Versorgungsforschung: Wartezeit auf Therapie sinnvoll nutzen
Auch Kinder und Jugendliche müssen heutzutage mitunter lange auf einen Therapieplatz warten. Daher stellt sich die Frage, welche niedrigschwelligen Angebote zur Überbrückung eingesetzt werden können, während die jungen Patienten auf den Therapiestart warten – und wie effektiv diese sind.
Althea Valentine von der University of Nottingham fasste gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen 18 bereits erschienene Studien zusammen, in denen Kinder und Jugendliche zu einer Psychotherapie überwiesen wurden, aber zumindest ein Teil der Versuchspersonen erst noch auf den Beginn der Behandlung hatte warten müssen. Anlässe für die Therapien waren unter anderem Autismus-Spektrum-Störungen, Essstörungen, allgemeine psychische Probleme und selbstverletzendes Verhalten.
Den insgesamt rund 1200 Teilnehmenden und ihren Familien wurde bereits während der Zeit auf der Warteliste eine Intervention angeboten. Diese variierte im Umfang erheblich: Mal gab es nur ein Selbsthilfemanual, Video- oder Lesematerial zum Selbststudium. In anderen Fällen erhielten die Patientinnen und Patienten oder ihre Eltern einen oder mehrere persönliche Beratungstermine durch geschultes Personal. Stets ging es inhaltlich darum, über die jeweilige Erkrankung und ihre Ursachen, Symptome und Behandlungsmöglichkeiten aufzuklären – auch bekannt als »Psychoedukation«.
Die Auswertung zeigte, dass die Maßnahmen zur Überbrückung insgesamt für die Teilnehmenden von Vorteil waren. Oft verbesserten sie sogar die klinischen Symptome: So gingen emotionale und Verhaltensprobleme zurück, während die Betroffenen von Essstörungen teils schon unter der Wartelisten-Intervention an Gewicht zunahmen. Auch die Eltern der jungen Patientinnen und Patienten berichteten von weniger Stress und einem besseren Familienklima nach den Interventionen.
Solche »unterhalb« einer echten Psychotherapie angesiedelten Maßnahmen, die sich vor allem der Psychoedukation bedienen, sind demnach eine gute Möglichkeit, um Minderjährige und ihre Familien während der Wartezeit auf einen Therapieplatz zu unterstützen. Die Autorinnen und Autoren der Studie schränken allerdings ein, dass nicht alle Teilnehmer profitierten. Manche empfanden beispielsweise das Informations- und Beratungsangebot als nicht ausreichend. Zudem fürchteten offenbar viele Familien, durch die Teilnahme an einer solchen Intervention ihre Chancen auf die »richtige« Therapie zu schmälern. Nötig sei demnach eine klare Kommunikation über die Hintergründe und auch die realistisch zu erwartenden Effekte solcher Angebote, geben Valentine und ihre Koautoren zu bedenken.
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