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Erdrotation: Verbrauchtes Grundwasser verschiebt den Nordpol

Die Menschheit pumpt so viel Grundwasser hoch, dass der Meeresspiegel steigt und sich die Erdachse verschiebt. Der Effekt ist der zweitwichtigste Faktor für die Wanderung des Nordpols.
Ein rotierender Globus mit verschwommenen Farben der Länder.
Die Masse der Erde wird permanent umverteilt. Gleich mehrere Effekte zerren die Erdachse in unterschiedliche Richtungen.

Die Erdrotation ist nicht absolut gleichmäßig. Selbst kleine Veränderungen der Masseverteilung an der Erdoberfläche, zum Beispiel durch Erdbeben oder schmelzende Gletscher, beeinflussen, wie schnell sich die Erde dreht und wo ihre Rotationsachse verläuft. Die Veränderungen sind winzig, aber man kann sie messen. Eine Arbeitsgruppe um Ki-Weon Seo von der Seoul National University in Korea hat nun den Einfluss des menschlichen Grundwasserverbrauchs auf die Polwanderung bestimmt. Wie das Team nun in der Fachzeitschrift »Geophysical Research Letters« berichtet, liefert die Entleerung der unterirdischen Wasserreservoirs den zweitwichtigsten Beitrag zur Verschiebung der Erdachse. Dadurch wandert der geografische Nordpol um 4,36 Zentimeter pro Jahr.

Die Masse der Erde wird permanent umverteilt. Gleich mehrere Effekte zerren die Erdachse in unterschiedliche Richtungen. So drängt der stärkste Einfluss, die nacheiszeitliche Landhebung auf der Nordhalbkugel, den Nordpol mit 6,74 Zentimetern pro Jahr in Richtung der grönländischen Westküste; das Schmelzen des grönländischen Eisschilds verschiebt ihn mit etwa der Hälfte dieser Rate in Richtung Zentralgrönland. Addiert man diese Einflüsse, zusammen mit den kleineren Effekten der schmelzenden Antarktis, Gebirgsgletschern und dem gespeicherten Wasser in Stauseen, ergibt sich eine Polwanderung von rund 7 Zentimetern pro Jahr in Richtung Grönland. Tatsächlich jedoch wandert der Nordpol anders – und zwar östlich in Richtung Island.

Auf der Suche nach dem Grund für diesen Umstand konzentrierte sich das Team um Seo auf das Grundwasser. Das wird nämlich derzeit auch massiv umverteilt. Klimamodelle deuten darauf hin, dass zwischen 1993 und 2010 insgesamt 2150 Gigatonnen Grundwasser in die Ozeane verteilt wurden und den Meeresspiegel um 6,24 Millimeter ansteigen ließen. Tatsächlich ist aber nur unzureichend bekannt, wie viel Grundwasser tatsächlich verloren ging – das lässt sich nur schwer messen. Hinweise liefern zum Beispiel die Grace-Satellien, die das Schwerefeld der Erde überwachen und damit Wasserschwankungen auf den Landmassen sichtbar machen.

Das Team um Seo nutzte nun die Verschiebung der Erdachse, um die aus anderen Quellen gewonnenen Werte für den Grundwasserverbrauch zu überprüfen. Denn die aus der Verlagerung der Wassermasse resultierende Bewegung des Nordpols sollte – zumindest theoretisch – die Differenz zwischen berechneter und gemessener Polwanderung ausgleichen. Tatsächlich ermittelte die Arbeitsgruppe, dass das seit 1993 umverteilte Grundwasser den Nordpol für sich genommen um insgesamt 78,48 Zentimeter verschieben würde – was sich in eine jährliche Bewegung von 4,36 Zentimeter in Richtung der russischen Arktisinsel Nowaja Semlja übersetzt. Dieser Wert addiert sich mit den anderen Beiträgen zu einer Polbewegung, die fast genau dem gemessenen Wert entspricht. Damit zeigt die Studie nicht nur die Bedeutung des Effekts für die Erdrotation, sondern bestätigt auch unabhängig die mit anderen Methoden berechneten Zahlen über den Grundwasserverlust und den daraus resultierenden Meeresspiegelanstieg.

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