Wildtierschutz: Vorurteile sind für Raubtiere besonders tödlich
Wenn in Afrika Raubtiere auf Menschen treffen, endet das oft tödlich – für die Tiere: Besonders Viehzüchter neigen zu letalen Gegenmaßnahmen, wenn einzelne Tiere ihrer Herde einmal von jagenden Fleischfressern gerissen wurden. Die Jagdbemühungen stehen dabei selten in einem realistischen Verhältnis zum ökonomischen Schaden, den die Viehräuber verursachen, zeigt nun eine Untersuchung in Südafrika: Vielmehr scheinen vor allem soziokulturelle Gründe darüber zu entscheiden, wie ernsthaft Raubkatze und Co nachgestellt wird.
Ein Forscherteam um Dawn Scott von der University of Brighton in England hatte zwischen 2006 und 2008 Farmer im Nordwesten Südafrikas interviewt und ermittelt, wie sie die Bedrohung ihrer Herden durch Raubtiere aus nahegelegen Wildreservaten einschätzten und welche Maßnahmen sie zur Abwehr treffen [1]. Den Angaben zufolge waren im Untersuchungsgebiet 3755 Tiere durch Raubtiere getötet worden. Im Gegenzug schossen gut zwei Drittel der Farmer insgesamt knapp 1300 Raubtiere – vor allem Schakale und Karakals, eine luchsartige Kleinkatze –, aber auch Geparden, Hyänen oder Leoparden, die alle ebenso außerhalb umzäunter Wildareale streifen und als Bedrohung des Nutzviehs wahrgenommen wurden.
Die Forscher interessierten vor allem die Ursachen für besonders heftige oder im Gegenteil ganz ausbleibende "letale Gegenmaßnahmen". Wie erwartet eskalierte der Konflikt besonders häufig in dafür geografisch prädestinierten Gegenden: Dort, wo Streifgebiete vieler Räuber und landwirtschaftlich genutzte Areale stärker überlappen und dort, wo niedrige Vegetation kaum Sichtschutz bietet, brachten Jäger insgesamt deutlich mehr Raubtiere zur Strecke.
Auffällig war aber zusätzlich vor allem ein bisher unterschätzter Einflussfaktor, so die Forscher: Die Zugehörigkeit der Jäger zu einer bestimmten Altersgruppe und Ethnie. So zeigten einheimische Setswana-sprachige Farmer eine höhere Toleranz gegenüber den Raubtieren, während ältere, englisch oder afrikaans sprechende Viehzüchter viel schneller zur Flinte griffen – und dies unabhängig von der tatsächlichen, am wirtschaftlichen Schaden gemessenen Bedrohung der Herden oder von den Landschaftsmerkmalen sowie der Nähe zu Streifgebieten der Räuber.
Die Forscher vermuten, dass dabei verschiedene kulturell bedingte Vorurteile die Einstellung der Menschen verzerren – etwa die Empfindung, Raubtiere seien grausam, die eher bei älteren Personen verbreitet seien [2]. Jüngere sähen dagegen vermehrt auch die Vorteile der Raubtiere, etwa ihren Magneteffekt für Ökotourimus und das darin liegende ökonomische Potenzial. Daran gelte es vor allem anzusetzen, um den Konflikt zwischen den Raubtieren und den Farmern einzugrenzen, meinen die Wissenschaftler. Als Gegenmaßnahme könnte traditionelle Ideen zusätzlich wirksam sein – etwa Streifen um die Farmen herum von Deckvegetation frei zu roden, wobei dies aber ebenso ökologische Nachteile wie die Zunahme der Erosion mit sich bringen könnte.
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