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Planetarer Vulkanismus: Vulkanische Spiralen auf dem Mars

Basaltspiralen auf dem Mars

Der Mars ist heute vor allem eine trockene Wüstenwelt, die große Mengen gefrorenen Wassers im Boden beherbergt. Doch auch vulkanische Aktivität formte in der Vergangenheit die Oberfläche des Roten Planeten, wie die größten Vulkane des Sonnensystems beweisen. Forscher klärten nun die Geschichte des bisher unverstandenen Marstals Athabasca Valles auf, das durch Lavaflüsse, Plattenbildung und deren nachfolgendes Zerbrechen geformt wurde. Entscheidend zur Lösung des Rätsels trugen erstaunliche metergroße Spiralstrukturen bei.

Athabasca Valles | Das Marstal Athabasca Valles im Blick der Infrarotkamera THEMIS an Bord der NASA-Sonde Mars Odyssey. Der Ausschnitt A zeigt Spuren einst geflossener Lava. Im Bild B von der Context Camera der Sonde Mars Reconnaissance Orbiter sind Platten zu erkennen, die sich auf den Lavaströmen bildeten. Das Oval markiert die Region, in der die Astronomen nun insgesamt 269 Basaltspiralen fanden.

Spätestens seit dem NASA-Marslander Phoenix, der knapp unter der Oberfläche gefrorenes Wasser freigrub, ist klar, dass der Mars reich an Wassereis ist. Viele Gegenden seiner Oberfläche sind nachweislich von Wasser und Eis gezeichnet. Lange bestand dieser Verdacht auch bei einer mehrere hundert Kilometer messenden Region nahe dem Marsäquator. Zwischen dem flachen Cerberus Palus ("Cerberus-Sumpf") und den Cerberus Fossae ("Cerberus-Gräben") erstreckt sich die Talregion Athabasca Valles. Fließspuren durchziehen dieses Tal und an seinem südlichen Ende ist der Marsboden in vieleckige Platten mit mehreren Metern Kantenlänge zerbrochen.

Könnten die Fließspuren auf eine wasserreiche Vergangenheit hindeuten? Auch auf der Erde sind solche polygonale Strukturen auf Permafrostböden bekannt, die in der wärmeren Jahreszeit oberflächlich antauen. War Athabasca Valles also einst ein Permafrostboden auf dem Roten Planeten?

Neue Aufnahmen der HiRISE-Kamera an Bord der NASA-Mission Mars Reconnaissance Orbiter zeigen nun Details auf der Oberfläche, die nicht in das Bild der eisgeprägten Landschaftsgestaltung passen. Andrew Ryan und Philip Christensen von der Arizona State University fanden im untersuchten Gebiet insgesamt 269 spiralförmige Strukturen mit mehreren Metern Durchmesser in den polygonal zerbrochenen Böden. Wie zweiarmige Spiralgalaxien geformt, sind sie der Plattenstruktur des Bodens überlagert. Aus Permafrostböden sind diese Spiralen unbekannt und vollkommen unerklärlich, so dass Eis als Formgeber im Athabasca Valles ausfällt.

Basaltspiralen | Drei Beispiele von Basaltspiralen auf dem Mars. Die Bilder stammen von der HiRISE-Kamera an Bord der NASA-Sonde Mars Reconnaissance Orbiter. Die Zeichnungen unter den Bildern verdeutlichen die Windungsrichtung der Spiralen, mäandrierende Vertiefungen zwischen den Spiralen und die Driftrichtung der Basaltplatten am Rand des Lavaflusses, in dem sich die Spiralen bildeten.

Doch die Astronomen können erklären, wie die vieleckigen Platten entstehen, sie kennen sie nämlich von unserem Heimatplaneten. Auf der Vulkaninsel Hawaii gibt es verblüffend ähnliche Strukturen, so dass die Wissenschaftler in ihrer Veröffentlichung in der Fachzeitschrift Science nun einen vulkanischen Ursprung der Marsregion nahelegen. Erkaltende, stehende Lavaströme bilden innerhalb weniger Minuten eine dünne, plastische Kruste auf ihrer Oberfläche, die in große vieleckige Platten zerbricht. Schreitet die Abkühlung weiter fort, so zieht sich das Krustengestein weiter zusammen und die Platten zerbrechen in kleinere Einzelstücke. Aus der unterliegenden Lava ausperlendes Gas hebt die Platten in der Mitte an und lässt sie am Rand absinken. Auch diese Anhebung lässt sich bei den Strukturen auf dem Mars klar erkennen.

Irdische Basaltspirale | Irdisches Pendant der auf dem Mars entdeckten Basaltspiralen. Dieses Exemplar hat einen Durchmesser von rund 10 Metern und befindet sich auf der Vulkaninsel Hawaii in einem 1974 entstandenen Fluss so genannter Pahoehoe-Lava.

Zusätzlich entdeckten Ryan und Christensen, dass einige der polygonalen Platten in zwischen 5 und 30 Meter große Spiralen aufgewickelt waren. Auch dieser Effekt hat ein hawaiianisches Pendant und kann auf zwei verschiedene Weise entstehen. Fließt Lava zwischen gerade auseinander gebrochenen, driftenden Stücken der erstarrten Kruste, so kann sie Bruchstücke von der Krustenkante ablösen. Da der Lavafluss in der Mitte schneller als am Rand fließt, werden die Bruchstücke in einem Wirbel zur Spirale geformt. Erstarrt die Lava schließlich, so ist die Spirale konserviert und ergibt das heute sichtbare Bild. Bei diesem Prozess bilden sich vor allem relativ kleine Spiralen mit unter einem Meter Durchmesser. Größere Spiralen bilden sich, wenn Magma aus vorübergehenden Spalten zwischen den Plattenrissen austritt. Dort kann zähflüssige Lava an der Oberfläche langsam rotieren und zu größeren Spiralen erstarren.

Die Forscher fanden beide Wirbeltypen auf den HiRISE-Aufnahmen, insgesamt zählten sie 269 Spiralen im untersuchten Gebiet. Aus der Windungsrichtung konnten sie auch die einstige Driftrichtung der Platten ablesen. Inwärts im Uhrzeigersinn gedrehte Spiralen sind die Folge seitlich nach rechts driftender Platten, inwärts im Gegenuhrzeigersinn gedrehte Spiralen zeigen eine Drift in die Gegenrichtung an. Rund 65 Prozent der gefundenen Spiralen sind inwärts im Uhrzeigersinn gedreht, 16 Prozent entgegengesetzt, bei rund 19 Prozent konnten die Forscher keine Orientierung ermitteln. Aus diesen Daten lässt sich die Driftrichtung der Platten eindeutig ermitteln.

Marspuzzle | Die HiRISE-Kamera lieferte diese Bilder eines geologischen Puzzlespiels. Links die Originalaufnahmen, die zwei Ausschnitte einer Basaltplatte auf der Marsoberfläche zeigen. Die Platte zerbrach auf der Lava schwimmend, so dass sich zwischen den Bruchstücken (farbig) ein neuer Lavafluss bildete, der später ebenfalls erstarrte (grau). Die Bruchstücke der Primärplatte lassen sich nahtlos zusammenfügen, ihre Oberflächenstrukturen ergänzen sich perfekt über die Bruchkante hinweg.

Ein weiteres Stück im Puzzle um den vulkanischen Ursprung liefert die Beobachtung der Bruchmuster zwischen den zuerst entstandenen Platten. In einigen Fällen zerbrachen diese – wie auf der Erde – erneut und drifteten auseinander. So floss zwischen ihnen Lava und im Zwischenraum entstanden neue Spiralstrukturen. Einen wunderbaren Beweis dafür liefert ein Bild, dass zeigt, dass die auseinander gedrifteten Primärplatten tatsächlich wie Puzzleteile perfekt aneinander passen. Nicht nur ihre Bruchkanten, sondern auch die Oberflächenstrukturen ergänzen sich nahtlos.

Nach den neuen Ergebnissen ist klar, dass Cerberus Palus durch vulkanische Kräfte in der jüngeren Vergangenheit des Roten Planeten geformt wurde und dass die Formung durch Wassereis ausgeschlossen ist. Aus der Häufigkeit der Einschlagkrater schätzen die Astronomen das Alter der Region auf rund 200 Millionen Jahre. Sie sind sich sicher, dass zukünftige Aufnahmen mit der hochauflösenden HiRISE-Kamera weitere Spiralstrukturen in diesem Gebiet ans Licht bringen und damit dessen Vergangenheit detaillierter beleuchten werden.

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