Paläontologie: Von Vögeln, Fingern und Dinosauriern
Wie viele andere Landwirbeltiere stammen auch die Vögel von Vorfahren ab, deren Vorderextremitäten fünf „Finger“ hatten. Im Laufe der Evolution bildeten sich zwei zurück und die restlichen drei entwickelten sich zum Gerüst der Flügel, mit denen sich unsere gefiederten Freunde in die Lüfte erheben.
Doch welche beiden Finger verkümmerten? Die Embryonalentwicklung der Vögel legt nahe, dass es der erste und der fünfte war. Das entspricht auch dem Schema bei anderen Landwirbeltieren. Allerdings hatten schon die unmittelbaren Vorfahren der Vögel, die Raubsaurier oder Theropoden, nur noch drei Finger. Bei deren urtümlichen Vertretern aber gibt es Hinweise, wonach dort der vierte und fünfte Finger zurückgebildet war. Wie lässt sich beides vereinbaren?
Xing Xu von der Chinesischen Akademie der Wissenschaften und seine Kollegen haben jetzt einen neuen paläontologischen Dinosaurierfund beschrieben, der den Widerspruch auflösen soll. Dabei handelt es sich um zwei Exemplare einer neuen Theropodenart aus 159 Millionen Jahre alten Sedimenten im Junggar Basin bei Xinjiang, die den Namen Limusaurus inextricabilis erhielt und zur Gruppe der Ceratosauria gehört. Bei diesen Fossilien fehlt interessanterweise nur der fünfte Finger, und der erste ist stark verkürzt. Die Forscher interpretieren das als Übergangsform zu der späteren Gruppe der Tetanurae, zu der so berüchtigte Räuber wie Tyrannosaurus rex und Velociraptor, aber auch die Vögel gehören. Ihrer Ansicht nach hat sich die Identität der drei Finger während der Evolution der Theropoden geändert: Der ursprünglich erhaltene erste ging verloren, und der zunächst verkümmerte vierte kam wieder zu Ehren.
Christian Tack
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