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News: Von Schlangen und Fröschen

Auch das Beschreiten ungewöhnlicher Wege kann zum Erfolg führen. So erinnert das Aufspüren zweier neuer menschlicher Proteine an detektivische Kleinstarbeit. Zum Vorbild nahmen sich die Pharmakologen zwei giftige Zeitgenossen, die toxische Substanzen aussondern und sich damit den Beutefang erleichtern sowie Feinde vom Leib halten. Aber die Giftspritzen haben durchaus auch ihre guten Seiten. Denn die Inhaltsstoffe in Schlangengiften und den Hautausscheidungen mancher Frösche lassen ihre Darmmuskeln kontrahieren. Und so machten sich die Forscher auf die Suche nach äquivalenten Molekülen, die diese Aufgabe beim Menschen übernehmen könnten - und wurden fündig.
Manches liegt uns schwer im Magen, wie der sprichwörtliche Stein. Damit dies nicht passiert und die Nahrung kontinuierlich durch den Magen-Darm-Trakt wandert, leisten die entsprechenden Gewebe Schwerstarbeit. Die unter der auskleidenden Epithelschicht liegenden Muskelzellen ziehen sich permanent zusammen und dehnen sich wieder aus. Alles, um den ansonsten unbeweglichen Nahrungsbrei auf den Weg zu bringen. Reguliert wird diese Bewegung durch ein Heer von Proteinen, einschließlich Neurotransmittern, Hormonen und anderen Chemikalien. Jedes Zusammenbrechen dieser Feinabstimmung kann in eine Erkrankung münden, wie beispielsweise beim Reizdarm-Syndrom, das sich durch eine Hyperaktivität der Darmtätigkeit auszeichnet.

Und so machte sich das Team um Qun-Yong Zhou vom UC Irvine College of Medicine auf die Suche nach beteiligten Proteinen. "Wir begannen, indem wir nach Proteinen suchten, die denjenigen in Hautausscheidungen von Fröschen und im Schlangengift ähnlich waren. Denn sie bewirken bei diesen Tieren die Kontraktion der Darmmuskulatur", sagte Zhou. Dann durchsuchten sie Datenbänke nach strukturell und funktionell ähnlichen Proteinen in Säugetieren. Gefundene Moleküle mussten anschließend auch ähnlich agieren. Durch Überprüfen der Effekte dieser Chemikalien auf die Darmmuskeln, entdeckte das Team zwei neue Proteine, die sie Prokineticine tauften. Schon sehr kleine Mengen dieser Proteine sorgten für starke Kontraktionen der Muskeln im Darm von Meerschweinchen, besonders im Dünndarm. Aber ihre Wirkung scheint beschränkt zu sein. Denn weder fühlten sich Herzmuskeln, noch die glatte Muskulatur von Arterien und Lungengewebe von den Chemikalien angesprochen. Ihre Rolle bezieht sich exklusiv auf die Regulation der Magen-Darm-Muskeln. Zusätzlich fanden die Forscher eine chemische Struktur auf der Oberfläche dieser Zellen, die zum spezifischen Andocken der Proteine benötigt wird. Zumindest in Laborversuchen reagierte der Rezeptor bereitwillig mit den Prokineticinen.

Die Wissenschaftler hoffen, dass ihre Ergebnisse zum Verständnis der Verdauung beitragen und sich dadurch die Chancen auf bessere Therapien erhöhen. Bislang gibt es keine befriedigende Behandlung der hierauf beruhenden Erkrankungen. Doch "wir müssen noch genau herausfinden, wie diese Proteine arbeiten und sehen, ob sie es beim Menschen auf dieselbe Weise tun, bevor wir mit der Entwicklung neuer Therapien beginnen können", sagte Zhou.

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