News: Vielfalt ist Trumpf
Doch ist es Chemikern und Physikern vom Max-Planck-Institut für Mikrostrukturphysik in Halle an der Saale und der Philipps-Universität Marburg nun gelungen, ein universell einsetzbares Verfahren zu entwickeln, mit dem Nanoröhrchen aus einer Vielzahl von Stoffen oder Stoffmischungen hergestellt werden können.
Dabei verwendeten die Forscher zur Herstellung der Röhrchen kleine Plättchen aus Silicium- oder Aluminiumoxid als Trägermaterial, die von hochgeordneten Strukturen aus winzigen Poren durchzogen sind. Diese Poren haben die Wissenschaftler zuvor durch Selbstorganisation, lithographische Verfahren oder durch eine Kombination beider Methoden erzeugt.
Wenn nun flüssige Polymere oder Lösungen, die Polymere enthalten, in Kontakt mit diesen Porenstrukturen geraten, bildet sich zunächst ein etwa 20 Nanometer dünner Film auf den Porenwänden. Durch Kühlen oder Verdampfen des Lösungsmittels erstarrt dieser Film und bildet Nanoröhrchen, wobei ihre Gestalt und Abmessung durch die Form und Größe der Poren bestimmt wird. Die verwendeten Porenstrukturen wirkt also als Schablone.
Entfernt man anschließend das Material, aus dem die Porenstruktur besteht, dann bleiben die Nanotubes zurück. Je nach verwendeter Porenstruktur sind die Röhrchen alle gleich groß. Auf diese Weise ist es sogar möglich, hochgeordnete Anordnungen zueinander paralleler Nanotubes herzustellen.
So gelang es den Wissenschaftler erstmals, Nanoröhrchen aus PTFE zu schaffen – einem Polymer, das sich wegen seiner besonderen Eigenschaften bisher nur schwer im Nanometer-Bereich strukturieren ließ, aber ein großes Anwendungspotenzial besitzt. Im Prinzip können die Wissenschaftler jetzt Nanoröhrchen aus praktisch jedem als Schmelze oder als Lösung vorliegendem Polymer erzeugen, beispielsweise auch aus Polystyrol (PS) oder Polymethylmethacrylat (PMMA) – letzteres ist besser bekannt als Plexiglas.
Ein großer Vorteil der neuen Methode besteht darin, dass man den verwendeten Polymeren auch andere Stoffe beimischen und somit Komposit-Nanoröhrchen herstellen kann. Deren Wände können zum Beispiel aus einer Mischung aus Polystyrol und Palladium bestehen – einem Metall, das in der Katalyse, der Sensorik und in Brennstoffzellen von großer Bedeutung ist.
Bereits jetzt ist eine Vielzahl von Anwendungsmöglichkeiten für die neuen Röhrchen beziehungsweise die neu entwickelte Methode zur Nanostrukturierung absehbar. So könnten poröse Materialien durch innere Beschichtungen spezielle Funktionen erhalten, um zum Beispiel als photonische Kristalle in der integrierten Optik oder als spezielle Trägerplatten (Arrays) mit Millionen von Mikrokavitäten in der kombinatorischen Chemie zu dienen.
Die derart polymerbeschichteten Porenstrukturen ließen sich aber auch – wegen ihrer Biokompatibilität – dazu einsetzen, die Blut-Hirn-Schranke zu analysieren. Diese Barriere blockiert den Übertritt der meisten Substanzen, also auch pharmazeutischer Wirkstoffe, ins Gehirn. Im Rahmen eines Forschungsprojekts zur Nanobiotechnologie unter Leitung der Universität Münster bringen die Forscher dazu lebende Zellen auf polymerbeschichtete Porenstrukturen auf und untersuchen den Wirkstoff-Transport durch diese Zellen in die darunter befindlichen Poren.
Die Max-Planck-Gesellschaft (MPG) ist eine vorwiegend von Bund und Ländern finanzierte Einrichtung der Grundlagenforschung. Sie betreibt rund achtzig Max-Planck-Institute.
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