Chronobiologie: Wärme regelt
Die vielen inneren Uhren unseres Körpers sollten besser nicht alle asynchron ticken. Der Zeitgeber im Gehirn hält sie offenbar per Zentralheizung im Takt.
Unser Körper regelt alle zyklisch wiederholten Funktionen mit der Hilfe verschiedener innerer Uhren – sie ticken in fast allen Organen und bestimmen darüber, wann unsere Körper schlafen oder wach sind, einen hohen Blutdruck haben, das Immunsystem ankurbeln oder bestimmte Hormone ausschütten. Das würde in einem ziemlichen Durcheinander enden, wenn die vielen Uhren nicht sinnvoll aufeinander abgestimmt würden. Und diese notwendige zentralen Koordination fällt, da sind sich alle Chronobiologen sicher, der inneren Hauptuhr im Gehirn zu.
Wer führt den Taktstock?
Bei aller Detailkenntnis über die Feinjustierung der zentralen Körperuhr: Niemand weiß bislang genau, wie sie ihren dem Tageslicht abgelauschten Rhythmus nun an die vielen peripheren Zeitgeber in den verschiedenen Organen weiterleitet. Joseph Takahashi vom Howard Hughes Medical Institut in Dallas und seine Kollegen hatten da eine Idee – und überprüften sie nun im Laborexperiment an Mäusen.
Zunächst untersuchten sie den Gang der Zelluhren in Kulturen von Lungen und Hypophysengewebe – ein an das Uhrenprotein gekoppelter Bioluminiszenzmarker verdeutlichte den Tagesrhythmus der Zellen dabei auch optisch. Wie sich zeigte, reagiert die Zelluhr-Mechanismus sehr empfindlich auf Temperaturschwankungen: wenn die Forscher die Umgebung von 36 auf 38,5 Grad Celsius erhöhten, begann für die Zellen prompt ein neuer Tag, die Uhren setzen sich auf Null.
Nun verändert der vom SCN kontrollierte Tagesablauf aber seinerseits die Körpertemperatur von Maus, Mensch und anderen Säugetieren, fassen die Forscher zusammen: Wenn das Morgenlicht die Aktivitäten ankurbelt und womöglich auch ein Frühstück Brennstoffnachschub liefert, steigt auch bei den so genannten "gleichwarmen" Organismen die Körpertemperatur – zumindest leicht – an. Womöglich sorgt dafür sogar ein direkter chronobiologischer Befehl; der allerdings noch nicht im Detail verstanden ist. Insgesamt, so die Idee der Forscher, eicht der tageslichtgesteuerte SCN-Rhythmus über die von ihm beeinflusste Körpertemperatur alle peripheren Körperuhren täglich neu.
Molekularbiologisch erscheint das Prinzip durchaus denkbar. Ein Temperaturanstieg, so vermuten die Forscher, könnte in den Zellen zum Beispiel von Hitzeschockproteinen wie dem Transkriptionsfaktor HSF1 umgesetzt werden. Die Menge des Proteins schwankt bekanntermaßen mit dem Tag-Nacht-Rhythmus. Takahashi und Co blockierten es nun testweise bei Versuchsmäusen – und unterbanden so tatsächlich auch den Eichprozess der Zelluhren: Mit blockierten Hitzeschockprotein sorgte ein Wärmereiz nicht länger für den sonst prompten Neustart.
Der Unterschied von Uhr und Uhr
Nun blieb nur eine Frage zu klären: Müsste der Temperaturanstieg, der die Körperuhren eicht, nicht auch die zentrale Uhr im SCN zurücksetzen? Immerhin unterscheidet sich das biochemische Uhrwerk der zentralen und peripheren Zeitmesser nicht wesentlich. Trotzdem beeinflusst ein Temperaturreiz den SCN aber überhaupt nicht, wie Takahashis Team herausfand.
Dies liegt offenbar daran, dass im SCN nicht einzelne Zellen, sondern ein Netzwerk von vielen interagierenden Neuronen tickt. Dies zeigt sich unter anderem an einer Gegenprobe, bei der die Forscher isolierte Neuronen des Netzwerks testeten: Prompt waren auch ihre Uhren temperaturabhängig. Der selbe Effekt zeigt sich, wenn man die Kommunikation des intakten Netzwerks pharmakologisch blockiert, so die Wissenschaftler weiter: Ganz offenbar ist die zentrale Uhr der Säugetiere robust, präzise und von Reizen außer dem Tageslicht unabhängig, weil sie nicht aus vielen Einzelkämpfern sondern aus einer Gemeinschaft gemeinsam interagierender Neuronen-Partner besteht.
Sie schlägt im suprachiasmatischen Nukleus (SCN), einem aus rund 20 000 Neuronen bestehenden paarigen Zellhaufen im Hypothalamus des Gehirns. Als Chefin aller Körperzeitgeber muss die SCN-Hauptuhr natürlich ihrerseits täglich verlässlich geeicht werden. Der wichtigste Taktgeber ist dabei das Tageslicht: Seinen jahreszeitlich wechselnden 24-Stunden-Zyklus registrieren Rezeptoren, die dann den Bau zweier Chronproteine anstoßen. Morgens, bei zunehmender Helligkeit, geben diese beiden Transkriptionsfaktoren (Clock und Bmal1) nun den Befehl, das Protein Period zusammenzubauen. Über den Tag hinweg sammelt sich Period nun an, bis ein Schwellenwert überschritten und die Synthese der Proteine Clock und Bmal1 unterdrückt wird. Der Period-Nachschub stockt daher, und weil Abbauproteine es ständig zerlegen, sinkt seine Menge zum Abend und nachts – bis am nächsten Morgen der Kreislauf neu startet. An der Period-Konzentration im SCN lässt sich der zirkadiane Rhythmus demnach gut ablesen.
Wer führt den Taktstock?
Bei aller Detailkenntnis über die Feinjustierung der zentralen Körperuhr: Niemand weiß bislang genau, wie sie ihren dem Tageslicht abgelauschten Rhythmus nun an die vielen peripheren Zeitgeber in den verschiedenen Organen weiterleitet. Joseph Takahashi vom Howard Hughes Medical Institut in Dallas und seine Kollegen hatten da eine Idee – und überprüften sie nun im Laborexperiment an Mäusen.
Zunächst untersuchten sie den Gang der Zelluhren in Kulturen von Lungen und Hypophysengewebe – ein an das Uhrenprotein gekoppelter Bioluminiszenzmarker verdeutlichte den Tagesrhythmus der Zellen dabei auch optisch. Wie sich zeigte, reagiert die Zelluhr-Mechanismus sehr empfindlich auf Temperaturschwankungen: wenn die Forscher die Umgebung von 36 auf 38,5 Grad Celsius erhöhten, begann für die Zellen prompt ein neuer Tag, die Uhren setzen sich auf Null.
Nun verändert der vom SCN kontrollierte Tagesablauf aber seinerseits die Körpertemperatur von Maus, Mensch und anderen Säugetieren, fassen die Forscher zusammen: Wenn das Morgenlicht die Aktivitäten ankurbelt und womöglich auch ein Frühstück Brennstoffnachschub liefert, steigt auch bei den so genannten "gleichwarmen" Organismen die Körpertemperatur – zumindest leicht – an. Womöglich sorgt dafür sogar ein direkter chronobiologischer Befehl; der allerdings noch nicht im Detail verstanden ist. Insgesamt, so die Idee der Forscher, eicht der tageslichtgesteuerte SCN-Rhythmus über die von ihm beeinflusste Körpertemperatur alle peripheren Körperuhren täglich neu.
Molekularbiologisch erscheint das Prinzip durchaus denkbar. Ein Temperaturanstieg, so vermuten die Forscher, könnte in den Zellen zum Beispiel von Hitzeschockproteinen wie dem Transkriptionsfaktor HSF1 umgesetzt werden. Die Menge des Proteins schwankt bekanntermaßen mit dem Tag-Nacht-Rhythmus. Takahashi und Co blockierten es nun testweise bei Versuchsmäusen – und unterbanden so tatsächlich auch den Eichprozess der Zelluhren: Mit blockierten Hitzeschockprotein sorgte ein Wärmereiz nicht länger für den sonst prompten Neustart.
Der Unterschied von Uhr und Uhr
Nun blieb nur eine Frage zu klären: Müsste der Temperaturanstieg, der die Körperuhren eicht, nicht auch die zentrale Uhr im SCN zurücksetzen? Immerhin unterscheidet sich das biochemische Uhrwerk der zentralen und peripheren Zeitmesser nicht wesentlich. Trotzdem beeinflusst ein Temperaturreiz den SCN aber überhaupt nicht, wie Takahashis Team herausfand.
Dies liegt offenbar daran, dass im SCN nicht einzelne Zellen, sondern ein Netzwerk von vielen interagierenden Neuronen tickt. Dies zeigt sich unter anderem an einer Gegenprobe, bei der die Forscher isolierte Neuronen des Netzwerks testeten: Prompt waren auch ihre Uhren temperaturabhängig. Der selbe Effekt zeigt sich, wenn man die Kommunikation des intakten Netzwerks pharmakologisch blockiert, so die Wissenschaftler weiter: Ganz offenbar ist die zentrale Uhr der Säugetiere robust, präzise und von Reizen außer dem Tageslicht unabhängig, weil sie nicht aus vielen Einzelkämpfern sondern aus einer Gemeinschaft gemeinsam interagierender Neuronen-Partner besteht.
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