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Verwandtschaft: Vetter Basen-Test

"Mama's baby, Papa's maybe" - während Mutterschaft eine eindeutige Angelegenheit ist, bleibt für Väter ohne entsprechenden Nachweis ein Quäntchen Unsicherheit bestehen. Diese Unsicherheit beeinflusst über die Generationen hinweg das Verhalten von Eltern und Großeltern. Aber wie sieht es mit der übrigen Verwandtschaft aus?
Holzpuppen
"Stellen Sie sich vor, Sie laufen durch die Stadt und kommen an einem lichterloh brennenden Gebäude vorbei. Sie erinnern sich, dass darin eine Versammlung stattfand, an der auch Ihr Cousin / Ihre Cousine '    ' (notieren Sie hier deren Initialen) teilnahm. Ihr Cousin / Ihre Cousine '    ' benötigt dringend Ihre Hilfe, doch wäre Ihr Eingreifen mit der Gefahr verbunden, selbst zu Schaden zu kommen. Wie bereit wären Sie (auf einer Skala von eins bis sieben), trotz des Risikos für Sie selbst, dem / der Verwandten zu Hilfe zu eilen?"

Keine leichte Frage – bei Lieblingscousine Daniela würde man womöglich sofort vorwärts stürmen, bei Cousin Dieter, der sich immer als etwas Besseres aufspielt, vielleicht zögern. Doch geht es hier um mehr als nur zwischenmenschliche Sympathie, meinen Joonghwan Jeon und David Buss von der Universität von Texas in Austin: Die Blutsverwandtschaft sei's, die uns antreibt oder innehalten lässt.

Blut, nicht Wasser

Es ist ein alter Hut, dass Blut dicker als Wasser ist. Je sicherer sich Väter sein können, dass gewisse Sprösslinge von ihnen sind, desto mehr Aufwand werden sie in ihre Aufzucht investieren – so sie sich überhaupt daran beteiligen. Denn während ganz klar ist, wessen Mutters Kind der Nachwuchs darstellt, für den verantwortlich gemachten Vater bleibt ein Restrisiko, dass er nicht der biologische Erzeuger ist, sondern gerade Kuckuckskinder eines Seitensprungs päppelt. Diese Unsicherheit offenbart sich sogar noch in der großelterlichen Fürsorge: Die Mutter der Mutter kümmert sich am intensivsten um ihre Enkelkinder, die Mutter des Vaters und der Vater der Mutter sind schon etwas zurückhaltender, und der Opa väterlicherseits – der nun wirklich am wenigstens beruhigt sein kann hinsichtlich der Abstammung – schneidet am schlechtesten ab. Alles Mumpitz? Von wegen: mehrfach psychologisch-statistisch erwiesen.

Jeon und Buss wendeten sich nun weg von der direkten Abstammungslinie hin zur weiteren Verwandtschaft. Onkels und Tanten zeigen sich von der Vaterschaftsunsicherheit ebenfalls beeinflusst, wie sieht es also mit Cousins und Cousinen väterlicher- und mütterlicherseits aus? 195 Studenten mit mindestens einem solchen Verwandten beantworteten zur Klärung eine ganze Reihe von Fragen – unter anderem das oben geschilderte Szenario, aber auch Angaben zur emotionalen Verbundenheit, wie sehr ihnen das Wohlergehen der Betroffenen zu Herzen geht und wie oft man sich gegenseitig besucht, natürlich in Abhängigkeit zur Distanz zwischen den Wohnorten.

Und mal wieder bestätigt die Praxis der Antworten das theoretische Modell: Am ehesten würden sich die Studienteilnehmer für die Kinder von Mutters Schwester in die Flammen stürzen, an deren Leben auch am meisten Anteil genommen wurde. An zweiter Stelle folgte der Nachwuchs von Mutters Bruder, dann von Vaters Schwester und schließlich Vaters Bruder – doch bei weitem nicht so abgeschlagen, wie es das Modell vermuten ließe. Hier mussten die Forscher ihre Statistik schon kräftig ausreizen, um den Effekt sichtbar zu machen – oder sich auch mit nicht signifikanten Resultaten zufrieden geben: Die Daten zeigten, so die Wissenschaftler, dass absolut gesehen Vaters Bruders Kindern am wenigsten geholfen wurde, auch wenn die Differenz zu gering war für das gewählte Signifikanzniveau – die Beobachtung sei daher aber trotzdem als argumentationswürdig einzustufen.

Wie kommt's?

Doch welcher Mechanismus steckt hinter dem Altruismus im Vettern-Basen-Fall? Ist das Lieblingscousinentum vielleicht schlichte Widerspiegelung der meist lebenslang engeren Verbindung von Schwestern, die deren Kinder prägt? Schließlich könnten durchaus tiefere Gefühle füreinander entstehen, weil man sich in der Kindheit häufiger sieht und die verwandte Familie als positiv in der eigenen dargestellt wird. Vielleicht spiele auch das Alter eine Rolle, so die Forscher: Männer tendierten dazu, später zu heiraten, daher seien die Kinder der Schwester von Vätern eher älter als man selbst und der Nachwuchs von Brüdern der Mütter eher jünger – und da Jüngeren eher geholfen wird als Älteren, käme das eben der Verwandtschaft mütterlicherseits zugute. Wer nun dagegen hält, dass es ja wohl darauf ankäme, welcher Altersunterschied überhaupt zwischen den Brüdern und Schwestern der Elterngeneration herrschten, muss sich wieder der Statistik beugen: Zumindest in ihrer Freiwilligenpopulation waren tatsächlich die Cousins von Vaterns Schwester älter und die von Mutterns Bruder jünger als die Befragten.

Damit offenbart sich der Vaterschaftsunsicherheitseffekt nicht nur im Hegen und Pflegen der nächsten Generation, sondern sogar innerhalb ein und derselben Altersgruppe. Achten Sie doch einmal auf Ihr eigenes Verhalten – ohne auf spektakuläre Rettungsaktionen aus brennenden Häusern zu warten: Wem schenken Sie beim nächsten Verwandtentreffen am liebsten den Kaffee ein? Christel? Aber die ist doch nur angeheiratet?

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