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Sternentwicklung: W49B - Das jüngste Schwarze Loch in der Milchstraße?

Der Supernova-Überrest W49B im Sternbild Adler

Der Supernova-Überrest W49B im Sternbild Adler ist eine der hellsten Quellen im Röntgenlicht und im Gammabereich. Die Supernova leuchtete vor rund 1000 Jahren auf und ist rund 26 000 Lichtjahre von uns entfernt. Ein Forscherteam um Laura A. Lopez am Massachusetts Institute of Technology in Cambridge, USA, untersuchte nun W49B mit dem Röntgensatelliten Chandra und erhielt dafür rund 61 Stunden Beobachtungszeit. Die Daten von Chandra weisen nun darauf hin, dass sich im Zentrum des Überrests kein Neutronenstern, sondern ein Schwarzes Loch befindet.

Auffällig an W49B ist seine unsymmetrische Form, die Gestalt der Explosionswolke erinnert an ein Fass. Die Astronomen führen dies auf eine unsymmetrische Sternexplosion zurück, bei der Materie in der Nähe der Rotationspole des Sterns mit größerer Geschwindigkeit ausgeworfen wurden als im Bereich des Sternäquators. Dabei brachen Gasstrahlen, so genannte Jets, aus dem Sterninneren in Polnähe hervor, und sorgten so für die längliche Form des Supernova-Überrests.

Die Forscher gehen von einer Kernkollaps-Supernova des Typs Ic aus, bei der ein Stern mit der 25-fachen Masse der Sonne sein Ende fand. Dies bedeutet, dass der Vorgängerstern im Laufe seiner Entwickung seine äußeren Hüllen aus Wasserstoff und Helium bereits an seine Umgebung abgestoßen hatte. Somit lassen sich in den Spektren eines solchen Supernova-Überrests keine Linien von Wasserstoff und Helium nachweisen. Durch das Abstoßen der äußeren Schichten lag der heiße Kern aus schwereren Elementen frei, in dem weitere Fusionsprozesse abliefen. Schließlich ging der nukleare Brennstoff im Kern des Sterns zur Neige. Damit endete die Energieproduktion, die bislang dem endgültigen Kollaps des Sterns entgegenwirkte, so dass das Sterninnere unter dem Druck der Eigengravitation schlagartig zusammenbrach. Durch die dabei erzeugten Stoßwellen wurden die darüber liegenden Schichten verdichtet und weggesprengt, die heute den Supernova-Überrest bilden.

Mit Chandra konnten die Astronomen um Lopez auch die Verteilung verschiedener chemischer Elemente in W49B kartieren. Es zeigte sich, dass Elemente wie Silizium, Schwefel und Argon sich relativ homogen über die Explosionswolke verteilen, wohingegen Eisen nur in einer Hälfte der Wolke zu finden ist. Dies weist ebenfalls auf besondere Vorgänge bei der Explosion hin. Das beigestellte Bild ist ein Komposit aus Aufnahmen im Röntgenlicht, Radiowellen und nahem Infrarot. Dabei wird die Röntgenstrahlung in blauen und grünen Farbtönen wiedergegeben, die Radiowellen in Rosa und Infrarot in Gelb.

In den Messdaten von Chandra suchten die Forscher auch nach einem Sternüberrest im Inneren der Explosionswolke. Sie fanden keine Hinweise auf einen Neutronenstern oder Pulsar. Gäbe es im Inneren von W49B einen Neutronenstern, so müsste er wesentlich leuchtschwächer als alle bekannten Objekte dieser Art sein. Bei einem angenommenen Alter von 1000 Jahren würde er zwei bis vier Größenklassen schwächer leuchten, als es die Modellrechnungen vorhersagen. Daher vermuten die Astronomen, dass sich im Inneren von W49B ein Schwarzes Loch befindet, von dem keine Strahlung ausgeht.

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