapez trägt die offizielle Bezeichnung Theta 1 Orionis (Θ¹ Ori). Die Sterne dieser markanten Figur repräsentieren den auffälligsten Teil eines Haufens aus massereichen, leuchtkräftigen Sternen. Einige von ihnen entstanden erst vor wenigen hunderttausend Jahren (siehe »Tief im Inneren«). Die jungen Sterne senden ein energiereiches Licht aus und regen hiermit das Gas der Umgebung zum Leuchten an. Viele weitere Sterne dieser Region sind weniger auffällig als das Trapez, weil sie sich noch tief innerhalb der Mutterwolke befinden, aus der sie sich bildeten. Da sie ihren Gleichgewichtszustand noch nicht erreicht haben, schwanken ihre Helligkeiten unregelmäßig. Sie werden als T-Tauri-Sterne bezeichnet (siehe SuW 6/2010, S. 38). Benannt wurden sie nach dem Prototyp dieser Klasse im Sternbild Stier (lateinisch: Taurus).

Tief im Inneren | Das Trapez ist in die Zentralregion des Orionnebels eingebettet. »Die Sterne sind jung, erst 300 000 Jahre alt, aber riesig mit 15 bis 40 Sonnenmassen. Der leuchtkräftigste Stern im Trapez ist Theta 1 Orionis C (Θ¹ Ori C), mit dem 40-Fachen der Sonnenmasse, dem achtfachen Sonnendurchmesser und einer Oberflächentemperatur von 45 000 Grad«, erläutert Günter Kleinschuster. Die Aufnahme gelang ihm mit einem Celestron C 11 und einer Kamera vom Typ ZWO ASI 2600MC.

Andere Sterne der Trapezregion zeigen hingegen einen sehr regelmäßigen Lichtwechsel. Sie erweisen sich bei genauerer Untersuchung als enge Doppel- oder Mehrfachsterne, deren Komponenten den gemeinsamen Schwerpunkt des Systems umlaufen. In der Trapezregion gibt es Mehrfachsterne mit bis zu sechs Begleitern. In einigen Fällen bedecken sich die Partner eines solchen Systems gegenseitig, wobei ein Helligkeitsrückgang zu beobachten ist. Zwei dieser Bedeckungsveränderlichen werden nun näher vorgestellt.

Versteckspiel im Nebel

Mittelgroße Amateurteleskope von 10 bis 15 Zentimeter Öffnung lassen im Bereich des Trapezes mindestens sechs Sterne erkennen: vier Sterne von fünfter bis achter Größe sowie zwei Sterne von elfter Größe. Sie werden als Θ¹ Ori A bis Θ¹ Ori F oder kürzer als A bis F bezeichnet. Die vier hellsten von ihnen bilden die namensgebende Figur (siehe »Veränderliche Sterne im Orion-Trapez«).

Veränderliche Sterne im Orion-Trapez | Die Karte oben zeigt ein Feld von drei Grad Kantenlänge um die Bedeckungsveränderlichen BM Orionis und V1016 Orionis im Sternbild Orion. Die scheinbaren Helligkeiten sind in zehntel Magnituden ohne Dezimalpunkt angegeben; beispielsweise bezeichnet »62« einen 6,2 mag hellen Stern. Die Detailkarte unten stellt die vier hellen Sterne des Trapezes sowie ihre lichtschwächeren Nachbarn E und F vergrößert dar. Beim Betrachten am Teleskop lassen sich die aktuellen Helligkeiten von V1016 Ori und BM Ori durch Vergleiche mit den Sternhelligkeiten der Übersichtskarte ermitteln.

Die eigentliche Überraschung innerhalb des Trapezes gelingt den Sternen A und B. Ihre Helligkeiten sind veränderlich, weshalb diese Sterne die zusätzlichen Bezeichnungen V1016 Orionis (V1016 Ori) beziehungsweise BM Orionis (BM Ori) tragen. BM Ori ist ein Bedeckungsveränderlicher: ein enger Doppelstern ähnlich dem berühmten Algol im Sternbild Perseus (siehe SuW 11/2022, S. 66). Auf den Lichtwechsel von BM Ori hat der Hamburger Astronom Hermann Fritz Goos (1883 – 1968) im Jahr 1918 hingewiesen. Alle 6,47 Tage sinkt die scheinbare Helligkeit von 7,9 auf 8,7 mag. Vom Beginn des Helligkeitsrückgangs bis zum Wiedererreichen der Normalhelligkeit vergehen insgesamt etwa 16 Stunden. Im Minimum bleibt die Helligkeit für etwa zwei Stunden konstant.

Den Lichtwechsel von V1016 Ori entdeckte Eckmar Lohsen von der Hamburger Sternwarte im Jahr 1975. Die scheinbare Helligkeit des Sterns sank im Minimum von 6,72 auf 7,65 mag. Die Periode des Lichtwechsels zu ermitteln, war keineswegs einfach, da sich der genaue Zeitpunkt eines Minimums nicht innerhalb einer Nacht festlegen lässt, sondern Beobachtungen in mehreren Nächten erfordert, die aufeinander reduziert werden müssen. Lohsen vermutete eine Periode von 196,25 Tagen oder einem Teil davon. Ein Drittel dieses Wertes erwies sich als richtig: 65,43 Tage. Auch in diesem Fall dauern die Minima insgesamt rund 16 Stunden, jedoch mit drei Stunden konstantem Licht im Minimum.

Bereits vor 30 Jahren hat der Heidelberger Astronom und SuW-Leserbriefredakteur Ulrich Bastian auf die seltenen Minima von V1016 Ori hingewiesen (siehe SuW 1/1995, S. 46). Visuelle Beobachtungen von Andreas Viertel in der Nacht vom 28. auf den 29. Dezember 1995 ergaben eine Lichtkurve (siehe SuW 10/1997, S. 868). Auch Otmar Nickel nahm den Stern in jener Nacht ins Visier. Er verfolgte die Helligkeitsschwankungen mit einer CCD-Kamera, ermittelte auf den Bildern die aktuellen Helligkeiten und erstellte eine Lichtkurve (siehe SuW 5/1996, S. 380).

Nur im Abstand von mehreren Jahren kommt es vor, dass die Minima beider Bedeckungssterne innerhalb derselben Nacht auftreten. Ein solches Ereignis wurde im Jahr 1997 angekündigt (siehe SuW 10/1997, S. 868): BM Ori sollte sein Helligkeitsminimum am 13. Oktober 1997 um 04:30 Uhr MEZ erreichen, V1016 um 08:30 Uhr MEZ. Zudem beobachtete der Amateurastronom Klaus Wenzel in der Nacht vom 11. auf den 12. Februar 2012 ein Minimum von V1016 Ori und bemerkte, dass auch BM Ori lichtschwächer war als sonst. Ein weiteres Doppelminimum trat in den Morgenstunden des Silvestertags 2019 ein: bei V1016 um 02:00 Uhr MEZ und bei BM Ori um 06:20 Uhr MEZ.

So geht es weiter

Schaut man in die nähere Zukunft, erscheint es kaum möglich, die tiefsten Minima von BM Ori und V1016 Ori im Lauf einer einzigen Nacht zu sehen und hierbei den veränderten Anblick des Orion-Trapezes zu bestaunen. Das schönste dieser Ereignisse ist leider bei Veröffentlichung dieses Beitrags schon Vergangenheit; es fand am 31. Oktober 2024 statt. Erst im Februar 2031 und im November 2032 gibt es zwei Nächte mit Helligkeitsminima in zeitlicher Nähe.

Dennoch gibt es für die Liebhaber des prominenten Orion-Trapezes bald etwas zu sehen, denn Anfang Januar 2025 finden die Helligkeitsrückgänge der beiden Sterne immerhin in zeitlicher Nähe statt. Nähere Angaben hierüber finden sich in der folgenden Tabelle. Darüber hinaus lassen sich Helligkeitsrückgänge von BM Ori zu den folgenden Zeiten beobachten: am 10. Januar 2025 um 21:30 Uhr MEZ, am 23. Januar 2025 um 20:10 Uhr MEZ und am 5. Februar 2025 um 18:40 Uhr MEZ.

Helligkeitsminima vom BM Ori und V1016 Ori | Die Tabelle gibt die Zeiten der Helligkeitsminima der Trapezsterne BM Ori und V1016 Ori an. Berücksichtigt wurden nur diejenigen Minima beider Sterne, die in zeitlicher Nähe zueinander auftreten. Zusätzlich zum bürgerlichen Datum wird für jedes Minimum das julianische Datum (JD) angegeben. Diese in der Astronomie übliche fortlaufende Tageszählung beginnt per Definition am Mittag des 1. Januar 4713 v. Chr.; Stunden und Minuten treten hierbei als Tagesbruchteile hinter dem Komma in Erscheinung. Ein Vorteil des julianischen Datums liegt darin, dass sich hiermit auf recht einfache Weise Zeitdifferenzen berechnen lassen, auch über viele Jahre hinweg.

Wer die julianischen Daten zukünftiger Minima, JDBM Ori und JDV1016 Ori, selbst berechnen möchte, kann hierfür die folgenden Formeln benutzen, die im BAV Circular der Bundesdeutschen Arbeitsgemeinschaft für Veränderliche Sterne e. V. (BAV) publiziert wurden:

JDBM Ori = 2452501,13 + 6,470533 × E
JDV1016 Ori = 2452501,54 + 65,433 × E

Jede dieser Gleichungen enthält zwei Zahlenwerte, die auch Elemente genannt werden. Der jeweils erste Wert (2452501,13 beziehungsweise 2452501,54) ist eine im Prinzip beliebige berechnete Minimumszeit innerhalb des verfügbaren Beobachtungszeitraums. Der jeweils zweite Wert (6,470533 beziehungsweise 65,433) ist die berechnete Periode in Tagen. E ist die so genannte Epoche: die ganzzahlige Nummer des jeweiligen Minimums, gezählt ab dem angegebenen julianischen Datum, der »Epoche null«.

Viel Glück beim Beobachten!

  • Quellen

Literaturhinweise

Bastian, U.: Ein Algolstern für Planetenfotografen. Sterne und Weltraum 1/1995, S. 46 – 47
Bastian, U.: Beobachtung der Verfinsterung von V1016 Ori. Sterne und Weltraum 5/1996, S. 380
Fritz, M.: Das Orion-Trapez – Blick in das Innere einer Sternenfabrik. Sterne und Weltraum 12/2016, S. 70 – 71
Fritz, M.: Der große Orionnebel. Sterne und Weltraum 12/2015, S. 68 – 69
Goos, F.: Veränderlichkeit des schwächsten der 4 Hauptsterne des Oriontrapezes. Astronomische Nachrichten 4945, 1918
Latussek, A.: Veränderlicher Orionnebel? Sterne und Weltraum 1/2011, S. 8
Lohsen, E.: Commision 27 of the IAU information bulletin on variable stars 988, 1975
Quester, W.: Ein seltenes Doppelminimum im Orionebel-Trapez. Sterne und Weltraum 10/1997, S. 868 – 869
Reichert, U.: Der Bedeckungsveränderliche BM Ori. Sterne und Weltraum 1/2015, S. 71
Siebert, H.: Die Entdeckung des Orionnebels. Historische Aufzeichnungen aus dem Jahr 1610 neu gesichtet. Sterne und Weltraum 11/2010, S. 32 – 42
Wenzel, K.: V1016 Ori und BM Ori – ein Doppelminimum im Trapez des Orionnebels. BAV-Rundbrief 3/2012, S. 159 – 160

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