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Urbanisierung: Verplante Planstädte

Wir leben im Zeitalter des Stahlbetons. Nie zuvor errichtete die Menschheit derart viele Städte – und achtete so wenig auf sich selbst. Das urbane Scheitern droht.
Planstadt

1980, Europa: Ein paar klapprige Traktoren fahren über unplanierte Äcker. Irgendwo in den Südregionen durchforsten verstreute Landarbeiter knorrige Olivenhaine. Dörfer und Gehöfte sind der Lebensmittelpunkt, Städte kennt keiner. 2020, Europa: Durch gewaltige Hochhausschluchten ergießt sich ein unendlicher Strom glänzender Vehikel. Das Meer an Häusern geht nahtlos in den Horizont über. Zu den Südmetropolen schießt im Minutentakt eine Armada aus Schnellzügen. Stuttgart 21 ist schon lange abgeschlossen – in 20-facher Ausfertigung. Megametropolen sind der Lebensmittelpunkt, Dörfer kennt keiner.

Das Szenario klingt unrealistisch, abgehoben, ausgedacht? Ja klar, für Europa. Anderswo ist es Realität geworden: in China. Der Weltbank zufolge sind dort in weniger als 40 Jahren aus 558 Millionen Einwohnern Städter geworden. Je nach geografischer Auslegung ist das (fast) die ganze Bevölkerung unseres Kontinents. Geschehen ist das während eines zeitgeschichtlichen Fingerschnippens. Es ist eine gewaltige, von langer Hand kalkulierte urbane Leistung. Willkommen im Zeitalter der Planstädte!

Aus der Asche

Dass sich in China vergleichsweise wenige Metropolen organisch bildeten, ist der wechselvollen Geschichte des Riesenreichs anzulasten. Die Kurzversion: Eine verschlafene industrielle Revolution, westlicher Kolonismus, Warlords, ein Bürgerkrieg (1927-1949) und der japanische Überfall (1937-1945) verheeren Chinas Städte und Wirtschaft. Abermillionen fliehen aufs Land, das zum Fixstern in der Ideologie der siegreichen Kommunisten um Mao Zedong wird. Der Urbanismus wird verpönt.

Das änderte sich mit Maos Ableben 1976, als die neue Führungsriege unter Deng Xiaoping die Weichen zum heute bekannten staatlichen Turbokapitalismus stellte. Er sollte in einer neuen Ära münden: dem urbanen Wilden Westen im Fernen Osten. Zunächst aber war China faktisch pleite – und statt zu investieren, lockerte der Staat seinen Zugriff in Experimentalstädten wie Shenzhen oder Guangzhou. Will heißen: Sozialistische Gesetze wurden umgangen – und nicht nur die.

»Der Deal war, dass regionale Führungseliten Megastädte bauten und darüber Geld generierten – im Gegenzug füllten diese damit ihre Taschen. Im Grunde war das illegal, aber es hat fantastisch geklappt«, erklärt Wade Shepard, Buchautor von »Ghost Cities of China«, Journalist und Experte für chinesische Stadtentwicklung. Er beschreibt eine Art gelenkter Korruption: »Ökonomisches Wachstum entstand aus dem Nichts«, so Shepard. Das Phänomen hat als »China Paradoxon« Einzug in die Ökonomieforschung gehalten und wird lebhaft diskutiert. Denn galt nicht als bewiesen, dass Korruption die Wirtschaft lähmt?

»Selbst die Regierung wusste zwischenzeitlich nicht, wie viele Metropolen gebaut wurden«
Wade Shepard

Jedenfalls griff das Prinzip in der Folge auf ganz China über, auch mittels Infrastruktur. »Der Staat konstruierte tausende Highways und mehr als 28000 Kilometer Schnellzugstrecke, dazu hunderte Bahnhöfe«, sagt Shepard. Wie einst die USA im 19. Jahrhundert erschloss China sein Hinterland – im Eiltempo. »Es war dann an den lokalen Behörden, die ›weißen Stellen‹ an den strategischen Knotenpunkten aufzufüllen. Sie erhielten dafür eine Art Carte Blanche.« So begann mit sino-autokratischer Akribie der gewaltigste Verstädterungsprozess der Menschheitsgeschichte. »Zwischen 2000 und 2015 entstanden hunderte Metropolen. Selbst die Regierung wusste zwischenzeitlich nicht, wie viele gebaut wurden«, sagt Shepard.

Profit als Lead-Designer

Zurück nach Europa, wo die Medienlandschaft sich ein eigenes Bild von Methode und Tempo der chinesischen Turbo-Urbanisierung zu machen begann. Typischerweise folgten Reportagen über chinesische Geisterorte: Orte, die zu schnell gewachsen waren, als dass sich Leben hätte einnisten können. Orte, dysfunktional und verplant. So hieß es.

Kunststadt Brasilia | Die Plankapitale Brasilia galt in den 1960er Jahren als fantastischer Entwurf des Architekten Oscar Niemeyer: eine Metropole mit dem Grundriss eines Flugzeugs. Praktische Bedürfnisse hatten dabei nicht durchgehend oberste Priorität.

Zum Paradeexempel wurde oft Zhengdong erklärt, ein Trabant der Provinzkapitale Zhengzhou, an dem sich in der Tat die Geister scheiden. Vor nicht einmal 20 Jahren war diese Metropole kaum mehr als eine Idee. Eine ziemlich abenteuerliche, irgendwie typisch chinesische Idee: Küstenstädte wie Shenzhen oder Shanghai hatten gewaltig an Bedeutung gewonnen, Zentralchina drohte zurückzufallen. Also bedurfte es einer ebenso gewaltigen Antwort: Zhengdong, 150 Quadratkilometer groß. Das ist so, als ob man Mailand einfach noch mal bauen würde. Und zwar direkt neben Mailand, nur etwas größer.

Wie Kinder in zu großen Kleidern – aus Stahlbeton

Zhengdong machte zunächst architektonisch auf sich aufmerksam. Die Stadt heuerte den Stararchitekten Kishou Kurokawa an, der einen riesigen See mit Grünzone ins urbane Herz designte. Zudem bediente er sich – für chinesische Neustädte eher selten – geschwungener Linien. Ein klarer Kontrast zum quadratisch segmentierten Einheitsbrei vieler Kontrahenten, was der Weltarchitektenkongress 2002 in Berlin prämierte. Das klang so, als ob nichts schiefgehen konnte. Aber es ging schief.

Einer Studie des Hong Konger Urbanisten Charlie Xue zufolge hatten die Planer mehrfach an der Realität vorbei designt. Den See begrenzte eine achtspurige Ringbahn, der Zugang für Einwohner war nicht gegeben, der Erholungseffekt damit passé. Das aquatische Refugium gab im extrem wasserarmen Zentralchina sowieso ein eher unerfreuliches Bild der Verschwendung.

Das Herz von Zhengdong | Der Stararchitekt Kishou Kurokawa designte im Zentrum der Trabantenstadt Zhengdong nicht nur hohe Bürotürme, sondern durchaus auch eine spektakuläre Parklandschaft. Wenig durchdacht blieb die achtspurige Ringbahn, die sich als natürliche Barriere zwischen Erholungssuchende und grüne Oase schiebt.

Größter Nachteil jedoch: Zhengdongs Grundstückpreise. Die hatten sich seit Beginn des Projektes verzehnfacht, was man vom Durchschnittslohn in Henan nicht sagen konnte. Einwohner und Zugezogene blieben also lieber in Zhengzhou, dessen Einwohnerzahl sich verdoppelte. War Zhengdong also gescheitert, ein Zeugnis chinesischer Hypokrisie und Grund für westliches Besserwissertum? Dazu gibt es natürlich eine chinesische Sichtweise. Und die hat durchaus ihre Logik, berichtet Shepard: »Ein Stadtplaner von Zhengdong fragte uns: ›Nennen die Leute im Westen das hier wirklich Geisterstadt? Ihr seid doch nicht echt so blöd, oder? Das hier ist neu, keine zehn Jahre alt – und hier leben bereits eine Million Leute‹«. Gern werde übersehen, dass Städte wie Zhengdong in einem Zeitrahmen von 20, 30 Jahren gedacht sind, so Shepard: »Sie jetzt zu beurteilen, ist falsch. Denn jetzt sind sie natürlich zu groß«.

Urbanes Wettrüsten

Wahr ist allerdings auch: Viele der Apartments wurden verkauft – und stehen trotzdem leer. Investoren benutzen sie als Wertanlage ohne Wohnabsicht. Früher verwandelten sich Orte in Geisterstädte, wenn Gold und Geld verschwanden – heute, wenn selbiges Einzug hält.

Auch die Stadtoberen hatten solche Probleme erkannt. Genauer gesagt: die neuen Stadtoberen. In China, wo die Amtsinhaber schnell wechseln und alle paar Jahre weiterbefördert werden wollen, müssen sie sich ständig profilieren. Das geht natürlich durch prestigeträchtige Großprojekte – die dem Volk nicht einmal gefallen müssen, denn das wählt schließlich nicht. Für die eigene Profilierung sind allerdings auch die Probleme und Versäumnisse der Vorgänger bestens geeignet. In diese Lücke stieß man und lockte Firmen wie den den Apple-Zulieferer Foxconn an, holte so mehr als 200 000 Jobs nach Zhengdong und schuf – bei allen dokumentierten Problemen der Firma in puncto Arbeitsbedingungen – zumindest ein paar Sozialmaßnahmen. Der urbane Motor in Henan läuft damit zwar nicht unbedingt rund, steht aber immerhin auch nicht still.

Von anderen Orten kann man das nicht behaupten. Laut einer Studie von Li Mingye von der Universität Rio de Janeiro werden von der chinesischen Regierung höchstselbst rund 50 Städte als Geisterorte gesehen. Sie stehen nicht in der überregionalen Wahrnehmung, denn sie logieren in der dritten oder vierten Kategorie des national wichtigen, von der »Southern China Morning Post« begründeten urbanen Ranking-Systems.

Hier möglichst weit oben zu sein, ist entscheidend – und nicht in der obersten Kategorie zu stecken, ist eine Schmach. Bewertet und bezuschusst werden die Stadtregierungen dabei nach streng ökonomischen Gesichtspunkten von der Zentralregierung: Es zählt Profit, BIP, Investment. Höher, schneller, weiter. Im Jahr 2012 beanspruchten von 660 großen Stadtprojekten 183 den Claim einer internationalen Weltmetropole.

Einer der ruhmlosen Kategorie-3-Orte ist dagegen Changzhou in der Provinz Jiangsu. Was sich nach einer Stadt wie Osnabrück anhört (und in China auch etwa diesen Stellenwert hat), ist eine Metropole von der Dimension Berlins. Auch Changzhou wollte im Rennen nach Prestige in die Haute Catégorie des Southern-China-Morning-Post-Rankings vorstoßen und setzte auf das übliche Werkzeug: Wachstum. Indem die Stadt Bauern zwang, günstig Land abzugeben, um es dann selbst zu veräußern, generierte die Stadt mehr als ein Viertel des Profits. Für selbigen pflasterten die Käufer wiederum den Baugrund mit riesigen Hochhaussiedlungen – ganz nach den hyperfunktionalen Vorgaben der Pekinger Regierung. Das technokratische Anreizsystem transformierte die Städte in Midaskolosse: Alles Land, was sie anfassten, verwandelte sich in Betongold.

Hochhausfronten in Changzhou | Hauptsache bauen – viel bauen: An diesem Motto versuchte sich der chinesische »Kategorie-3-Ort« Changzhou in der Provinz Jiangsu. Heraus kam eine Planstadt, die sich aussichtsreich um das Adjektiv »gescheitert« bewirbt.

In Changzhou wurde, so Forscher Mingye, der Druck zudem an untere Ebenen weitergegeben. Und die lieferten: Acht miteinander konkurrierende Planungseinheiten ließen zwischen 2008 und 2014 ein Flickwerk schlecht verbundener Hochhausinseln heranwachsen, das am Ende die Fläche von einem Zehntel Bodensee betonierte – und leer steht. Die Viertel wurden zu riesigen, Land fressenden Wachstumsmaschinen, die am Bedarf vorbeischaufelten. Anders als bei Vorzeigeprojekten wie Zhengdong taten sie es außerdem erfolglos – und schaufelten eben deshalb auf der hoffnungslos verlorenen Jagd nach Prestige noch lange weiter und weiter.

Hotspot Afrika

Global betrachtet ist die scheiternde Planstadt Changzhou nichts Besonderes: In Arabien, besonders aber in Afrika findet man ihre Replikate. Anders als in China ist dort der Bevölkerungsdruck oft groß. Der UN zufolge werden 2050 1,3 Milliarden Menschen zwischen Tanger und Kapstadt in Metropolen wohnen. Zur Erinnerung: Das ist ganz Europa, mal zwei.

In Afrika spielt mittlerweile auch China eine bedeutende Rolle. Das Reich der Mitte verdoppelte laut UN 2016 in fünf Jahren sein komplettes Investment und ist somit viertstärkster Finanzier des Kontinents. Allerdings: »Es ist aber nicht so, dass China Afrika neu baut«, sagt Rachel Keeton, Forscherin zu Stadtentwicklung an der TU im niederländischen Delft. Keeton hat sich in jüngerer Zeit auf neue Städte Afrikas spezialisiert, demnächst erscheint ihr Buch »To build a city in Africa«. Chinesische Firmen seien oft die billigsten Bewerber, so Keeton, »ein komplett chinesisches Projekt gab es aber bislang nur in Kilamba in Angola.« Dort entstand zunächst eine Geisterstadt altbekannten Typs: Streng geometrisch getaktet reiht sich Hochhausblock an Hochhausblock. Kilamba ist eine mathematisch präzise Kampfansage des Anthropozäns an die Linien der Natur.

Zum Problem wurde hier jedoch etwas anderes: »Es gab kein vernünftiges Kreditsystem. Die Leute konnten im wahrsten Sinne des Wortes kein Darlehen bekommen«, erklärt Keeton. »Nachdem man das gelöst hatte, musste man die Preise halbieren, denn für Angolaner waren die viel zu hoch.« Angola hat das Prestigeprojekt also massiv mit Subventionen unterfüttert, dafür aber eben auch sein Ziel erreicht: eine 100 000-Einwohner-Metropole, die nicht leer steht, sondern gut gefüllt ist. Das ganze Projekt war nach Ansicht der beteiligten Experten ziemlich lehrreich, meint Keeton: »Noch mal würden sie das nicht so machen, auch wegen des Baustils.« Offenbar entsprachen zwölfstöckige Reihenhäuser auch nicht dem architektonischen Geschmack der angolanischen Mittelschicht, die lieber erdnah logiert.

Der gute und der böse Zwilling?

Kilamba wird sich weiter ausdehnen, irgendwann sollen es eine halbe Million Menschen ihr Zuhause nennen. Darauf warten die jedoch nicht. Sie bauen sich bereits ihre eigene Stadt, eine so genannte »Twin City«. »Kaum wird Land zur Planung freigegeben, ziehen Menschen an dessen Grenze – denn hier wachsen neue ökonomische Möglichkeiten«, sagt Keeton. Der durchstilisierten Planstadt der Designer steht alsbald eine chaotische Schwester der Marke Eigenbau gegenüber. Im Wildwuchs der Wellblechhütten wohnen die, die sich Kilamba nicht leisten können.

Kilamba – Ein neuer Stadtteil von Luanda in Angola | Als »lehrreich« beschrieben einheimische Experten das Projekt Kilamba: ein geometrisch platziertes Hochhausblockensemble, das Wohnraum in der überfüllten Hauptstadt Luanda schaffen sollte. Dies gelang nach verschiedenen Eingriffen, wirklichen Vorbildcharakter dürfte der Planstadtteil dennoch nicht unbedingt haben.

»Viele Entwickler lassen auf ihrer Designskizze alles außerhalb ihres Bereichs schlicht weiß. Sie bedenken nicht, dass gleich neben ihrem Zaun riesige informelle Siedlungen wachsen. Sie kümmern sich auch nicht drum.« Das hat Folgen: Öffentliche Dienstleistungen funktionieren allenfalls bis zur Grenze des Baugebiets. Es entsteht soziale Segregation. Die Einwohner der Behelfsstädte verdingen sich meist genau für die Services, die sie nie erhalten. Planstädte werden nicht für die Unterschicht errichtet – aber funktionieren können sie oft nicht ohne sie.

Der Lerneffekt bei Auftraggebern und Planern ist offenbar gering. Schon in den 1960er Jahren setzte sich Architekt Oscar Niemeyer ein heute retrofuturistisches Denkmal: Brasília, Metropole mit dem Grundriss eines Flugzeugs, Kapitale des fünftgrößten Staates der Erde. Für die Arbeiterschicht, die Candangos, die diesen Ort ins Leben riefen, war jedoch kein Platz vorgesehen.

Leben im Flugzeug

Die Candangos leben heute in Zwillings- oder Satellitenstädten, die sich seither fernab jeder Metro gebildet haben. Während dort Staus an der Tagesordnung und Parks eine Seltenheit sind, flanieren die Brasilienses in weitläufigen Superquadras zwischen Bäumen und Sportanlagen. Der cross-soziale Vibe organischer Pendants ist nach 60 Jahren allenfalls in Grundzügen spürbar.

Kunststadt Brasilia | Die Plankapitale Brasilia galt in den 1960er Jahren als fantastischer Entwurf des Architekten Oscar Niemeyer: eine Metropole mit dem Grundriss eines Flugzeugs. Praktische Bedürfnisse hatten dabei nicht durchgehend oberste Priorität.

Die Kapitale ist deswegen nach Keetons Einschätzung durch und durch eine Themenstadt, genau wie die Myriaden ihrer geistigen Nachfolger. Ob Saudi-Arabiens Knowledge Economic City, Indiens Sobha Hi-Tec City oder die aufgeschaufelte Insel der Beharrlichkeit (Ile Perseverance) in den Seychellen: Die Kreativität der Bewohner soll planbar sein. Viele Architekten, vor allem aus dem Westen, toben sich hier auf einer urbanen Spielwiese aus, die ihnen in Europa oder Amerika verwehrt wird. »Es gibt heute etliche Eco Cities, Resort Cities, Industrial Cities«, sagt Keeton. »Es gibt so viele Projekte, dass auch seltsame Sachen geschehen sind. Um Shanghai wurden neun Kopien europäischer Baustile errichtet. Wenn Sie einen verrückten Städtetrip machen möchte: Nun, das ist er!«

»Die Menschheit versucht seit gut 200 Jahren, den perfekten Ort zu kreieren«
Wade Shepard

All diese Projekte bauen jedoch auf einen Mittelklasse-Plus-Lifestyle nach dem Motto: Arm ist out. Überdies sind sie temporärer Natur. »Der Masterplan vieler Designer ist nichts als ein Punkt im Verlauf der Zeit. Sie versuchen, damit aber die ganze Zukunft zu erraten – dazu ist natürlich niemand fähig«, sagt Keeton. Nach Fertigstellung kehren viele Visionäre ihren Werken den Rücken, und Behörden bleiben beim Ursprungskonzept. Es fällt ihnen nicht auf, wie sehr die Zuzügler die urbane Bühne transformierten.

»Unsere Empfehlung: Fortwährendes Evaluieren und Adaptieren«, sagt Keeton. Chinaexperte Shepard ist da ähnlicher Meinung. »Die Menschheit versucht seit gut 200 Jahren, den perfekten Ort zu kreieren. Und wir haben es immer noch nicht geschafft! Gerade weil Städte adaptiv sein müssen.« Die perfekt geplante Stadt kann es also möglicherweise gar nicht geben – einen sich wandelnden, urbanen Service für die Einwohner dagegen schon. Dafür düften jedoch nicht wilde Ästhetik- oder Ökonomieträume ins Zentrum der metropolitanen Blaupause rücken – sondern Menschen.

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