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News: Virenhüllen fallen

Tiefe Einblicke in bislang unenthüllte Virus-Details ermöglicht eine neue Kombination eigentlich alter Techniken. Zugleich werden ungeahnte virale Verwandschaftsverhältnisse offenbart.
Krankmachend, unsichtbar und kaum durch Medikamente zerstörbar – Viren haben eine ganze Reihe unangenehmer Eigenschaften. Zudem sind sie die kleinsten Krankheitserreger überhaupt, was ihre Erforschung kaum erleichtert: Trotz stetig verbesserten Forschungsmethoden entdeckten Wissenschaftler nur nach und nach die Grundlagen der erstaunlichen Effizienz, mit der Viren beispielsweise die Stoffwechselvorgänge ihrer Wirtszellen manipulieren oder ihre eigene Erbinformation auf kleinstem Raum verpacken.

Auch die Virenhülle ist, als naheliegender Ansatzpunkt möglicher Bekämpfungsstrategien, schon früh in den Brennpunkt des Forschungsinteresses gerückt – ohne dass aber die Hüllstruktur der Viren schon alle ihre Geheimnisse preisgegeben hätte. Mit einer verbesserten Untersuchungsmethoden gruben nun ein gemischtes Wissenschaftlerteam der University of Helsinki, der Oxford University und des Wistar Institutes wieder etwas tiefer. Die Forscher kombinierten erstmals die Vorzüge zweier verbreiteter Analysetechniken: der Elektronenmikroskopie und der Röntgen-Kristallographie.

In eher grober Auflösung legten die Forscher mit elektronenmikroskopischen Aufnahmen zunächst einzelne oberflächliche Eckdaten der viralen Strukturen fest. Den so erhaltenen Umriss-Rahmen füllten sie dann virtuell mit Daten aus der bis in atomare Einzelheiten auflösenden Röntgenkristallographie. Nach etwas computergestützter Rechenarbeit ermöglichte dies nun tiefe, gezielte Einblicke in unbekannte Strukturdetails – etwa der mit konventionellen Methoden nur ungenügend analysierbaren Membranschicht um das innenliegende Virus-Erbgut oder den genauen Aufbau und die molekulare Integrität des äußeren Hüllgerüstes.

Mit dieser neuen Analysetechnik nahmen die Wissenschaftler zunächst den Bakteriophagen PRD1 unter die Lupe. PRD1 infiziert das verbreitete Darmbakterium Escherichia coli – auch jene unangenehmen, antibiotikaresistenten Bakterienstämme, die für eine Vielzahl von Lebensmittelvergiftungen verantwortlich sind. Das Virus ist demzufolge ein beliebtes Forschungsobjekt und bereits relativ gut untersucht. Bekannt waren unter anderem schon gewisse Gemeinsamkeiten seiner Architektur mit ganz anderen Virustypen: den viel größeren und komplexeren Adenoviren, die statt Bakterien menschliche Zellen befallen.

Die neue Kombination bildgebender Verfahren ließ nun weitere Gemeinsamkeiten von Bakteriophage und Adenovirus sichtbar werden. Wie Adenoviren verbindet PRD1 die Proteine, aus denen seine Außenhülle aufgebaut ist, untereinander durch kleine "Klebstoff"-Eiweiße zu größeren Einheiten. Zusätzlich erkannten die Wissenschaftler aber, dass die Hüllproteine untereinander auch durch verbindende Eiweiß-Brückenarme zusammengehalten werden – einem Strukturdetail, dass bislang nur bei viel einfacheren und kleineren Virustypen bekannt war. Seiner Hüllstruktur zufolge scheint PRD1 also ein Mischtyp zwischen sehr einfachen und sehr komplexen Viren zu sein.

"Die Architektur ganz unterschiedlicher Viren – etwa solcher, die Zellen von Bakterien, Pflanzen oder Menschen befallen – folgt demnach offensichtlich gemeinsamen, kontinuierlich in der Evolution gewachsenen Grundprinzipien", folgert Team-Mitglied Roger Burnett vom Wistar Institute. Offenbar entwickelten Viren also fließende strukturelle Übergangsformen, die kontinuierlich den Anforderungen wachsender Komplexität angepasst wurden. Was wiederum weitergehende Rückschlüsse zulässt: Entdeckungen an einem Virustyp ließen sich demnach eventuell auch auf ganz andere Viren übertragen. So könnten virale Entwicklungsparallelen also vielleicht einmal die Chance einheitlicher Bekämpfungsansätze liefern – in der Zukunft.

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