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Naturkatastrophen: Verbot Pakistan Veröffentlichung von Aufnahmen der Bebenregion?

Auf Druck der pakistanischen Regierung sollen zahlreiche öffentliche Internetseiten – beispielsweise der Vereinten Nationen und der Europäischen Union – Satellitenaufnahmen aus der Region des schweren Erdbebens vom 8. Oktober 2005 vorübergehend aus dem Netz genommen oder den Zugang mit einem Passwort beschränkt haben. Hintergrund sei, dass Kaschmir ein seit langem umkämpftes Gebiet zwischen Pakistan und Indien ist und Pakistan darum Sicherheitsbedenken hatte.

Pakistan hatte selbst drei Tage nach dem Beben um hoch aufgelöste Satellitenbilder der Katastrophenregion gebeten, um die Hilfseinsätze besser koordinieren zu können. Um diese Informationen auch verschiedenen Hilfsorganisationen zur Verfügung zu stellen, hatte die International Charter on Space and Major Disasters entsprechende Bilder letzten Freitag auf ihrer Homepage publiziert, sie jedoch nur Stunden später wieder heruntergenommen. Ein Sprecher des Konsortiums von Weltraumorganisationen, die eigens zur Bereitstellung solcher Aufnahmen und Daten nach Naturkatastrophen gegründet worden war, sagte dazu: "Um die Hilfe vor Ort am besten zu unterstützen, verbreiten wir keine Bilder das pakistanischen Bebengebietes mehr. Die Veröffentlichung der Aufnahmen würde die Hilfsanstrengungen der Vereinten Nationen vor Ort behindern. Wir bitten um Verständnis."

Ein Angehöriger des Konsortiums, der ungenannt bleiben möchte, erklärte jedoch, Pakistan habe gegen die Freigabe der Bilder protestiert, weil es die Sicherheit in der umkämpften Region beeinträchtige. Und da die Vereinten Nationen wie auch die anderen Hilfsorganisationen vor Ort auf die Unterstützung Pakistans angewiesen seien, habe es keine Alternative gegeben, als die Aufnahmen wieder zurückzunehmen.

Normalerweise machen internationale Organisationen wie die UN und die EU Satellitenbilder nach Katastrophen frei verfügbar. Nun aber mussten beispielsweise das ReliefWeb der UN, die Seite UNOSAT oder auch das AlertNet der Nachrichtenagentur Reuters die Aufnahmen wieder entfernen. Die Europäische Union führte einen Passwortschutz ein, um je nach Einzelanfrage Informationen freizugeben oder nicht.

Wie sehr dies die Arbeit lokaler Organisationen behindern kann, zeigt das Beispiel von Citizens Foundation, einer pakistanischen Organisation mit Sitz in Karachi, die Hilfspakete mit Zelten, Decken und Lebensmitteln in betroffene Regionen verschicken. Sie nutzen Satellitenbilder, um die Logistik zu planen, freie Transportwege zu suchen und isolierte Siedlungen aufzuspüren. Nachdem ihnen keine öffentlich zugänglichen Bilder mehr im Internet zur Verfügung standen, mussten sie eine wahre E-Mail-Lawine starten, um an die relevanten Informationen zu kommen, klagte Ayaz Abdulla, der sich um die Beschaffung der Internetinformationen kümmert.

Welche fundamentale Bedeutung Satellitenbilder bei der Katastrophenhilfe haben, zeigten die Beispiele des Tsunamis im Indischen Ozean und Hurrikan Katrina in den USA. Tausende von Webusern hatten damals relevante Satellitendaten aus dem Internet heruntergeladen und mit Hilfe geografischer Informationssysteme mit lokalen Daten aufbereitet. Auch im Falle des Bebens in Kaschmir hatten private Anwender lange vor den offiziellen Stellen schon erste Fernerkundungskarten des betroffenen Gebietes erstellt.

Der pakistanische Bann war jedoch nicht von Dauer: Zwischenzeitlich sind wieder Satellitenaufnahmen frei verfügbar, wie Internetrecherchen zeigen.

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