Wasserstoffspektrum: Voyagers Blick in die Milchstraße
In einer Großstadt wird man nie den Sternenhimmel so sehen, wie es von der Wüste aus möglich ist. Ähnlich ergeht es Astronomen, wenn sie eine bestimmte Spektrallinie des Wasserstoffs in unserer Milchstraße messen wollen. Die prominente Lyman-alpha-Linie lässt sich von der Erde aus nicht sehen, denn hier verursacht die Sonne eine störende Lichtverschmutzung. Mittlerweile jedoch sind die im Jahr 1977 gestarteten Raumsonden Voyager 1 und 2 weit genug von der Sonne entfernt, um diese Spektrallinie in unserer Galaxis zu untersuchen.
Für Astronomen ist die Lyman-alpha-Linie so interessant wie allgegenwärtig. Sie hat eine Wellenlänge von 121,6 Nanometern und entsteht beim Übergang des einzigen Wasserstoffelektrons aus dem ersten angeregten in den Grundzustand. Die Spektrallinie deutet also immer auf ionisierten Wasserstoff hin – und damit auf Gebiete mit aktiver Sternentstehung. Bei der erdgebundenen Beobachtung unserer Galaxis ist jedoch die Nähe zur Sonne problematisch. Lyman-alpha-Photonen, die auch die Sonne kontinuierlich aussendet, werden an neutralen Wasserstoffatomen gestreut und so zu jeder Tages- und Nachtzeit zur Erde umgelenkt. Gasförmiger Wasserstoff ist im Sonnensystem reichlich vorhanden, sodass dieses gestreute Licht jegliche Lyman-alpha-Strahlung der Milchstraße überdeckt.
In fremden Galaxien ist diese Spektrallinie dagegen leicht zu registrieren. Da sie durch die Expansion des Universums ins Rote verschoben ist, wird sie nicht mehr vom Wasserstoffgas absorbiert oder gestreut. So kann beispielsweise das Weltraumteleskop Hubble die rotverschobene Linie messen und damit auf Regionen der Sternentstehung schließen. Um jedoch unsere Galaxis auf diese Art zu durchleuchten, muss sich ein Messinstrument weit genug von der Sonne entfernen. Mit den beiden Voyager-Sonden, die seit 34 Jahren auf der bisher entferntesten Weltraummission sind, ist dies nun gelungen.
Im Jahr 1989 haben die Raumsonden die Umlaufbahn des Zwergplaneten Pluto hinter sich gelassen. Ungefähr seit dieser Entfernung von 40 Astronomischen Einheiten ist für ihre Ultraviolett-Spektrometer die galaktische Lyman-alpha-Linie sichtbar. Seither bildet das von der Sonne kommende Leuchten einen vergleichsweise schwächeren Hintergrund. In einer Studie untersuchen nun Rosine Lallement von der französischen Universität Paris Diderot und ihre Kollegen die von Voyager gemessenen Wasserstoffspektren. In diesen Daten fanden die Wissenschaftler Lyman-alpha-Emissionen, die vor allem aus der galaktischen Ebene stammten. Daneben bemerkten sie auch stärkere Strahlung von Gebieten außerhalb dieser Ebene; hier könnte es sich jedoch um gestreute Strahlung handeln, die ursprünglich ebenfalls aus der Ebene kommt.
Der Flug der beiden Voyager dauert an. Im Dezember 2004 überwand Voyager 1 den so genannten Terminationsschock, im August 2007 war auch Voyager 2 dort angelangt. Bis zu dieser Sonnenentfernung rasen die geladenen Partikel des Sonnenwinds mit Überschallgeschwindigkeit. Der Terminationsschock liegt etwa bei der doppelten Entfernung der Plutobahn und ist die Grenze, an der interstellare Gase den Sonnenwind sehr plötzlich abbremsen.
Allerdings geht den beiden Voyager-Sonden langsam der Strom aus. Ihre Radioisotopengeneratoren können mittlerweile immer weniger Energie erzeugen. Um Strom zu sparen, ist das Spektrometer von Voyager 1 in einer Position fixiert und kann nicht mehr den Himmel absuchen; dasjenige der Voyager 2 ist sogar komplett ausgeschaltet. Eindrücklich bleibt, wie viel mehr wir bislang über die Ursprungsorte der Lyman-alpha-Linie in fremden Galaxien wissen. Erst mit den Voyager-Sonden können wir nun unsere eigene Milchstraße in dieser Hinsicht mit fernen Sternensystemen vergleichen.
Laura Hennemann
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