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Exobiologie: Von außeridischem Leben und unterirdischen Veröffentlichungen

Ein Astrophysiker aus Sri Lanka will außerirdische Einzeller in einem Meteoriten gefunden haben. Doch fast alles an der Behauptung ist dubios, kritisiert Lars Fischer.
Lars Fischer

Nalin Chandra Wickramasinghe lässt nicht locker: Schon die zweite Publikation veröffentlicht er dieses Jahr über seine Behauptung, er habe in einem 2012 niedergegangenen Meteoriten Spuren außerirdischen Lebens entdeckt. Doch auch in seinem neuen Artikel liefert er keine brauchbaren Belege für seine These. Im Gegenteil, je mehr man von ihm liest, desto fragwürdiger erscheinen seine Arbeiten.

Im Januar dieses Jahres präsentierte er einen Gesteinsbrockens, der nach seinen Angaben von einer Feuerkugel über Sri Lanka stammt – und elektronenmikroskopische Aufnahmen aus dessen Inneren zeigen zweifellos organische Strukturen: Gehäuse, die wie die von Kieselalgen aussehen. Das Team sieht darin einen weiteren Beleg für die von Wickramasinghe äußerst offensiv vertretene Idee der Panspermie – das Leben sei nicht auf der Erde entstanden, sondern gleichsam mit Meteoriten vom Himmel gefallen.

Die Idee, dass das Leben aus dem All auf die Erde kam, ist nicht von vornherein absurd, im Gegenteil: Astrophysiker haben organische Verbindungen im interstellaren Raum und in Meteoriten nachgewiesen, in Staub und Eis des äußeren Sonnensystems laufen viele interessante und komplexe Reaktionen ab, und einige irdische Organismen sind so widerstandsfähig, dass sie nach Meinung einiger Experten sogar lange Reisen im Weltraum überleben. Aber Wickramasinghe prescht mit seinen Thesen weit vor. Ob die Grippe oder roter Regen, es gibt kaum etwas, was er nicht schon mit Keimen aus dem Weltraum in Verbindung gebracht hat. Seine Belege dafür sind äußerst dünn.

So ist es auch diesmal. Das fängt schon damit an, dass er es nicht wirklich für nötig hält, die Herkunft seiner Proben zu belegen. Eine Isotopenuntersuchung, die das leisten soll, demonstriert bloß, dass man nicht ausschließen kann, dass es sich um einen Meteoriten handelt – mineralogische Untersuchungen, die eigentlich Standard sind, führt er nicht durch.

Und das, obwohl schon auf den ersten Blick fraglich ist, um was es sich eigentlich handelt. Wickramasinghe will in dem bröseligen Gesteinsbrocken einen Kohligen Chondriten erkennen, doch die Probe enthält keine Spuren der eigentlich typischen, ja namensgebenden Chondrulen – kleine Silikatkügelchen, die in die Grundmasse solcher Meteoriten eingebettet sind. Auch über die Fundumstände ist wenig bekannt, ein Foto vom Stein am Fundort scheint es nicht zu geben. Die Verbindung des Brockens zum fraglichen – oder irgendeinem – Meteoritenfall ist nicht erkennbar.

Umso sichtbarer dagegen sind die Diatomeen in den Mikroskopbildern. Nur ist es eher unwahrscheinlich, dass außerirdisches Leben zufällig exakt so aussieht wie irdische Kieselalgen – ja sogar wie eindeutig identifizierbare, spezifische Arten irdischer Süßwasserkieselalgen, wie der Astronom Phil Plait nach Rücksprache mit einem Experten für diese Einzeller schrieb. Wahrscheinlicher ist dagegen, dass die Algen nachträglich tief in die Poren des Gesteins einwanderten. Zumal Wickramasinghe selbst schreibt, der Stein sei in einem Reisfeld gefunden worden. Diatomeen gibt es in Reisfeldern reichlich, und dass die Funde im Stein tatsächlich himmlischen Ursprungs sind, dafür offeriert Wickramasinghe nicht das geringste Indiz.

Daran ändert auch nichts, dass die Wissenschaftler ihre neuen Veröffentlichungen mit eindrucksvollen Elementar- und Isotopenanalysendaten füllen, im Gegenteil, zur Klärung tragen sie nichts bei. Es sieht eher aus, als sollten diese technischen Auflistungen und Diagramme vor allem das eigentliche Problem verschleiern: Es gibt in beiden Veröffentlichungen nicht den kleinsten Rest eines Arguments, der die zentralen Thesen der Autoren stützt. Außergewöhnliche Behauptungen erfordern außergewöhnliche Belege. Wickramasinge aber hat nicht mal gewöhnliche vorzuweisen.

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