Malakologie: Verdreht
Rechts oder links - für Schlammschnecken ist das eine wichtige Frage. Denn mit einem linksgewundenen Gehäuse klappt es beim Sex nicht mit dem rechten Nachbarn. Und diese Asymmetrie spiegelt sich auch im Gehirn wider.
Nur spiegelverkehrt, aber ansonsten vollkommen identisch: So erscheinen die beiden Hälften des menschlichen Gehirns von außen betrachtet. Doch schon lange wissen Hirnforscher, dass im Innern unseres Denkorgans eine mehr oder weniger strikt eingehaltene Gewaltenteilung herrscht. Sprache wird beispielsweise bei 95 Prozent der Rechtshänder und immerhin noch bei 70 Prozent der Linkshänder hauptsächlich von der linken Großhirnhemisphäre verarbeitet; die visuell-räumliche Orientierung findet dagegen meist rechts statt.
Diese Asymmetrie des Gehirns – auch zerebrale Lateralität genannt – ist individuell unterschiedlich ausgeprägt und kann auch zwischen den beiden Geschlechtern differieren. Daraus resultiert die verkürzte und damit die Wirklichkeit kaum widerspiegelnde Aussage, nach der Männer mit rechter Dominanz nicht zuhören und linksseitige Frauen nicht einparken können.
Das Schneckenhaus zwingt die Tiere zu einer eindeutigen Position: Die meisten geben sich rechtsorientiert; das Gehäuse dreht sich von oben aus gesehen im Uhrzeigersinn. Doch einige wenige Außenseiter sondern sich ab und winden sich links herum. Der amerikanische Genetiker Alfred Sturtevant (1891-1970) erkannte bereits in den 1920er Jahren, dass diese Gehäusevorlieben genetisch festgelegt sind. Sie werden von der Mutter vererbt, wobei die Rechtsdrehung dominant ist.
Wie in Schneckenkreisen üblich, handelt es sich bei Lymnaea stagnalis um Zwitter. Im Gegensatz zu den Weinbergschnecken, die sich gegenseitig begatten, übernimmt allerdings bei der Schlammschnecke ein Individuum den männlichen Part und klettert auf die Schale des Tiers, das sich für die weibliche Rolle entschieden hat. Dabei dreht sich das zeitweilige Männchen gegen den Uhrzeigersinn, um so die weibliche Geschlechtsöffnung zu erreichen. Trifft nun ein spiegelverkehrtes Liebespaar aufeinander, dann klappt das oft nicht, und dem frustrierten Schneckenmann bleibt nichts übrig, als unverrichteter Dinge auf seiner Schleimspur von dannen zu ziehen. Daher lassen sich rechtsgewundene Schnecken meist mit ihresgleichen ein, während ihre Spiegelbilder ebenfalls vorzugsweise unter sich bleiben.
Nach der Offenbarung des spiegelverdrehten Sexualverhaltens analysierten die Schneckenforscher das Gehirn ihrer Versuchstiere.
Nun wollen die Wissenschaftler nicht gleich behaupten, dass manch eine Schlammschnecke Kommunikationsprobleme hat, während eine andere schlecht einparken kann. Doch immerhin zeigt sich, dass eine zerebrale Lateralität, die das Verhalten maßgeblich beeinflusst, nicht auf Wirbeltiere beschränkt ist.
"Es überrascht mich immer wieder, wie die Forschung an einer schlichten Schlammschnecke zum Verständnis über die Arbeitsweise unseres eigenes Gehirns beitragen kann", meint Davison. "Viele neue Forschungsergebnisse, nicht nur aus meinem Labor, zeigen, dass das Gehirn – sei es vom Menschen, von einem Fisch oder von einem Wirbellosen – nur dann funktioniert, wenn die beiden Hirnhälften gesonderte Aufgaben übernehmen. Wenn diese Spezialisierung mehrfach in der Evolution entstanden ist, scheint sie für Tiere sehr wichtig zu sein."
Diese Asymmetrie des Gehirns – auch zerebrale Lateralität genannt – ist individuell unterschiedlich ausgeprägt und kann auch zwischen den beiden Geschlechtern differieren. Daraus resultiert die verkürzte und damit die Wirklichkeit kaum widerspiegelnde Aussage, nach der Männer mit rechter Dominanz nicht zuhören und linksseitige Frauen nicht einparken können.
Was hat das mit der Spitzhorn-Schlammschnecke zu tun? Sehr viel, meint Hayley Frend. Die Biologin, die in der Arbeitsgruppe von Angus Davison an der University of Nottingham forscht, interessierte sich zunächst für das Paarungsverhalten von Lymnaea stagnalis. Die zu den Wasserlungenschnecken gehörende Spezies zählt zu den häufigsten Weichtieren unserer Süßgewässer und fühlt sich in zahlreichen Teichen, Tümpeln und langsam fließenden Bächen wohl.
Das Schneckenhaus zwingt die Tiere zu einer eindeutigen Position: Die meisten geben sich rechtsorientiert; das Gehäuse dreht sich von oben aus gesehen im Uhrzeigersinn. Doch einige wenige Außenseiter sondern sich ab und winden sich links herum. Der amerikanische Genetiker Alfred Sturtevant (1891-1970) erkannte bereits in den 1920er Jahren, dass diese Gehäusevorlieben genetisch festgelegt sind. Sie werden von der Mutter vererbt, wobei die Rechtsdrehung dominant ist.
Rechts oder links – sollte das den Schnecken nicht egal sein? Im Alltag des Fressens oder Gefressenwerdens vermutlich schon. Doch beim Geschlechtsakt stoßen die falsch gewundenen Schnecken auf ein technisches Problem, wie die Forscher um Davison beobachten konnten, als sie jungfräuliche rechte und linke Schnecken aufeinander losließen.
Wie in Schneckenkreisen üblich, handelt es sich bei Lymnaea stagnalis um Zwitter. Im Gegensatz zu den Weinbergschnecken, die sich gegenseitig begatten, übernimmt allerdings bei der Schlammschnecke ein Individuum den männlichen Part und klettert auf die Schale des Tiers, das sich für die weibliche Rolle entschieden hat. Dabei dreht sich das zeitweilige Männchen gegen den Uhrzeigersinn, um so die weibliche Geschlechtsöffnung zu erreichen. Trifft nun ein spiegelverkehrtes Liebespaar aufeinander, dann klappt das oft nicht, und dem frustrierten Schneckenmann bleibt nichts übrig, als unverrichteter Dinge auf seiner Schleimspur von dannen zu ziehen. Daher lassen sich rechtsgewundene Schnecken meist mit ihresgleichen ein, während ihre Spiegelbilder ebenfalls vorzugsweise unter sich bleiben.
Nach der Offenbarung des spiegelverdrehten Sexualverhaltens analysierten die Schneckenforscher das Gehirn ihrer Versuchstiere.
"Es überrascht mich immer wieder, wie die Forschung an einer schlichten Schlammschnecke zum Verständnis über die Arbeitsweise unseres eigenes Gehirns beiträgt"
(Angus Davison)
Dabei zeigte sich, dass sich die Asymmetrie des Gehäuses – und damit des Liebeslebens – auch dort wiederfindet: Statt eines Großhirns, wie wir es von Säugern kennen, besitzen die Weichtiere Ganglien, die sich ringförmig um die Speiseröhre gruppieren. Bei den rechtsgewundenen Spitzhorn-Schlammschnecken ist nun das rechte Parietalganglion mit dem Visceralganglion verschmolzen; die linken Schnecken halten es umgekehrt. (Angus Davison)
Nun wollen die Wissenschaftler nicht gleich behaupten, dass manch eine Schlammschnecke Kommunikationsprobleme hat, während eine andere schlecht einparken kann. Doch immerhin zeigt sich, dass eine zerebrale Lateralität, die das Verhalten maßgeblich beeinflusst, nicht auf Wirbeltiere beschränkt ist.
"Es überrascht mich immer wieder, wie die Forschung an einer schlichten Schlammschnecke zum Verständnis über die Arbeitsweise unseres eigenes Gehirns beitragen kann", meint Davison. "Viele neue Forschungsergebnisse, nicht nur aus meinem Labor, zeigen, dass das Gehirn – sei es vom Menschen, von einem Fisch oder von einem Wirbellosen – nur dann funktioniert, wenn die beiden Hirnhälften gesonderte Aufgaben übernehmen. Wenn diese Spezialisierung mehrfach in der Evolution entstanden ist, scheint sie für Tiere sehr wichtig zu sein."
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