Sternexplosionen: Vorläufersystem einer Supernova bestimmt
In Doppelsternsystemen aus einem Weißen Zwerg und einem Begleitstern treten Sternexplosionen auf, die sich wegen ihrer bekannten Helligkeit ideal als Entfernungsmesser im Weltall eignen. Doch in den vergangenen Jahren stellte sich heraus, dass diese so genannten Typ-Ia-Supernovae offenbar nicht vollkommen gleichartig leuchten. Die Ursache könnte in unterschiedlichen Vorläufersystemen liegen. Das legen nun auch Beobachtungen von Astronomen um Benjamin Dilday von der University of California in Santa Barbara nahe, die auf eine bisher umstrittene Vorgeschichte hindeuten: Vor der eigentlichen Supernova traten bereits viele kleinere Explosionen auf dem Gestirn auf.
Über mehrere Monate verfolgten die Forscher das Licht der Supernova PTF 11kx, die in einer rund 600 Millionen Lichtjahre entfernten Galaxie im Sternbild Luchs explodierte. Aus den aufgenommenen Spektren leiteten Dilday und sein Team ab, dass die Supernova – wie auch viele andere Exemplare – von mehreren Staub- und Gasschichten umgeben war. Allerdings verwunderte bei PTF 11kx nicht nur die spektroskopische Signatur der sich ausdehnenden Materiehüllen, sondern auch ihre Geschwindigkeit: Das Material sei zu langsam, um von der Supernova zu stammen, aber zu schnell, um auf einen typischen Sternwind zurückzugehen. Etwa zwei Monate nach der Explosion fanden die Astronomen zudem Hinweise in den Spektren, dass die rasant expandierende Explosionswolke mit den zuvor beobachteten Gas- und Staubmassen kollidierte.
Die langsamen Materiehüllen könnten aus früheren, kleineren Explosionen auf der Oberfläche eines Weißen Zwergs stammen, spekuliert das Team, die periodisch auftraten und den Stern nicht zerstörten. In diesem Szenario würde der Weiße Zwerg gemeinsam mit einem Roten Riesen das Vorläufersystem bilden. Der Riesenstern verliert durch Sternwinde allmählich einen Teil seiner äußeren Hülle, die dann auf seinen Begleiter strömt. Durch die zusätzliche Masse zündet auf der Oberfläche alle paar Jahrzehnte explosionsartig die Kernfusion von Wasserstoff zu Helium, eine so genannte Nova, wodurch regelmäßig Materie ins All hinauskatapultiert wird. Überschreitet der Weiße Zwerg schließlich eine gewisse Massegrenze, explodiert er als Supernova.
Obwohl solche Vorläufersysteme bereits als Kandidaten für Typ-Ia-Supernovae gehandelt werden, bezweifelte man, dass der Weiße Zwerg durch den Sternwind vom Roten Riesen mehr Materie geliefert bekäme, als er durch die Nova-Explosionen verliert, und somit die nötige Massegrenze erreicht. Die neue Studie sei der erste empirische Nachweis, so die Autoren, dass es in solchen Systemen tatsächlich zu einer Supernova kommen kann. Da die Astronomen tausende Sternsysteme untersuchten und dabei auf nichts Vergleichbares zu PTF 11kx stießen, handle es sich aber wohl um ein seltenes Phänomen. Dilday und seine Kollegen schätzen, dass mehr als ein zehntel Prozent aller Supernovae vom Typ Ia diesen Werdegang haben, jedoch weniger als 20 Prozent.
Frühere Studien anderer Supernovae vom Typ Ia legen dagegen nahe, dass die Explosionen aus der Verschmelzung zweier Weißer Zwerge hervorgehen. Die verschiedenen Vorläufer könnten auch die leichten Unterschiede dieser so genannten Standardkerzen in unterschiedlichen Galaxien erklären. "Diese Entdeckung gibt uns die Möglichkeit, die Genauigkeit unserer kosmischen Messungen zu verfeinern und zu verbessern", sagt Koautor Peter Nugent vom Lawrence Berkeley National Laboratory. In Zukunft müsse man nun prüfen, ob und – falls ja – in welchem Maß die verschiedenen Vorläufer die absolute Helligkeit der Sternexplosionen beeinflussen. Dies könnte sich unter anderem auf die Messung der kosmischen Expansion mit Hilfe von Supernovae auswirken.
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