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Vögel in Deutschland: Der Frühling wird tatsächlich stummer

Wer gut hinhört, hat es wahrscheinlich gemerkt: In den letzten Jahren sangen immer weniger Vögel im Frühling.
Feldlerche (Alauda arvensis)

In den letzten 25 Jahren hat Deutschland mehr als 15 Millionen Vögel verloren, die meisten davon im Kulturland. Das macht sich auch im Klangteppich unserer Umwelt deutlich bemerkbar: Der Frühling wird leiser und eintöniger, wenn Bestände schrumpfen und Arten verschwinden. Das zeigt eine Auswertung von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern um Simon Butler von der University of East Anglia in »Nature Communications«.

Die Arbeitsgruppen kombinierten dazu Langzeit-Datenreihen von Vogelbeständen mit Aufnahmen von über 1000 Arten aus xeno-canto, einer Onlinedatenbank für Vogelrufe und -gesänge. Daraus entwickelten sie Klanglandschaften von rund 200 000 Aufnahmeflächen in Nordamerika und Europa, ebenfalls aus den letzten 25 Jahren, und charakterisierten sie danach, wie komplex, variabel und intensiv sie sind. Je mehr Arten in einem Gebiet vorkommen und je häufiger manche davon sind, desto vielstimmiger und lauter ist diese Klanglandschaft. Verschwinden Arten oder Individuen, verarmt sie.

»Die akustische Vielfalt und Intensität der natürlichen Klanglandschaften scheint in ganz Europa abzunehmen. In Deutschland haben wir zum Beispiel große Bestände von Arten mit charakteristischen Stimmen verloren, etwa Feldlerche und Kiebitz. Das sind Klänge, die das Erleben des Frühlings in der Landschaft ausmachen. Vor allem die Agrarlandschaften sind viel ruhiger geworden«, sagt Johannes Kamp von der Georg-August-Universität Göttingen, der zusammen mit seinem Team Daten aus Deutschland zusammengetragen und ausgewertet hat. Betroffen sind viele weitere Regionen in Europa und Nordamerika. Auf der anderen Seite des Atlantiks verschwanden etwa drei Milliarden Vögel in den letzten Jahrzehnten. Am stärksten macht sich die Verarmung dort im Nordosten der USA bemerkbar, während in Europa vor allem Gebiete mit besonders intensiver Landwirtschaft und Verstädterung verarmen.

Das Verstummen der Vögel im ländlichen Raum verwundert Fachleute allerdings nicht: Die regelmäßigen Bestandserhebungen zeigen, dass gerade Arten in der Agrarlandschaft unter der Industrialisierung des Landbaus leiden. Bewohner von Wäldern hingegen haben meist stabile oder sogar ansteigende Populationszahlen. Sven Trautmann, Koordinator des Monitorings häufiger Vögel beim Dachverband Deutscher Avifaunisten, weist auf ein weiteres Problem hin: »Die heutigen verarmten Klanglandschaften werden von der jüngeren Generation bereits als normal empfunden.« Und das habe Folgen, sagt Butler: »Wenn wir die natürliche Umgebung immer weniger wahrnehmen, macht uns dies auch gleichgültiger gegenüber ihrer Zerstörung.«

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