Direkt zum Inhalt

News: Vom schnellen Aufstieg granitischer Magmen

Die kontinentale Erdkruste besteht zum überwiegenden Teil aus granitischen Gesteinen. Sie erstarrten in der Tiefe und gelangten erst infolge der Erosion an die Erdoberfläche. Der Grund dafür liegt in der Zähigkeit granitischer Magmen. Doch die wurde bislang offenbar stark überschätzt. Denn neue Ergebnisse zeigen, dass derlei Granitplutone die Folge kurzer und schneller Aufstiege flüssiger Gesteinsmassen sind.
Während die ozeanischen Teile der Erdkruste an den mittelozeanischen Rücken ständig neu gebildet werden – und von dort wie auf einem Fließband auseinander streben – entstand die kontinentale Kruste durch die Aufstiege und Kristallisation unzähliger Magmenkammern. Einer der Hauptgründe für diese völlig unterschiedlichen Prozesse liegt in der Viskosität der Magmen. Unter den Ozeanen steigen ständig dünnflüssige Basaltlaven auf, die Kontinente entstehen hingegen aus zähen granitischen Magmen. 70 bis 80 Prozent der kontinentalen Erdkruste bestehen aus jenen Granitplutonen – Magmenkammern, die nach 20 bis 30 Kilometern Aufstieg erstarrten. Erst durch die Erosion gelangten sie irgendwann an die Oberfläche und treten zum Beispiel im Harz oder im Schwarzwald zu Tage.

Bislang glaubten die Forscher, dass solche granitischen Magmenkammern mit einer Geschwindigkeit von vielleicht einem Meter pro Jahr aufsteigen. Eine Intrusion von 50 Kilometern Durchmesser hätte dann bis zu ihrer Erstarrung eine viele Millionen Jahre lange Reise hinter sich gehabt. Doch derlei Abschätzungen sind schwierig, zumal sich selbst die dünne Erdkruste der direkten Erforschung weitgehend verschließt: Vergleicht man die Erde mit einem Fußball, so hätte die tiefste Bohrung kaum eine darauf klebende Briefmarke durchteuft. Laborversuche mit geschmolzenen Gesteinen sind aufwändig und aufgrund ihres kleinen Maßstabes schwer zu interpretieren. Eine Arbeitsgruppe unter der Leitung von Alexander Cruden vom Department of Geology der University of Toronto kombinierte derlei Ergebnisse und die Erkenntnisse aus Felduntersuchungen nun mithilfe ausgetüftelter Computer-Simulationen – und kam zu einem überraschenden Ergebnis.

Demnach ist die Viskosität der granitischen Magmen sehr viel niedriger als bisher angenommen, und je dünnflüssiger das geschmolzene Gestein ist, umso schneller kann es schließlich aufsteigen. Und so glauben Cruden und seine Mitarbeiter, dass die großen Plutone in Grönland oder Kanada nicht in Millionen von Jahren entstanden, sondern in gerade einmal 50 000 Jahren. Kleinere Intrusionen mit einem Durchmesser von 10 Kilometern hätten zu ihrer Bildung vielleicht sogar nur 1 000 Jahre benötigt (Nature vom 7. Dezember 2000).

Sollten diese Magmen einst tatsächlich so rasch aufgestiegen sein, so muss die Geschichte der Krustenentstehung neu geschrieben werden. Crudens Ergebnisse legen nämlich nahe, dass die kontinentale Erdkruste nicht langsam und stetig wuchs, sondern als Folge von vielen Tausenden heftiger Aufstiege geschmolzener Gesteinsmassen. Die Eruptionen fanden im Grenzbereich von Mantel und Kruste statt, von wo die Magmen nach oben strebten. In den oberen Bereichen der Kruste breiteten sie sich schließlich entlang von Schwächezonen horizontal aus und erstarrten. Später wurden diese Intrusionen durch neue durchbrochen, und so entstand Schicht für Schicht und nach kurzer Zeit die kontinentale Erdkruste.

Siehe auch

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.