Direkt zum Inhalt

Tumorforschung: Virensimulation soll Krebs in den Selbstmord treiben

Gezielt eingeschleuste Viren-RNA könnte in Hautkrebszellen einen Selbstzerstörungsmechanismus anstoßen und die Tumoren so bekämpfen, hoffen María Soengas vom Centro Nacional de Investigaciones Oncológicas in Madrid. Die Forscher testeten diesen Ansatz an agressiven, gegenüber vielen Medikamenten resistenten Melanomen.

Zunächst hatte das Team erkannt, dass auch in den entarteten Zellen offenbar noch ein Mechanismus funktionsfähig blieb, mit dem gesundes Gewebe Viren bekämpft. Erkennt die Zelle Stücke doppelsträngiger (ds-)RNA in ihrem Inneren – wie sie von vielen Viren als Erbgut genutzt wird –, so löst sie automatisch eine Reihe von Abwehrmechanismen aus, die am Ende zur Zerstörung der vermeintlich infizierten Zelle führen. Soengas Team aktivierte einen solchen Selbstzerstörungsmechanismus nun bei Melanomzellen durch pIC (Polyinosin-Polycytidyl-Säure), ein dsRNA-ähnliches Konstrukt, welches sie mit Hilfe eines Polyethylenimin-(PEI)-Trägers effizient in das Zytoplasma der Zielzellen schleusten. Tumorzellen begannen daraufhin mit einer Selbstverdauung, offenbar nachdem unter anderem ein dsRNA-Wächterenzym im Zytoplasma, die Helikase MDA-5, das Konstrukt erkannt und Alarm geschlagen hatte.

Durch die Kombination von pIC und dem Polykation PEI habe man die Aktivität von Melanomzellen in gentechnisch veränderten Versuchsmäusen ohne starke Nebenwirkungen deutlich einschränken können, berichten die Forscher; gesunde Melanozyten reagierten dagegen, offenbar wegen den bei ihnen nicht vorliegenden tumorbedingten Stoffwechselumbauten, nicht auf pIC/PEI. Sollte das Verfahren nach den noch notwendigen Untersuchungen in Zukunft beim Menschen eingesetzt werden, könnte es womöglich die schnell metastasierenden und für ihre Chemo- und Immunoresistenz berüchtigten Hautkrebstumoren effizient bekämpfen, so die Forscher. Vielleicht können aber auch andere Enzyme als MDA-5, die in gesunden Zellen vor viraler dsRNA warnen, in Tumorzellen durch zukünftige Medikamente aktiviert werden. (jo)
  • Quellen
Tormo, D. et al.: Targeted Activation of Innate Immunity for Therapeutic Induction of Autophagy and Apoptosis in Melanoma Cells. In: Cancer Cell 16, S. 103–114, 2009.

Schreiben Sie uns!

Beitrag schreiben

Wir freuen uns über Ihre Beiträge zu unseren Artikeln und wünschen Ihnen viel Spaß beim Gedankenaustausch auf unseren Seiten! Bitte beachten Sie dabei unsere Kommentarrichtlinien.

Tragen Sie bitte nur Relevantes zum Thema des jeweiligen Artikels vor, und wahren Sie einen respektvollen Umgangston. Die Redaktion behält sich vor, Zuschriften nicht zu veröffentlichen und Ihre Kommentare redaktionell zu bearbeiten. Die Zuschriften können daher leider nicht immer sofort veröffentlicht werden. Bitte geben Sie einen Namen an und Ihren Zuschriften stets eine aussagekräftige Überschrift, damit bei Onlinediskussionen andere Teilnehmende sich leichter auf Ihre Beiträge beziehen können. Ausgewählte Zuschriften können ohne separate Rücksprache auch in unseren gedruckten und digitalen Magazinen veröffentlicht werden. Vielen Dank!

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.