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Botanik: Vom Stoffwechselenzym zum Verteidigungssystem

Chemische Kriegführung ist im Pflanzenreich nicht ungewöhnlich. Auch die Gruppe der Kreuzblütler, zu denen unter anderem Kohl oder die Ackerschmalwand Arabidopsis gehören, nutzen zur Verteidigung sekundäre Stoffwechselprodukte, die Senfölglycoside. Sie setzen giftige Isothiocyanate frei, wenn die Pflanze beschädigt wird. Ungewöhnlich ist jedoch der Ursprung der Chemiewaffe: Sie entstand, als einem harmlosen Stoffwechselenzym ein Molekülteil verloren ging.

Allgemeine Struktur der Senfölglycoside | Die Senfölglycoside, auch Glucosinolate genannt, setzen giftige Isothiocyanate frei und schützen die Pflanze so vor Fressfeinden.
So stellten Jan-Willem de Kraker und Jonathan Gershenzon vom Max-Planck-Institut für chemische Ökologie in Jena fest, dass ein entscheidendes Enzym der Senfölglycosid-Produktion, die Methylthioalkylmalat-Synthase (MAM), einen engen Verwandten in einem ganz anderen Bereich hat. Strukturell ähnelt es der Isopropyl-Malat-Synthase (IPMS), die an der Produktion der Aminosäure Leucin beteiligt ist.

Wie kommt es, dass zwei verwandte Moleküle so unterschiedliche Funktionen erfüllen? Die Forscher nehmen an, dass sich zuerst das ursprüngliche IPMS-Gen verdoppelte, ein keineswegs ungewöhnlicher Vorgang. Danach allerdings ging dem Gen ein entscheidender Teil verloren: ein Abschnitt von 120 Aminosäuren, der nicht nur für die Gesamtstruktur des Moleküls wichtig war, sondern auch einen Leucin-Sensor enthielt, der das Enzym stoppte, sobald genug von der Aminosäure vorhanden ist. Durch den Verlust dieses Regulators arbeitete das neue Enzym die ganze Zeit durch und produziert dank seiner veränderten Struktur nun Senfölglycoside – die unverhoffte Mutation verschaffte dem Urahn der Kreuzblütler eine potente Waffe gegen Fraßfeinde. (lf)
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