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Pflanzengenetik: Von sauren Böden und süßen Versprechen

Weltweit ist die Hälfte des kulturfähigen Ackerlandes von Bodenversauerung betroffen: Sinkt der pH-Wert zu tief, wird Aluminium freigesetzt, das wie Gift auf die Pflanzen wirkt. Jetzt haben Forscher ein Gen gefunden, das Hirse tolerant gegen das Metall macht, und wollen gezielt resistente Pflanzen züchten. Ein Lichtblick für die Bauern von Afrika bis Asien?
Auf den ersten Blick erscheint alles in Ordnung: Der Boden ist gepflügt, die Sonne scheint, und die Bewässerung funktioniert. Doch die Hirse auf dem Acker verkümmert, Halme und Blätter verfärben sich, und schließlich sterben die Pflanzen ab. Wieso geht das Getreide zu Grunde?

Sauer macht giftig

Das Problem versteckt sich, für die Augen zunächst unsichtbar, unter der Erdoberfläche: Durch zunehmenden Säureeintrag – sowohl durch menschliche Einflüsse wie sauren Regen oder übermäßige Düngung als auch durch natürliche Verwitterungsprozesse – ist der pH-Wert im Boden unter den kritischen Wert 4,2 gesunken. Sinkt der Wert noch tiefer, das heißt nimmt die Protonenzahl weiter zu, werden die Pflanzen zunehmend giftigen Abbauprodukten ausgesetzt.

Denn mit zunehmender Protonenmenge zerfallen die Tonminerale in der Erde und setzen Aluminium-Ionen frei, die vorher fest in ihnen gebunden waren. Diese versursachen schwere Wurzelschäden bei den Pflanzen, behindern die Aufnahme wertvoller Nährstoffe wie Kalium, Kalzium und Magnesium und führen schließlich zum Absterben des Grüns.

Hirse – eine der wichtigsten Nutzpflanzen

Bodenversauerung ist besonders in weiten Teilen Afrikas, Südamerikas und Südasiens verbreitet und betrifft damit zahlreiche arme Länder, die immer wieder von Hungersnöten geplagt werden. Hirse – eine Sammelbezeichnung für mehrere Getreidearten, die zur Familie der Süßgräser (Poaceae) zählen – ist in diesen Gebieten ein wichtiges, häufig kultiviertes Nahrungsmittel. Daher untersuchte ein Team von Wissenschaftlern um Leon Kochian von der Cornell Universität in Ithaca die natürlichen Abwehrmechanismen der Mohrenhirse (Sorghum bicolor) gegen das giftige Aluminium im Boden.

Schließlich sind einige Typen der Mohrenhirse tolerant gegen hohe Metallionenkonzentration im Boden, während sich andere als anfällig erweisen. Um den entscheidenden Mechanismus zu finden, durchkämmten die Molekularbiologen das Erbgut Alu-toleranter Hirsetypen, bis sie auf das Gen AltSB stießen, das für ein bis dahin unbekanntes Membran-Transportprotein in Zellen der Wurzelspitzen kodiert.

Chemische Kriegsführung

Diese Transporter-Eiweiße werden nur gebildet, sofern die Zellen in Kontakt mit Aluminium-Ionen kommen. Dann geben sie Zitronensäure in die umgebende Erde ab, die die Ionen sehr effektiv bindet und ungiftige Komplexe mit ihnen in der Rhizosphäre bildet. So werden die toxischen Teilchen daran gehindert, durch die Wurzel überhaupt erst in die Pflanze einzudringen.

Dass einige Pflanzenarten mit Hilfe chemischer Kriegsführung gegen die Aluminium-Vergiftung vorgehen, war bereits länger bekannt. Besonders ist, dass Genetiker nun das der Abwehr zu Grunde liegende Gen in einer der fünf wichtigsten Nutzpflanzen weltweit identifiziert haben. Und Kochian und seine Kollegen haben dieses Wissen inzwischen genutzt, um im Labor transgene Pflanzen zu züchten: Bislang pflanzten sie bei der Ackerschmalwand (Arabidopsis thaliana) das geklonte Hirsegen ein und machten die Art damit resistent gegen Aluminium-Ionen im Boden.

Zukunftsmusik

Langfristig planen die Pflanzenforscher, einen einheitlich hochresistenten Hirsetyp zu kreieren, der auch auf stark versauerten Böden ertragreich eingesetzt werden kann. "Unsere Untersuchung hat auch umweltpolitische Bedeutung im Hinblick auf eine höhere Nahrungsmittelproduktion in Entwicklungsländern", so Kochian. Könne man den Ertrag auf den bestehenden Agrarflächen steigern, würden dadurch zusätzlich andere Gebiete vor landwirtschaftlichen Eingriffen geschützt.

Hoch gesteckte Ziele gab es in der Genforschung schon viele, seien es Reispflanzen mit eingebautem Antibiotikum für Asien oder krankheitsresistenter Genmais für Südamerika. Ebenso hoch schwappen jedes Mal die Protestwellen gegen unvorhersehbare Folgen der Eingriffe ins Erbgut und der Behandlung von Symptomen statt Ursachen. Auch in diesem Fall sollte man eines nicht vergessen: Es war der Mensch selbst, der in vielen Gebieten durch verfehlte Agrarwirtschaft einen großen Anteil an der extremen Bodenversauerung hat, die zum Ausfall seiner Nutzpflanzen führt.

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