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Lernerfolg: Verraten Erbanlagen die Bildungschancen?

Unterschiedliche Menschen sind aus vielen Gründen unterschiedlich gut in der Schule. Auch die Gene der Schüler spielen dabei eine Rolle - der Einfluss der Erbanlagen ist allerdings selbst mit großem Aufwand nur schwer zu fassen.
Im Unterricht schlafende Schüler

Die Leistung von Menschen während ihrer Schullaufbahn und der von ihnen erreichte Bildungsabschluss hängen vonvielen Faktoren ab – unter anderem sicherlich von der generellen Leistungsfähigkeit ihres Gehirns. Das müsste sich dann aber in den Genen widerspiegeln, auf denen die Arbeit der Gehirnzellen ja beruht, meinen Wissenschaftler. Gibt es demnach im Erbgut guter Schüler typische Genvarianten, die die höhere Leistungsfähigkeit erklären? Und könnte man anhand des Vorhandenseins solcher Erbgutvarianten womöglich sogar vorhersagen, welche Schüler welche Leistungen erbringen können? Auf der Suche nach einer Antwort hat ein internationales Forscherteam das Genom von mehr als einer Million Menschen verglichen und Genvarianten identifiziert, die häufiger als andere mit einer besseren schulischen Leistung einhergehen. Insgesamt scheinen Tausende dieser Varianten gemeinsam beteiligt zu sein – die auch zusammen allerdings nur einen geringen Einfluss haben, meinen die Forscher. Denn: Selbst wenn man sie bei einem Individuum findet, kann man nur ein wenig treffsicherer vorhersagen, ob dieses besser oder schlechter in der Schule und in Leistungstests sein wird.

Dies sei insgesamt ein deutlicher Fortschritt gegenüber früheren ähnlichen, aber deutlich kleineren genomweiten Assoziationsstudien (GWAS), bei denen deutlich weniger individuelle Genome analysiert und viel weniger auffällige Erbgutanlagen identifiziert worden waren, fassen die Forscher im Fachblatt »Nature Genetics« zusammen: Mit den neuen Daten könne man rechnerisch immerhin 11 bis 13 Prozent der Varianz des Bildungsabschlusses und 7 bis 10 Prozent der Varianz der kognitiven Leistung nach einem genauen Blick auf das Erbgut eines Menschen vorhersagen.

Welche Rolle für die Arbeit des Gehirns die nun aufgelisteten Varianten der Gene spielen, ist jedoch unklar: So scheint »die Übertragung von Nervenzelle zu Nervenzelle eine große Rolle zu spielen, weniger die Geschwindigkeit der Signalweiterleitung in der Nervenzelle«, kommentiert Markus Nöthen vom Institut für Humangenetik die Studienergebnisse. Natürlich zeige sich in der Untersuchung aber ebenso, dass Genetik nicht allein für den erreichten Bildungsstand verantwortlich ist: Auch »die Umgebung spielt eine große Rolle. Wahrscheinlich sind genetische und Umgebungseinflüsse jedoch eng miteinander verwoben.« Ähnlich kommentiert das die Lehr- und Verhaltensforscherin Elsbeth Stern von der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich: Mit der GWAS-Methode könne man ermitteln, an welchen Orten des menschlichen Genoms Genvariationen sitzen, die für Unterschiede im Bildungserfolg mitverantwortlich sind – zumindest gelte das für »Gesellschaften, die Chancengerechtigkeit im Zugang zu guten Schulen und Universitäten bieten«. Insgesamt könne man allerdings schon heute mit etablierten Methoden den Bildungserfolg des Einzelnen deutlich besser vorhersagen als per Genanalyse.

Zudem sind andere Faktoren in der Praxis offenbar wesentlich entscheidender als eine genetisch bedingte Leistungsfähigkeit des Gehirns. Dies zeige sich etwa daran, dass die Ergebnisse der neuen Studie nur auf Menschen mit europäischen Vorfahren zutreffen: Obwohl dieselben Genvarianten bei Probanden mit afroamerikanischen Wurzeln zu finden sind, haben sie bei ihnen eine deutlich geringere Vorhersagekraft für den Schulerfolg. Das lasse sich »mit dem Mangel an Chancengerechtigkeit in dieser Gruppe erklären. Menschen afroamerikanischer Herkunft erhalten nicht die Entwicklungs- und Lerngelegenheiten, die es einem ermöglichen, sein genetisches Potenzial voll auszuschöpfen. Das haben bereits frühere Zwillingsstudien gezeigt«, fasst Elsbeth Stern zusammen. Am Ende zeige sich, dass die Chancen auf eine gute Ausbildung viel stärker als Gene beeinflussen, welche Schulkarriere ein Einzelner durchläuft.

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