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Geotektonik: Versinkt New Orleans auch aus tektonischen Gründen?

Die amerikanische Südstaatenmetropole, die letztes Jahr vom Wirbelsturm "Katrina" schwer getroffen und teilweise geflutet wurde, sinkt womöglich teilweise auch wegen einer geotektonischen Verwerfungslinie in der Erdkruste ab. Bislang galten vor allem fehlender Sedimentnachschub, Setzungsbewegungen des vom Mississippi abgelagerten Erdmaterials sowie das Abpumpen von Grundwasser und Erdöl im Flussdelta als Hauptgründe.

Der Geologe Roy Dokka von der Louisiana State University in Baton Rouge bringt nun aber diese weitere Theorie ins Gespräch, nachdem er sich die Setzungsbewegungen unter dem Stadtteil Michoud am Pontchartrain-See betrachtete, der sich im Osten an die Stadt anschließt. Dort findet keine Öl-, Gas- oder Wasserförderung statt, und dennoch sackt das Gebiet jährlich um bis zu zwei Zentimeter ab – eine der höchsten Raten im Süden der USA. Dokka führt dies deshalb auf eine Verwerfungslinie in sieben Kilometer Tiefe zurück und begründet es mit einer 50-jährigen Datenreihe von Messungen, die in dem Gebiet gemacht wurden.

Einer der Fixpunkte der Messreihen war eine bis in zwei Kilometer Tiefe reichende Stahlröhre eines Brunnens. Wären die Absinkbewegungen allein durch Abpumpen oder ähnliche Aktivitäten ausgelöst worden – sie betreffen nur Bereiche oberhalb von zwei Kilometern Tiefe –, so hätten auch nur Bewegungen des Rohrs in ähnlichem Ausmaß stattfinden dürfen. Da der Sinkbetrag jedoch höher war, musste ein weiterer Grund dazu beitragen.

So sackte Michoud zwischen 1969 und 1971 im Jahresschnitt um 16,9 Millimeter und von 1971 bis 1977 um jährlich 7,1 Millimeter ab. Davon entfielen nach Dokkas Kalkulation in Abhängigkeit seines Fixpunkts 73 Prozent der ersten Periode und etwa die Hälfte des Niedergangs im zweiten Abschnitt auf Absinkbewegungen innerhalb der tief liegenden Verwerfungszone und damit außerhalb des menschlichen Einflussbereiches.

Orrin Pilkey von der Duke-Universität in Durham und Robert Morton von der amerikanischen Bundesbehörde für Geologie bestätigen ebenfalls, dass tektonische Bewegungen eine Teilrolle beim schleichenden Untergang von New Orleans spielen. Sie betonen aber, dass dies allenfalls für ein kleines Gebiet gelte und nicht auf den Gesamtraum übertragbar sei. Vielmehr bilden Ölförderung, Entwässerung und Flussregulierungen die Hauptursachen für diesen Prozess, der die Stadt in ihrer Existenz bedroht.

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