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Ornithologie: Vögel erkennen Feinde an Blick und Geruch

Den Feind fest im Blick
Stare (Sturnus vulgaris) orientieren sich an der Kopfhaltung und der Blickrichtung eines potenziellen Fressfeindes, um zu entscheiden, ob sie sich an einen Futterplatz wagen oder nicht. Wandten sich die Augen eines möglicherweise feindlichen Beobachters vom Objekt der Begierde ab, wagten sich die Vögel zahlreicher wie früher heran und fraßen mehr, schreiben Julia Carter von der University of Bristol und ihre Kollegen [1].

Stare erkennen am Blick, ob ein Feind aufmerksam ist | Stare erkennen am Blick, ob ein Feind aufmerksam ist: Schaut er weg, fressen sie früher und mehr am Futterplatz – auch wenn der potenzielle Räuber in unmittelbarer Nähe ist.
Die Tiere können also das Risiko bereits durch relativ unscheinbare Signale einschätzen und minimieren, so die Forscher weiter, da Beutegreifer ihre Opfer stets ins Visier nehmen, bevor sie diese attackieren. Sie verbessern dadurch aber nicht nur den Erfolg am Futterhäuschen, sondern vermeiden auch unnötige und Kräfte zehrende Fluchtreaktionen auf das bloße Vorhandensein einer Katze oder eines Greifvogels, wenn diese mangels Blickkontakt kein jagdliches Interesse andeuten.

Bislang weit gehend nur anekdotische Berichte zu diesem Verhalten bestätigte Carters Team nun mit Tests an zwanzig Staren, die als Jungvögel gefangen wurden. Zu bestimmten Fütterungszeiten saßen ihnen dann Menschen gegenüber, die je nach Vorgabe auf die dargebotenen Mehlwürmer starrten oder in eine andere Richtung blickten. Und tatsächlich reagierten die Stare auf Blickrichtung und Kopfhaltung der Menschen und zögerten mit der Futteraufnahme, wenn sie beobachtet wurden. Besonders die Weibchen ließen sich davon stark beeinflussen, während die Männchen insgesamt ein etwas mutigeres Verhalten zeigten. Dennoch achteten auch sie stark auf vorhandene Beobachter.

Individuen, die schnell erfassen, dass ihnen ein möglicher Räuber keine Aufmerksamkeit schenkt, besäßen demnach einen Vorteil am Futterplatz, da sie eher Nahrung aufnehmen können als langsamere Artgenossen. Gerade bei sozialen Arten wie den Staren, die oft gemeinsam fressen, wäre dies ein unschätzbarer evolutionärer Vorteil, folgern Carter und Co.

Während Blickkontakt für visuell agierende Tiere prinzipiell nicht ungewöhnlich ist, entdeckten Luisa Amo de Paz vom Netherlands Institute of Ecology und ihre Mannschaft eine Aufklärungsstrategie, für die die Vogelwelt bislang nicht bekannt war: Feinderkennung über die Nase [2]. Doch zumindest Blaumeisen (Parus caeruleus) können Räuber wie Marder oder Wiesel anhand chemischer Signale ausmachen und feststellen, ob sich diese dem Nest nähern.

Blaumeise am Nistkasten | Blaumeisen erkennen am Geruch, ob sich ein gefährlicher Räuber am oder im Nest befindet.
Für ihre Untersuchungen brachten die Ornithologen unterschiedliche Düfte in Nistkästen, die von Blaumeisen belegt waren, aus und beobachteten dann, wie die Altvögel darauf reagierten. Waberten die Ausdünstungen von Frettchen durch die künstliche Höhle, näherten sich die Blaumeisen häufiger dem Nest, betraten es aber seltener beziehungsweise sicherten länger die Umgebung ab, bevor sie hineinschlüpften. Im Nistkasten selbst verbrachten sie zudem weniger Zeit, um das Risiko zu minimieren, dem Räuber zum Opfer zu fallen. Trotz dieser Vorsichtsmaßnahmen fütterten die Eltern ihre Küken jedoch ähnlich häufig wie andere Blaumeisen, die nicht "beduftet" wurden – zumindest wies der jeweilige Nachwuchs keine Entwicklungs- oder Gewichtsunterschiede auf. Der Geruch von Wachteln beeinflusste das Verhalten der Meisen dagegen nicht.

Für die in Höhlen brütenden Singvögel könnte diese Wahrnehmungsfähigkeit jedenfalls überlebenswichtig sein, da ihr Sichtfeld im Nest sehr eingeschränkt ist. Womöglich erklärt der Geruchssinn noch weitere Verhaltensweisen und Reaktionen der Vögel, vermuten die Forscher. Bislang galt die Nase als vernachlässbares Sinnesorgan in der Vogelwelt. Eine Funktion wurde ihm bislang allenfalls bei der Orientierung und der Nahrungssuche zugebilligt: Albatrosse beispielsweise finden auf diese Weise Nahrung auf dem offenen Meer, und bestimmte Sturmtaucher lokalisieren ihre Brutgebiete damit. (dl)
  • Quellen
[1] Carter, J. et al.: Subtle cues of predation risk: starlings respond to a predator’s direction of eye-gaze. In: Proceedings of the Royal Society B, 10.1098/rspb.2008.0095, 2008.
[2] Amo de Paz, L. et al.: Predator odour recognition and avoidance in a songbird. In: Functional Ecology 22(2), S. 289–293, 2008.

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