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Verbote: Regeln aufstellen, aber richtig

Wer anderen Vorschriften machen will, sollte sich die Formulierung gut überlegen. Schon eine einfache Verneinung verkompliziert die Sache unnötig.
Verbotsschild mit Abdrücken von nackten Füßen liegt auf grün bewachsenem Grund
Nicht betreten? Oder: nicht barfuß laufen? Auch ohne Worte können Verbote Fragen aufwerfen. (Symbolbild)

Bitte nicht den Rasen betreten! Manch einer tut es dann natürlich erst recht. Ein solches Verbot erschwert es allerdings auch denen, die sich eigentlich an die Regeln halten wollen. Zu diesem Schluss kommen Psychologen von der Universität Würzburg in der Fachzeitschrift »Cognitive Science«. Sie empfehlen: Nicht das unerwünschte Verhalten verbieten, sondern zum erwünschten Verhalten auffordern.

Robert Wirth und seine Kollegen konfrontierten ihre knapp 100 Versuchspersonen jeweils eine halbe Stunde lang mit einer von zwei Regeln: eine Bewegung auszuführen oder nicht auszuführen. Die Probanden sollten dazu ihren Finger auf dem Touchscreen eines Tablets von einer Startposition in der Mitte in eine der oberen Ecken bewegen. Die Instruktion lautete, sowohl schnell als auch korrekt zu reagieren.

Die erwünschte Bewegung gelang den Versuchspersonen auf ein Gebot hin besser als nach einem Verbot: Sie reagierten schneller und bewegten ihren Finger zielgenauer. Mit steigender Zahl an Wiederholungen gelang das bei den Verboten zwar zunehmend besser. Aber selbst nach einer halben Stunde pausenloser Übung reagierten sie noch langsamer auf ein Verbot – der Übungsgewinn war den Forschern zufolge vernachlässigbar. Mit den Wiederholungen besserten sich überdies lediglich die Reaktionszeiten, während die Bewegungen mit der Zeit ungenauer wurden. Offenbar änderten die Versuchspersonen mit der Zeit ihre Strategie, so die Interpretation der Psychologen.

Ihr Fazit: Verbote sind weniger effektiv als Gebote. Eine Verneinung ist in der Regel schwerer zu verstehen. Es können dabei paradoxe Effekte auftreten, ähnlich wie bei der Aufforderung, nicht an einen rosa Elefanten zu denken. Und es erfordert geistige Arbeit, das unerwünschte Verhalten zu hemmen und ein alternatives Verhalten zu finden. Bei einer affirmativen, also ein Verhalten bejahenden Vorschrift dagegen entsteht ein mentales Bild im Kopf, sofern das gewünschte Verhalten hinreichend konkret beschrieben ist.

Die Autoren räumen ein: In manchen Fällen könnten Verbote auch Vorteile haben, etwa wenn es zu viele erlaubte Alternativen gibt oder der Nachteil, der sich aus dem verbotenen Verhalten ergibt, besonders überzeugend ist. Unterm Strich sei es jedoch schwieriger, einem Verbot zu folgen – selbst wenn es bereits Hunderte von Malen befolgt wurde. An Stelle von »Bitte nicht den Rasen betreten« solle es deshalb besser heißen: »Bitte auf den Wegen bleiben«.

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