Analysetechnik: Verräterische Schwellung
Gel? Bei diesem Stichwort fallen uns Dinge wie Dusch- oder Haargel ein, vielleicht noch die bequemen Gelpolster moderner Fahrradsättel. Aber auch weiche Kontaktlinsen sind gelartig - und ähneln ein klein wenig jener Neuentwicklung, die zu einem Biosensor der Zukunft werden könnte: Der Gel-Linse im Mikromaßstab.
Ein Gel als Linse, das klingt auf den ersten Blick wenig handfest. Schließlich bestehen Gele zwar aus einer dreidimensional vernetzten Matrix, vor allem aber auch aus viel darin eingelagerter Flüssigkeit – etwa Wasser bei den "Hydrogelen". Aus diesem Ausgangsmaterial brauchbare Biosensoren für Analytik und Diagnostik im Mikromaßstab zu machen, stellte Forschern wie das Team um Andrew Lyon vom Georgia Institute of Technology vor echte materialwissenschaftliche Herausforderungen. Nun sind sie auf dem Entwicklungsweg einige Schritte vorangekommen: Es gelang den Wissenschaftlern Mikrolinsen zu entwickeln, die mit einer Änderung der Brennweite reagieren, wenn die gesuchte Substanz in einer Probe vorhanden ist.
Die Wissenschaftler stellten hierzu zunächst winzige Partikel aus einem Acryl-Kunststoff her, die sich auf einem geeigneten Träger als halbkugelförmige Hydrogel-Linsen ablagern. Als ersten Tauglichkeitstest sollten diese Mikrolinsen dann ein von den Forschern ausgewähltes Beispielmolekül erkennen und korrekt analysieren: Biotin, ein kleines Vitamin, genauer gesagt seine wassergelöste Variante, das Biocytin.
Damit die Linsen auf dieses Molekül reagieren, sorgten Lyon und Mitarbeiter schrittweise für molekularen Feinschliff ihres Testansatzes: An die Oberfläche der Linsen knüpften sie im ersten Schritt Biotin-Moleküle und erzeugten zusätzlich spezielle reaktive "Verankerungsplätze". Im zweiten Schritt wurden die so präparierten Linsen mit Biotin-Antikörpern behandelt. Diese binden an die Biotin-Moleküle der Linsenoberfläche. Im dritten Schritt wurden die Linsen mit UV-Licht bestrahlt. Dabei kommt es zusätzlich zu einer festen Verknüpfung zwischen den gebundenen Antikörpern und den Verankerungsplätzen. Diese doppelte Anbindung der Antikörper sorgt für eine stärkere Vernetzung der Gel-Matrix an der Linsenoberfläche, hier kann das Gel nun weniger Wasser aufnehmen und schwillt ab. Die Krümmung der Linse ändert sich und damit auch ihre Brennweite, was sich messen lässt. Die Linse ist im "an"-Zustand.
Gibt man nun eine biocytinhaltige Probe auf eine solche Linse, verdrängt das Biocytin das auf der Linsenoberfläche verankerte Biotin von dessen Bindeplätzen an den Antikörpern und bindet selbst daran. Die zusätzliche Vernetzung der Matrix wird aufgehoben, die Linsenoberfläche nimmt Wasser auf und schwillt wieder an, Krümmung und damit Brennweite kehren in den ursprünglichen Zustand zurück – die Linse ist auf "aus" geschaltet. "Die Mikrolinse übernimmt in diesem Biosensorsystem gleichzeitig die Rolle des Antikörper-Trägers, des Signalumwandlers und des Verstärkers", erklärt Lyon.
Über die Zahl der angeknüpften Antikörper lässt sich die Empfindlichkeit der Linsen einstellen. Mit Hilfe einer Anordnung verschieden empfindlicher Mikrolinsen auf einem Chip eröffnen sich Möglichkeiten für die quantitative Analytik, hoffen die Forscher.
Die Wissenschaftler stellten hierzu zunächst winzige Partikel aus einem Acryl-Kunststoff her, die sich auf einem geeigneten Träger als halbkugelförmige Hydrogel-Linsen ablagern. Als ersten Tauglichkeitstest sollten diese Mikrolinsen dann ein von den Forschern ausgewähltes Beispielmolekül erkennen und korrekt analysieren: Biotin, ein kleines Vitamin, genauer gesagt seine wassergelöste Variante, das Biocytin.
Damit die Linsen auf dieses Molekül reagieren, sorgten Lyon und Mitarbeiter schrittweise für molekularen Feinschliff ihres Testansatzes: An die Oberfläche der Linsen knüpften sie im ersten Schritt Biotin-Moleküle und erzeugten zusätzlich spezielle reaktive "Verankerungsplätze". Im zweiten Schritt wurden die so präparierten Linsen mit Biotin-Antikörpern behandelt. Diese binden an die Biotin-Moleküle der Linsenoberfläche. Im dritten Schritt wurden die Linsen mit UV-Licht bestrahlt. Dabei kommt es zusätzlich zu einer festen Verknüpfung zwischen den gebundenen Antikörpern und den Verankerungsplätzen. Diese doppelte Anbindung der Antikörper sorgt für eine stärkere Vernetzung der Gel-Matrix an der Linsenoberfläche, hier kann das Gel nun weniger Wasser aufnehmen und schwillt ab. Die Krümmung der Linse ändert sich und damit auch ihre Brennweite, was sich messen lässt. Die Linse ist im "an"-Zustand.
Gibt man nun eine biocytinhaltige Probe auf eine solche Linse, verdrängt das Biocytin das auf der Linsenoberfläche verankerte Biotin von dessen Bindeplätzen an den Antikörpern und bindet selbst daran. Die zusätzliche Vernetzung der Matrix wird aufgehoben, die Linsenoberfläche nimmt Wasser auf und schwillt wieder an, Krümmung und damit Brennweite kehren in den ursprünglichen Zustand zurück – die Linse ist auf "aus" geschaltet. "Die Mikrolinse übernimmt in diesem Biosensorsystem gleichzeitig die Rolle des Antikörper-Trägers, des Signalumwandlers und des Verstärkers", erklärt Lyon.
Über die Zahl der angeknüpften Antikörper lässt sich die Empfindlichkeit der Linsen einstellen. Mit Hilfe einer Anordnung verschieden empfindlicher Mikrolinsen auf einem Chip eröffnen sich Möglichkeiten für die quantitative Analytik, hoffen die Forscher.
© Angewandte Chemie
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