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Optik: Verkehrte Welt im Kunstkristall

Polizei
Den Dopplereffekt kennt wohl jeder aus dem Alltag – wenn auch vielleicht nicht unter diesem Namen: Nähert sich ein Polizeiauto schnell, klingt das Martinshorn hoch, entfernt sich der Wagen, klingt es deutlich tiefer. In den 1960er Jahren sagte der russische Physiker Victor Veselago voraus, dass es auch das umgekehrte Phänomen gebe – einen inversen Dopplereffekt. Nun haben chinesische Physiker tatsächlich erstmals in einem so genannten photonischen Kristall einen inversen Dopplereffekt mit Licht beobachtet: Beim Beobachter kommt eine größere Lichtfrequenz an, als die Lichtquelle aussendet, wenn sich diese vom Beobachter entfernt und umgekehrt – was übertragen auf Schall einem höheren Ton entspräche, wenn sich ein Auto vom Passanten wegbewegt.

Zu Zeiten Veselagos konnte der Effekt nicht experimentell getestet werden, da er nur in künstlichen Materialien auftreten sollte, die es damals noch nicht gab, etwa in Werkstoffen mit einem negativen Brechungsindex. Diese brechen im Gegensatz zu natürlichen Materialien Licht "umgekehrt". Inzwischen haben Physiker jedoch solche Substanzen wie zum Beispiel photonische Kristalle hergestellt. Den inversen Dopplereffekt nachzuweisen, gelang allerdings bis zu den Versuchen von Jiabi Chen von der University of Shanghai for Science and Technology und Co. bislang wegen der damit verbundenen experimentellen Probleme noch nicht.

Die Wissenschaftler bauten einen photonischen Kristall mit negativem Brechungsindex aus Siliziumstäbchen mit je rund einem Mikrometer Durchmesser und 50 Mikrometer Länge, die parallel zueinander stehen wie Grashalme eines Rasens. Die Forscher sendeten mit einem Laser Infrarotlicht auf den rautenförmigen Kunstkristall, das senkrecht zu einer der vier Kanten des Kristalls eindrang, ihn durchquerte, im spitzen Winkel auf eine zweite Kante traf, dort gebrochen wurde und wieder austrat, wo ein Detektor den Strahl auffing. Der Kristall stand dabei auf einer fahrbaren Bühne, die senkrecht zum Strahl bewegt wurde. Dadurch wuchs der Weg, den der Strahl durch den Kristall zurücklegte, stetig an. Die Lichtquelle entfernte sich also vom Beobachter, was zu einer kleineren Frequenz hätte führen müssen. Mit einem komplexen interferometrischen Verfahren maßen die Forscher jedoch das Gegenteil: Die Frequenz nahm zu. (cm)

  • Quellen
Nature Phot. 10.1038/NPHOTON.2011.17, 2011

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