Linguistik: Verbaler Wettbewerb
Alte Sprachen sterben aus, Eltern verstehen ihre Kinder nicht mehr, und bald spricht sowieso jeder nur noch Englisch. Wie schlimm es wirklich um die linguistische Vielfalt steht, wollen nun ausgerechnet Physiker mit Computersimulationen zur biologischen Evolution herausfinden.
Im Institut für theoretische Physik der Universität Köln spricht Adam "0000 0000". Mit dieser Folge von acht oder in manchen Experimenten auch 16 Nullen legen Christian Schulze und Dietrich Stauffer die Ursprache ihres Computermodells fest. An die Stelle jeder Null kann im Prinzip eine Eins treten, sodass sich insgesamt 256 beziehungsweise 65 536 verschiedene Sprachen entwickeln können. Allerdings nur unter ganz bestimmten Vorraussetzungen, mit denen die einfache Simulation ein wenig realitätsnäher gestaltet werden soll.
Regel Nummer eins ist, dass Adam und alle später auftretenden Personen sterblich sind und nur mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit die nächste Runde erreichen. Damit die Population nicht binnen kürzester Zeit ausstirbt, sondern sich fleißig vermehrt, produziert jeder simulierte Mensch pro Durchgang einen Nachkommen, der zunächst die gleiche Sprache nutzt. Nur in wenigen Fällen kommt es zu einer zufälligen Veränderung in der Folge von Nullen und Einsen – aus 0000 0000 wird zum Beispiel 0001 0000 oder 0000 0100. Jede Kombination steht für eine eigene Sprache, die gleichberechtigt ist und sich in der Population ausbreiten kann. Dafür sorgt zusätzlich eine weitere Formel, die den Wechsel einer erwachsenen Person zu einer anderen Sprache beschreibt. In der wirklichen Welt kann dies im Zuge eines Umzugs geschehen.
Das war schon der gesamte Regelsatz für die künstliche Welt der binären Sprachen. Er ist ähnlich aufgebaut wie die Simulationen der biologischen Evolution, in denen Arten aussterben oder sich neu entwickeln können. Runde um Runde ließen die beiden Kölner Physiker ihre virtuellen Personen durchlaufen, bis die Population rund zehn Millionen Individuen umfasste. Dann sahen sie sich an, ob es einen Zusammenhang gab zwischen der Sprachvielfalt und der Wahrscheinlichkeit, mit der eine Person die Sprache wechselt.
Tatsächlich war die simulierte Welt zweigeteilt. War die Tendenz zum Wechsel sehr schwach, entstanden zwar zunächst viele neue Sprachen, aber bald darauf verschwanden die meisten wieder. Nur etwa ein Dutzend blieb übrig, unter denen meistens die Ursprache dominierte. Dieses Ergebnis erinnert an die realen Schriften und Alphabete, deren Gesamtzahl auf der Erde nicht sehr hoch ist und die sich nur langsam verändern.
Änderten die virtuellen Personen dagegen leicht ihre Sprache, stieg die Vielfalt schnell an und blieb auf einem hohen Niveau, häufig erreichte sie sogar die theoretisch mögliche Maximalanzahl.
Liegt die Rettung der globalen Sprachenvielfalt also in ständig neuen, "voll krassen" Jugendsprachen? Oder sollten wir ab und zu unsere Hauptsprache wechseln? Ist das weltweite Aussterben kleiner Sprachen vielleicht nur Teil einer ganz normalen Entwicklung? Schulze und Stauffer stellen keine so weit reichenden Spekulationen an. Die Einordnung der Simulation obliegt letztlich den Linguisten, doch die müssen erst noch prüfen, welchen Wert derartige Computermodelle haben. Da bleibt noch genügend Zeit, inzwischen eine neue Fremdsprache zu lernen. Das lohnt sich schließlich immer.
Regel Nummer eins ist, dass Adam und alle später auftretenden Personen sterblich sind und nur mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit die nächste Runde erreichen. Damit die Population nicht binnen kürzester Zeit ausstirbt, sondern sich fleißig vermehrt, produziert jeder simulierte Mensch pro Durchgang einen Nachkommen, der zunächst die gleiche Sprache nutzt. Nur in wenigen Fällen kommt es zu einer zufälligen Veränderung in der Folge von Nullen und Einsen – aus 0000 0000 wird zum Beispiel 0001 0000 oder 0000 0100. Jede Kombination steht für eine eigene Sprache, die gleichberechtigt ist und sich in der Population ausbreiten kann. Dafür sorgt zusätzlich eine weitere Formel, die den Wechsel einer erwachsenen Person zu einer anderen Sprache beschreibt. In der wirklichen Welt kann dies im Zuge eines Umzugs geschehen.
Das war schon der gesamte Regelsatz für die künstliche Welt der binären Sprachen. Er ist ähnlich aufgebaut wie die Simulationen der biologischen Evolution, in denen Arten aussterben oder sich neu entwickeln können. Runde um Runde ließen die beiden Kölner Physiker ihre virtuellen Personen durchlaufen, bis die Population rund zehn Millionen Individuen umfasste. Dann sahen sie sich an, ob es einen Zusammenhang gab zwischen der Sprachvielfalt und der Wahrscheinlichkeit, mit der eine Person die Sprache wechselt.
Tatsächlich war die simulierte Welt zweigeteilt. War die Tendenz zum Wechsel sehr schwach, entstanden zwar zunächst viele neue Sprachen, aber bald darauf verschwanden die meisten wieder. Nur etwa ein Dutzend blieb übrig, unter denen meistens die Ursprache dominierte. Dieses Ergebnis erinnert an die realen Schriften und Alphabete, deren Gesamtzahl auf der Erde nicht sehr hoch ist und die sich nur langsam verändern.
Änderten die virtuellen Personen dagegen leicht ihre Sprache, stieg die Vielfalt schnell an und blieb auf einem hohen Niveau, häufig erreichte sie sogar die theoretisch mögliche Maximalanzahl.
Liegt die Rettung der globalen Sprachenvielfalt also in ständig neuen, "voll krassen" Jugendsprachen? Oder sollten wir ab und zu unsere Hauptsprache wechseln? Ist das weltweite Aussterben kleiner Sprachen vielleicht nur Teil einer ganz normalen Entwicklung? Schulze und Stauffer stellen keine so weit reichenden Spekulationen an. Die Einordnung der Simulation obliegt letztlich den Linguisten, doch die müssen erst noch prüfen, welchen Wert derartige Computermodelle haben. Da bleibt noch genügend Zeit, inzwischen eine neue Fremdsprache zu lernen. Das lohnt sich schließlich immer.
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