News: Von brennenden Schmerzen und scharfen Speisen
„Das Protein, das wir identifiziert haben, könnte falsch arbeiten oder ausfallen und chronische Schmerzen verursachen”, sagt David Julius von der University of California in San Francisco. „Mit dem Gen für dieses Protein ist es möglich, neue und wirksamere Medikamente für die Behandlung von Schmerzen zu entwickeln.” Zum Beispiel könnten Medikamente, die an das Protein anbinden, die Aktivierung der sensorischen Nervenzellen blockieren und damit nach Ansicht von Julius und seinen Kollegen die Wahrnehmung von Schmerz beeinflussen.
Ihre Ergebnisse wurden am 23. Oktober in Nature veröffentlicht. „Dies ist eine sehr wichtige und herausragende Studie”, sagt Ronald Dubner, Schmerzforscher an der University of Maryland. „Dadurch wird ein Protein identifiziert, das nicht nur auf chemische Reize reagiert, sondern auch auf Hitze, die so stark ist, daß sie Gewebe zerstören könnte.”
Die Forscher haben insbesondere entdeckt, daß der wirksame Bestandteil in Pepperoni, Capsaicin, an einen bestimmten Rezeptor bindet – ein Protein, das sich auf der Oberfläche von Neuronen befindet. Capsaicin verursacht einen kribbelnden und brennenden Schmerz, indem es schmerzempfindliche Nervenzellen im Mund und auf der Haut direkt reizt. Die Forscher glauben, daß die Aktivierung des Rezeptors eine Abfolge biochemischer Vorgänge auslöst, die zur Schmerzempfindung führen. „Bemerkenswerterweise fanden wir heraus, daß der gleiche Rezeptor, der Capsaicin auf der Oberfläche der schmerzfühlenden Neuronen bindet, auch auf starke Hitze reagiert”, sagt Julius. „Wir glauben, daß Pepperoni als scharf empfunden werden, weil Capsaicin und Hitze das gleiche sensorische Protein in den Neuronen stimulieren.”
Im zweiten Teil der Untersuchungen haben die Forscher das Gen für den Capsaicin-Rezeptor geklont. Frühere Studien kamen zu dem Schluß, daß Moleküle, die den Capsaicin-Mechanismus angreifen, vielversprechende Schmerzmittel sein könnten. Es war jedoch schwierig, diese Substanzen zu überprüfen, denn dafür waren langwierige Präparationen nötig, um schmerzsensitive Neuronen aus Mäusen oder Ratten zu isolieren. „Das Klonen des Gens für den Capsaicin-Rezeptor wird uns in die Lage versetzen, große Mengen des Proteins in Zellen zu erzeugen, die in Petrischalen gezüchtet wurden. Dadurch wird es leichter, die Wirksamkeit möglicher Behandlungen zu testen”, meint Julius.
Die Forscher möchten auch herausfinden, wie Capsaicin oder Hitze den Capsaicin-Rezeptor aktivieren. „Biochemische Studien werden helfen, jene Bereiche des Rezeptors, die für die Signalaufnahme am wichtigsten sind, genau zu lokalisieren”, sagt Julius. „Diese Informationen werden dann bei der Entwicklung neuer Medikamente von Nutzen sein.” Darüber hinaus arbeiten die Forscher an der Frage, ob Capsaicin-Rezeptoren ihr Signal innerhalb der Nervenzelle über andere Proteine weitergeben.
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